Rege Fintech-Betriebsamkeit bei den Banken

Vier von fünf Banken planen in der nahen Zukunft Partnerschaften oder wollen diese ausbauen. Der Technologie-Boom seit Ausbruch der Finanzkrise hat den krisengeschüttelten und unter Vertrauensentzug leidenden Banken klar gezeigt, dass hier Kräfte schlummern, welche die gesamte Finanzindustrie vereinnahmen könnten. 

Und die Finanzinstitute haben reagiert: Grossbanken wie die UBS und Credit Suisse unterhalten mittlerweile ihren eigenen Fintech-Accelerator, die Zürcher Kantonalbank ist bei einem Blockchain-Konsortium dabei; die Postfinance oder die Basellandschaftliche Kantonalbank kaufen Fintech-Beteiligungen.

Treiber: Regulierung

Bei der Hypothekarbank Lenzburg hat dank offener Schnittstellen eine Reihe von Fintechs angedockt und bietet dort ihre Dienstleistungen an, Firmen wie das Buchhaltungs-Fintech Bexio werden gleich ins E-Banking integriert. Ins Fintech-Boot hat sich auch die liechtensteinische Bank Frick gelegt und 30 Prozent ihrer Aktien an den südafrikanischen Mobile-Payment-Spezialisten Net1 verkauft.

Dies alles sind deutliche Zeichen, dass sich die Konkurrenten von einst nun zusammentun und eins werden. Ein Treiber dieser Entwicklung ist zudem die Regulierung. Die Finma hat mit der Senkung der Eintrittshürden für Fintechs den Boom weiter entfacht.

Die Kapazitäten haben die Banken

Startups können in der «Sandbox» ihre Geschäftsmodelle relativ frei von Einschränkungen entwickeln. Doch überschreiten Fintechs das «Sandkasten-Alter», sprich, erreichen sie ein Geschäftsvolumen, das wirtschaftlich interessant wird, werden sie auch wieder stärker reguliert.

Und daraus lässt sich unschwer folgern: Regulierung bedingt Kooperation. Etablierte Finanzunternehmen haben Know-how, Kapazitäten und die Erfahrung, die Fintech-Unternehmern in der Regel fehlt.

Problem: Skalierung

Neben der Regulierung ist die Skalierung der Geschäftsmodelle das Hauptproblem der Fintechs. Ein Online-Vermögensverwalter wie Truewealth musste sich der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) an den Hals werfen, um überhaupt in die Nähe einer kritischen Kundenmasse zu gelangen. Bei Descartes Finance hingegen, einem weiteren Schweizer Robo-Advisor, gehört die Kooperation mit etablierten Asset Managern bereits zum Geschäftsmodell.

Auf Banken angewiesen ist Centralway Numbrs, sofern das Zürcher Fintech das Ziel erreichen will, ein mobiler Supermarkt für Bankprodukte zu sein. Der Fintech-Entwickler Additiv findet seine Kundschaft ausschliesslich im Finanzwesen und hat sich mit Martin Ebner kürzlich für einen Schweizer Top-Financier als Investor entschieden, um das internationale Wachstum zu finanzieren. So schliesst sich der Kreis.

Mit vollen Kassen

Die wenigsten Schweizer Fintechs haben das Privileg, potente Financiers im Rücken zu haben, um die Internationalisierung voranzutreiben. Advanon, Betreiberin einer Plattform für Rechnungsvorfinanzierungen, will nun Millionen für die Expansion nach Deutschland sowie in andere europäische Länder ausgeben: das Unternehmen baut in der Schweiz aber auch auf Kooperationen mit Banken.

Knip, das einst hochgelobte Schweizer Insurtech, verbrannte Millionen von Franken beim Versuch, sich im Alleingang in Deutschland zu etablieren und wurde schliesslich von einem niederländischen Software-Unternehmen geschluckt.

Das eine wird zum anderen

Wie viele Schweizer Fintechs bereits aufgeben mussten oder über eine Kooperation in ein Finanzunternehmen integriert worden sind, ist nicht dokumentiert. Doch braucht man mit der Prognose kein Hellseher zu sein, dass von zurzeit 208 Schweizer Fintechs ein grosser Teil scheitern und ein weiterer grosser Teil den Weg einer Partnerschaft nehmen wird.

Wie Broks sagt: Die Linien zwischen Fintech und Finanz werden verwischen. Das eine wird zum anderen und umgekehrt, womit eine Branche entsteht, die neue Standards setzt.