Das Interesse an nachhaltigen Anlagen steigt. Darum müsse die Finanzbranche Lösungen finden, um die Kunden bei der nachhaltigeren Ausrichtung ihrer Portfolios zu unterstützen, sagt Heini Stocker von der LGT.


Herr Stocker, nachhaltiges Anlegen scheint im Trend zu sein. Warum ist das so?

Es ist mehr als ein Trend. Das Thema Nachhaltigkeit wird Experten zufolge die Finanzbranche in den nächsten Jahren massgeblich verändern. Schon jetzt hat sich viel getan.

Vor allem institutionelle Investoren berücksichtigen nachhaltige Finanzprodukte mittlerweile systematisch – nicht zuletzt deshalb, weil gemäss verschiedener Studien die langfristige risikoadjustierte Rendite nachhaltiger Anlagen derjenigen traditioneller Investments zumindest ebenbürtig ist.

Und wie sieht es mit Privatanlegern aus?

Auch immer mehr Privatanleger möchten wissen, in welche Unternehmen, Staaten und Projekte ihr Kapital fliesst und ob ihre Investments ihren Wertvorstellungen entsprechen.

«Die grösste Schwierigkeit ist, einzuschätzen, ob nachhaltige Anlagen wirklich nachhaltig sind»

Trotzdem liegt der privat gehaltene Anteil nachhaltiger Anlagen in der Schweiz, Deutschland und Österreich nach wie vor lediglich im einstelligen Prozentbereich. Der Weg vom guten Vorsatz zur tatsächlichen Umsetzung ist offensichtlich nicht immer einfach.

Woran liegt das?

Die grösste Schwierigkeit für Privatanleger ist es, einzuschätzen, ob nachhaltige Anlagen wirklich nachhaltig sind. Hier ist die Finanzbranche gefragt. Wir müssen Anlegern den Schritt vom Wunsch des nachhaltigen Anlegens zur Wirklichkeit erleichtern. Und zwar indem wir ihnen Informationen bereitstellen und Transparenz schaffen. Und indem wir die entsprechenden Produkte zur Verfügung stellen.

Wie könnte man Privatanleger besser informieren?

Eine Möglichkeit sind Ratings. Wir bei der LGT haben im Jahr 2017 das LGT Sustainability Rating eingeführt, das unseren Kunden einen Überblick über die Nachhaltigkeitsqualität ihres Gesamtportfolios, aber auch der einzelnen Aktien, Anleihen, Fonds und ETFs gibt.

«Es ergibt sich für jede Aktie und auch für jede Anleihe ein ESG-Score»

Die Bewertung der einzelnen Anlageinstrumente führen unsere Analysten mit einem selbst entwickelten Rating-Instrument durch, das wir bereits seit acht Jahren erfolgreich beim Management unserer Nachhaltigkeitsfonds einsetzen.

Wie genau funktioniert das Rating?

Die den Anlageinstrumenten zugrundliegenden Unternehmen und Länder werden nach rund 20 Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Corporate Governance (ESG) beurteilt. Daraus ergibt sich für jede Aktie oder Anleihe ein ESG-Score, bei Fonds und ETFs erfolgt die Berechnung für das jeweilige Gesamtportfolio. In den Bewertungsprozess fliessen nachhaltigkeitsrelevante Rohdaten spezialisierter Datenanbieter ein.

«Wir veranstalten auch individuelle Roadshows»

Für ihre Nachhaltigkeitsqualität erhalten die einzelnen Anlageinstrumente entsprechend dem erzielten ESG-Score einen Stern (ungenügend) bis fünf Sterne (exzellent).

Welche Kunden können von dem Rating profitieren?

Unser Rating steht nicht nur Direktkunden der LGT zur Verfügung. Auch externe Asset Manager und deren Kunden können sich das ESG-Rating der bei der LGT gebuchten Portfolios anzeigen lassen.

Ist Nachhaltigkeit für Finanzintermediäre ein Muss?

Ich denke schon, denn die Nachfrage wird definitiv zunehmen. Deshalb unterstützen wir unsere Finanzintermediäre dabei, ihre Kunden auch in Sachen Nachhaltigkeit optimal zu beraten. Zum Beispiel erläutern wir ihnen bei den LGT Investor Days die Systematik und Prozesse hinter dem Sustainability Rating und unseren Investmententscheidungen.

Wir veranstalten auch individuelle Roadshows, um ihnen abgestimmt auf ihre Bedürfnisse umfassende Informationen zu den neuesten Entwicklungen zu geben. Unsere Intermediäre schätzen das sehr, denn sie sind dadurch gut für ihre Kundengespräche vorbereitet und können einem steigenden Kundenbedürfnis Rechnung tragen.


Heini Stocker ist als Bereichsleiter Intermediäre der LGT Bank mitverantwortlich für die Betreuung von externen Vermögensverwaltern in der Schweiz und in Liechtenstein. Nach einer Banklehre und ersten Arbeitsjahren im Handel bei einer liechtensteinischen Bank, wechselte er 1997 in die Devisenhandelsabteilung bei der LGT. Seit 2006 betreut er Finanzintermediäre mit Domizil Deutschschweiz und Liechtenstein. Vor allem die professionelle Zusammenarbeit auf Augenhöhe und den offenen und lösungsorientierten Dialog schätzt er im B2B-Geschäft. Es ist sein Ziel, das Geschäft mit externen Vermögensverwaltern zusammen mit seinen Teamkollegen in den kommenden Jahren substanziell auszubauen und die Zusammenarbeit weiter zu professionalisieren.