Gutes Personal muss man aktiv suchen und pflegen. Doch auch hinter den Bewerbungen, die man ablehnt, steckt ein Mensch mit Gefühlen. Es kann sich für Unternehmen rächen, das zu vergessen.

Ghosting – ein Begriff aus den USA, der erst einmal nichts mit Banking zu tun hat. Und doch stehen die Chancen nicht schlecht, dass jeder und jede mindestens einmal im Leben damit konfrontiert wird, vielleicht aktiv, vielleicht passiv, im Beruf, im Freundeskreis oder in der Beziehung.

Genau von dort kommt der Begriff, aus dem zwischenmenschlichen Bereich, und bezeichnet eine Taktik, bei der Person A ohne Vorwarnung und plötzlich den Kontakt mit Person B abbricht und sie fortan ignoriert, eben wie ein Geist spurlos verschwindet.

Emotionale Achterbahnfahrt

Laut einem Bericht des amerikanischen «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) häufen sich solche Vorkommnisse allmählich auch zwischen Stellensuchenden und den Unternehmen, bei denen diese sich bewerben. So erzählt zum Beispiel eine Laufbahnberaterin, sie habe sich um eine Stelle beworben, sei zum Vorstellungsgespräch erschienen und sei sich sicher gewesen, dass sie die Stelle bekomme. Nach dem Gespräch habe sie nie wieder etwas von der Firma gehört. 

Ein Softwareentwickler aus Kalifornien erzählt, er habe ein Angebot von einem Unternehmen erhalten, das ihm sagte, man müsse schnell ein Team zusammenstellen. Dann zogen sie das Angebot mit der Begründung zurück, sie hätten sich entschieden, nach einem erfahreneren Kandidaten zu suchen.

Zwei Wochen später unterzeichnete der Entwickler ein Angebot seines derzeitigen Arbeitgebers, kurz bevor die erste Firma ihn mit einem weiteren Angebot anrief. Er sagt, für ihn sei es eine emotionale Achterbahnfahrt gewesen,  und ein gewichtiges Argument gegen das Angebot.

Starker negativer Einfluss

Was hingegen in den Köpfen solcher HR-Menschen vorgeht, lässt sich nur erahnen. Viele werden denken, es sei der Weg des geringsten Widerstandes. Dass sie dabei die Kandidaten viel mehr verletzen als mit einer Absage, weil ein «Nein» immer noch besser als gar keine Antwort ist, darauf scheinen sie nicht zu kommen.

Dabei wären Firmen gut beraten, auch die Personen anständig zu behandeln, die sie nicht anstellen wollen. Das «Wall Street Journal» wartet mit einer Umfrage auf, nach der über 60 Prozent der Befragten angaben, dass eine schlechte Behandlung durch ein Unternehmen ihre Kauflust nach den Produkten besagten Unternehmens stark negativ beeinflussen würde. Natürlich. Wer kauft die Produkte eine Firma, dass einen ohne Antwort hat im Regen stehen lassen?

Positives Image hinterlassen

Das begreifen auch die meisten Arbeitgeber. Laut derselben Umfrage – dafür wurden übrigens  438 Stellensuchende und 616 Arbeitgeber befragt – sind sich 91 Prozent der Unternehmen bewusst, dass ihr Verhalten im Bewerbungsverfahren Konsequenzen für die Nachfrage an ihren Produkten haben kann. Trotzdem schauen nur 26 Prozent der Befragten darauf, wie sie sich denn genau verhalten.

Das «Wall Street Journal» hat zwei Ratschläge für Stellensuchende, wie sie das Risiko senken können, an eine solche lausige Firma zu geraten:

* Recherchieren Sie den zukünftigen Arbeitgeber sorgfältig aus und sprechen Sie mit ehemaligen und gegenwärtigen Mitarbeitern.

* Fragen Sie frühzeitig im Interviewprozess nach dem Zeitplan des Arbeitgebers, ob er konkret ist und ob er auch mit den Leuten in Kontakt tritt, denen kein Job angeboten wird.

Für Arbeitgeber, die Kandidaten suchen, stehen ebenfalls einige Tipps bereit:

* Stellen Sie sicher, dass Ihre Stellenausschreibungen die offenen Stellen genau beschreiben.

* Bestätigen Sie den Erhalt der Lebensläufe der Bewerber kurz nach Erhalt.

* Trainieren Sie die Personalverantwortlichen, um alle Bewerber angemessen zu behandeln.

* Halten Sie die Kandidaten darüber auf dem Laufenden, wo sie stehen.

* Lassen Sie die Bewerber wissen, wenn Sie mitten in der Suche den Kurs und somit die gesuchten Qualifikationen wechseln.

* Lassen Sie sowohl die Verlierer als auch die Gewinner mit einem positiven Image des Unternehmens zurück.