Dasselbe liesse sich wohl auch von der Assekuranz sagen. Doch dort häufen sich die Experimente mit neuen Arbeits- und Führungsformen ebenfalls. So räumte die Versichererin Baloise früh einzelnen IT-Teams ein «Veto-Recht» im Einstellungsprozess zu. Jeder einzelne durfte bei Rekrutierung mitreden – damit auch alle eine Mitverantwortung tragen, dass die Zusammenarbeit gelingt.

Solche Formen kommen bei der Baloise projektbezogen weiterhin vor, sind aber nicht die Norm. Hingegen wird agiles Arbeiten im Konzern grossflächig im Asset Management und in der IT angewandt. In letzterer Sparte wird zudem seit über zehn Jahren komplett nach der Projektmanagement-Methode Scrum gearbeitet, ohne jegliche Team-Leads und Abteilungsleiter. «Insgesamt hat die Demokratisierung im Konzern zugenommen», sagte ein Sprecher auf Anfrage.

Pauschale als Pioniertat

Auf eine Demokratisierung läuft auch der jüngste Entscheid der Baloise-Konkurrentin Axa hinaus. Die grösste Schweizer Sachversichererin räumt unabhängig von Rang und Anstellungsgrad allen Mitarbeitenden das Recht auf Homeoffice ein und zahlt pro Jahr fix 200 Franken als Pauschale, etwa für die Ausstattung des Homeoffice. Die Pioniertat ist dabei Teil einer neuen Arbeitsweise, dem «Smart Working».

Laut Axa bedeutet dies, dass der Beitrag zu den Unternehmenszielen zählt und nicht der Ort, an dem dieser geleistet wird. Auch das dürfte Auswirkung auf die Führung haben.

Agilität, Flexibilität, Homeoffice – das mögen schöne Worte sein. Aber am Schluss muss sich die Organsationsform fürs Unternehmen lohnen. Wymann will bei der ABS in einem Jahr eine erste Bilanz ziehen: «Ob es sich wirtschaftlich rechnet, wird sich zeigen.»

Soziokratisches Management

Sie bestreitet jedoch, dass die Bank ohne straffe Hierarchien kaum noch zu führen sei. «Damit wir rasch zu Entscheiden gelangen, sind wir versuchsweise von Konsens- zu Konsent-Beschlüssen übergegangen», erklärt sie. Damit können auch Initiativen, die nicht von allen gestützt werden, umgehend vorangetrieben werden. «Ein Pilot zu solchen soziokratischen Modellen läuft derzeit in ausgewählten Teams der Bank und auch in der Geschäftsleitung.»

Auch bei der BLKB war sich die Führung bewusst, dass der Abbau von Hierarchie auf Ablehnung stossen könnte. «Um allfälligen Widerständen entgegenzuwirken, hat die BLKB ihre Mitarbeitenden regelmässig informiert und einbezogen», heisst es beim Staatsinstitut. Die meisten Mitarbeitenden sähen jedoch die Vorteile, welche flache Hierarchien mit sich bringen.

Rahmenbedingungen für den Erfolg schaffen

Und die Chefs? Einerseits haben sie mit der Reduktion der Führungsstufen mehr Zeit fürs Personal zur Verfügung und können damit direkter führen, so der BLKB-Sprecher. «Der Fokus der Führungskräfte liegt darauf, für ihre Teams und ihre Mitarbeitenden optimale Rahmenbedingungen zu schaffen und sie so zu befähigen, dass sie zusammen zum Erfolg der Bank beitragen können.»

Befähigen statt befehlen: Auf die Chefs im Finanzwesen kommen tatsächlich neue Zeiten zu.