Einer der grössten Versicherer Asiens schickt seine Angestellten ins Bett. Was steckt hinter der neuen Schlaf-Initiative?

Die in Hongkong ansässige Versicherung AIA stellte kürzlich eine Initiative namens «#onemorehour» vor. Die soll dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden ausreichend ausgeruht und so während des Arbeitstages produktiver sind. Angestellte finden dazu im «Sleep Content Hub» des Unternehmens Tipps, Instrumente und Anreize, die sie ermutigen sollen, ihr Schlafverhalten zu ändern.

Der Schritt ist für die Finanzbranche bemerkenswert, die als Dienstleistungs-Bereich par excellence maximal viel Zeit beim Kunden fordert. Und umso mehr erstaunlich, da die Initiative von einem asiatischen Finanzinstitut stammt, wo sowieso eine extreme Leistungskultur herrscht.

Jeder zweite schläft weniger als sechs Stunden

Basierend auf ihren Umfragen in China, Hongkong, Thailand, Singapur und Malaysia sagte AIA, dass über die Hälfte der befragten Personen – 55 Prozent – angaben, jede Nacht nur sechs Stunden oder sogar noch weniger Schlaf zu bekommen. Sieben bis neun Stunden ununterbrochene Ruhezeit werden aber von Schlafexperten als die optimale Menge für die meisten Erwachsenen angesehen.

«Wir wollen endlich die Behauptung widerlegen, dass weniger Schlaf mehr ist. Es gibt reichlich wissenschaftliche Beweise, dass man, um besser besser zu arbeiten, besser schlafen muss», sagte AIA-Marketingchef Stuart Spencer in einer Erklärung

Nur noch eine Stunde

Darüber hinaus gaben 66 Prozent an, dass sie sich entweder Sorgen machen, nicht genug Schlaf zu bekommen, oder mehr Schlaf wünschen. «Bereits eine weitere Stunde Schlaf kann eine grosse Anzahl von gesundheitlichen Vorteilen bieten, und doch wirkt sich Schlafentzug weiterhin auf immer mehr Menschen in Asien aus», fügte Spencer hinzu.

Schlafmangel beeinträchtigt die Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistung, so Michael Chee, einer der asiatischen Schlafexperten von der Duke-NUS Medical School und der Yong Loo Lin School of Medicine in Singapur, die in Partnerschaft mit AIA gearbeitet haben. Dies widerspiegelt die Ergebnisse anderer Wissenschaftler, die ausführten, dass unser Gehirn Schlaf braucht, um sich zu erholen und faktenbasiertes Lernen und Erinnerungen zu festigen.  

Auch prominente Banker ohne Schlaf

Schlafmangel plagt dabei nicht nur die Mitarbeitenden der Assekuranz, sondern ist auch im Banking verbreitet und im Investmentbanking gar Teil des speziellen «lifestyle». Dort galt es bis vor kurzem als normal, dass sich insbesondere die unteren Chargen die Nächste in so genannten over-nighter um die Ohren schlugen.

Doch auch die höchsten Kreise sind von der Problematik betroffen. Der CEO von Lloyds Banking Group, Antonio Horta-Osorio, ist mit seinem Schlafproblemen ein prominentes Beispiel für die Gefahren, die sich daraus ergeben, diese Kultur ohne angemessene Pausen zu geniessen.