Liechtenstein ist nicht nur ein internationaler Finanzplatz, sondern auch Vorreiter beim Thema Regulierung im technologiegetriebenen Innovationsbereich. Im Zentrum davon steht das weltweit einzigartige Liechtensteiner Innovations-Framework.

Von Clara Guerra, stv. Leiterin der Stabsstelle für Finanzplatzinnovation und Digitalisierung (SFID) des Fürstentums Liechtenstein

Ziel und Zweck des Innovations-Frameworks ist es, einerseits eine dynamische, kontinuierliche Weiterentwicklung der Rahmen- und Standortbedingungen und andererseits ein hohes Mass an Rechtssicherheit für Privatpersonen und Unternehmen zu gewährleisten.

Dazu bietet die Regierung verschiedene Anlaufstellen (zum Beispiel die Stabsstelle für Finanzplatzinnovation und Digitalisierung und das Kompetenzteam Regulierungslabor der Finanzmarktaufsicht) und Formate (Innovationsclubs und Liechtenstein Venture Cooperative).

Diese Angebote und Möglichkeiten können von Unternehmern zu unterschiedlichen Zeiten – von den Anfängen der Entwicklung eines Projekts oder einer Innovationsidee bis hin zum operativen Betrieb eines etablierten Unternehmens – in Anspruch genommen werden.

Fast Track für bessere Rahmenbedingungen

Der «Innovationsclub» ist beispielsweise ein solches staatliches Innovationsformat zur Optimierung der Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeit.

Einzelne oder mehrere Unternehmen und Unternehmer können dabei Ideen zur Verbesserung von Gesetzen, Verordnungen, Verfahren oder der Amtspraxis direkt in einem schlanken und unkomplizierten Prozess einbringen.

So einfach geht es

Eröffnet wird der Innovationsclub mit der Übermittlung einer Innovationsclub-Idee oder eines Konzeptpapiers an die Stabsstelle für Finanzplatzinnovation und Digitalisierung (SFID) per E-Mail oder das Formular auf der Webseite hier. Das Konzept muss das angedachte Geschäftsmodell/den Service/das Produkt sowie das konkrete Problem in Bezug auf die bestehenden Rahmenbedingungen und den angestrebten Lösungsvorschlag darstellen.

Die SFID prüft die Idee/das Konzeptpapier und bereitet eine Diskussions- und Entscheidungsgrundlage für die zuständigen Ministerien oder die Regierung vor. Diese prüfen und entscheiden ob und in welcher Form die Idee/das Konzept schliesslich umgesetzt wird.

Die Umsetzung erfolgt unter der Leitung und Koordination der SFID oder auch unter Einbezug weiterer betroffener Behörden. Das Ergebnis eines Innovationsclubs kann ein neues Gesetz, die Anpassung/Änderung eines bestehenden Gesetzes, eine Wegleitung, ein Merkblatt oder eine andere Form der Klärung sein.

Prominente Innovationsclubs

Die Innovationsclubs werden aktiv von Unternehmen und Unternehmern genutzt. Im Berichtsjahr 2020 waren insgesamt 26 und im Jahr 2021 gab es 21 Innovationsclubs in aktiver Bearbeitung. Im sogenannten Blockchain-Gesetz (TVTG) wurden ebenfalls mehrere Anregungen von unterschiedlichen Innovationsclubs aufgegriffen.

Andere erfolgreiche Beispiele solcher Innovationsclubs sind beispielsweise das Merkblatt des Amts für Justiz zur Liberierung von Gesellschaftskapital mit einer Kryptowährung oder die von einer Expertengruppe eingebrachte Initiative zur Klärung von zivilrechtlichen Fragen von Dezentralen Autonomen Organisationen (DAOs).

Innovationsclubs ermöglichen einen engen Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Markt und Behörden zur Schaffung eines zukunfts- und wettbewerbsfähigen, starken Standorts für innovative Unternehmen. 

Eigene Rechtsform für Innovatoren, Gründer und Startups

Ein weiterer Bestandteil des Liechtensteiner Innovations-Framework ist die sogenannte «LVC», Liechtenstein Venture Cooperative. Bei der Investition von mehreren Parteien in eine Idee oder in ein Startup besteht häufig das Problem, dass der Wert der Geschäftsidee erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt ist.

In den frühen Phasen einer Innovation ist es deshalb meistens eine grosse Herausforderung und hinderlich für die Zusammenarbeit, die Beteiligungsverhältnisse zu bestimmen. Zur Lösung dieser Probleme und die Bedürfnisse und Interessen von Gründern von Innovationsprojekten berücksichtigend gibt es die Rechtsform der Liechtenstein Venture Cooperative.

Die Liechtenstein Venture Cooperative

Die LVC ist eine juristische Person (kleine Genossenschaft gemäss Art. 483 ff. PGR) liechtensteinischen Rechts. Sie dient dazu, der Kooperation von mehreren Parteien zur Entwicklung einer Innovation eine Rechtsform zu geben, in der die Besonderheiten von innovativen Geschäftsideen und ihre Rahmenbedingungen berücksichtigt werden.

Arbeits-, Sach- und Kapitalleistungen können von verschiedenen Personen (natürlich und juristisch) rechtssicher in Form einer Investition im Gegenzug zu Mitgliederpunkten eingebracht werden. Auch der/die Erfinder oder Initiatoren erhalten für die Einbringung der Idee in die LVC oder die Vorarbeiten Anteile an der Gesellschaft.

Eine weitere Besonderheit der LVC ist die Vereinbarung zur Erlös-Präferenz, die das Risiko der Investoren in den einzelnen Phasen der Entwicklung berücksichtigt und abbildet. Damit werden die Rechtssicherheit und Fairness für Innovatoren als auch Investoren erhöht.

Eckpfeiler innovativer Regulierung

Eine erfolgreiche Innovations-Regulierung basiert auf liberalen Rahmenbedingungen. Sie belässt möglichst viel Raum für die Entwicklung und Verwendung von neuen Technologien, die für Einzelne und die Gesellschaft einen Nutzen schaffen.

Zudem stellt sie sicher, dass die von der Verwendung dieser Technologien betroffenen Personen und die Gesellschaft als Ganzes aus diesen Verwendungen keine Nachteile oder Schaden erleiden.

Liechtenstein – ein wettbewerbsfähiger Finanzplatz

Für einen Wirtschaftsstandort und einen modernen Finanzplatz ist es von zentraler Bedeutung, sich durch ständige Innovation weiterzuentwickeln und dadurch qualitativ zu wachsen. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Finanzplatzes hängt von attraktiven staatlichen Rahmenbedingungen, kurzen Wegen und auch der Kompetenz und Effizienz der Behörden ab.

Dass zudem private Innovationen über ein einzigartiges staatliches Innovations-Framework gefördert werden, findet man nur in Liechtenstein.


Clara Guerra ist stv. Leiterin der Stabsstelle für Finanzplatzinnovation und Digitalisierung (SFID) des Fürstentums Liechtenstein. Die Juristin mit Schwerpunkt in High-Tech und Innovation war zuvor in der Privatwirtschaft tätig und engagiert sich als Board Member im Hochschul- und MedTech Bereich. Sie hält Vorträge und publiziert regelmässig über Emerging-Tech- und andere Innovationsthemen aus der staatlichen Perspektive.