Afrika ist aus dem Blick der Investoren verschwunden. Zu recht? Wie es aktuell um den Kontinent steht, beschreibt Malek Bou-Diab, Portfoliomanager des Bellevue BB African Opportunities Fonds in seiner Bestandsaufnahme.

Von Malek Bou-Diab, Bellevue Group

Ein wichtiges Element für wirtschaftliches Wachstum ist die Bildung von städtischen Zentren. Die zeigt auch eine Studie von McKinsey: Das Wachstum des realen Bruttoinlandprodukts (BIP) steht in hoher Korrelation mit dem Grad der Urbanisierung. Weltweit am schnellsten steigt momentan die Urbanisierungsrate der Region Subsahara an. Der Anteil städtischer Bewohner in Afrika wird sich von 11.3 Prozent in 2010 auf 20.2 Prozent in 2020 nahezu verdoppeln (vgl. folgende Grafik).

Afrika Staedte 500

China hat das enorme Wachstumspotential Afrikas bereits für sich entdeckt. So gewinnt Afrika zunehmende Bedeutung für China als Handelspartner. Anstatt über Entwicklungshilfe fördert das Reich der Mitte Afrika über Investitionen und verfolgt dabei einen pragmatisch kommerziellen Win-Win-Ansatz.

Durch die Belt-and-Road-Initiative, der Anbindung Afrikas an die neue chinesische Seidenstrasse, erhofft sich China billige Importe und zahlreiche Exporte. Nirgendwo auf der Welt sind Arbeitskräfte billiger als in Afrika, selbst Asien erscheint demgegenüber als Produktionsstandort teuer.

Die neue Seidenstrasse Chinas

OBOR 512

Gleichzeitig birgt Afrika eine enorm grosse Konsumkraft, da 40 Prozent der Bevölkerung unter 15 Jahre alt sind. Die Investitionen der Chinesen in afrikanische Infrastruktur sind also wohl kalkuliert. Werden die chinesischen Investitionen von den lokalen Behörden gut gemanagt, kann dies zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum führen.

Baustelle Elektrizität und Industrialisierung

Dennoch hat Afrika mit einigen wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen. Auf dem Kontinent haben gerademal 45 bis 50 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Elektrizität. Das ist die tiefste Rate im weltweiten Vergleich. Auch kommt es bei 70 Prozent der Unternehmen regelmässig zu Stromausfällen.

Frachttarife auf der Strasse sind zwei bis viermal höher pro Kilometer als in den USA und Europa und die Transportdauer entlang wichtiger Exportkorridore ist zwei bis dreimal länger als in Asien. Eine adäquate Infrastruktur würde dem Kontinent zu schnellerer Industrialisierung, tieferen Produktionskosten und mehr Wettbewerbsfähigkeit verhelfen.

IT und Telekommunikation auf dem Vormarsch

Doch es gibt Fortschritte zu verzeichnen. Zum einen trugen ein weiterer Rohstoffaufschwung und ein besserer steuerlicher Spielraum für Investitionen dazu bei, dass sich die gesamte Infrastruktur seit 2000 leicht verbesserte. Und zudem ist es dem Sektor der Informations- und Kommunikationstechnologien gelungen, den Zugang zu Infrastruktur erheblich zu vereinfachen. Die Branche profitiert von der Schaffung neuer Rechtsvorschriften auf dem gesamten Kontinent, die den Privatsektor durch Regulierungen und Lizenzvergaben stärker miteinbezieht.

So hat die hohe private Beteiligung und Investitionstätigkeit die Mobilfunkabdeckung mehrere afrikanischer Länder auf das Niveau von Schwellenländern, wie Indien oder China, gebracht. Nach Angaben der US-basierten Brookings Institution ist Afrika aktuell der am schnellsten wachsende Mobilfunkmarkt der Welt.

Geduld zahlt sich aus

Aus Investitionssicht lohnt es sich langfristig in Afrika zu investieren, um von dem enormen Wachstumspotential zu profitieren. Die Diversifikation weg von Rohstoffen hin zu einer Erhöhung des Anteils an produzierten Gütern und Dienstleistungen würde nicht nur den intra-afrikanischen Handel ankurbeln, sondern wäre generell ein mächtiger Hebel für weiteres Wachstum.

Im Portfolio verfolgen wir einen langfristigen Bottom-up Ansatz mit Fokus auf transparente Unternehmen unter vertrauenswürdiger Leitung. Gemäß unseres Top-down Ansatzes investieren wir nur in Länder, die ausreichend Kapitalschutz bieten. Anlageziel ist es unter normalen Marktbedingungen eine mit den etablierten Schwellenländern vergleichbare Rendite zu generieren.

Zusätzliches Alpha verleiht die Option auf die Reformbereitschaft der einzelnen Regierungen: kommt der Transformationsprozess in Gang, ist das Aufwärtspotenzial groß. Anleger sollten jedoch über einen mehrjährigen Anlagehorizont verfügen.