Im Geschäftsleben ist meist Optimismus geboten, schliesslich ist Wachstum das Ziel. Um trotzdem objektiv zu bleiben, hilft eine Methode, welche auch von einem Nobelpreisträger empfohlen wird.

Dem Chef zu widersprechen, ist für viele Leute schwierig bis unmöglich. Sei es, weil die hierarchische Kultur im Unternehmen den Vorgesetzten ohnehin Recht haben lässt, oder weil es der eigenen Karriere schaden könnte, mit einer unbequemen Meinung anzuecken.

Besonders unpopulär sind Einwände zur Machbarkeit eines Vorhabens. Der Zweck eines Unternehmens ist, Dinge vorwärts zu bringen, und nicht, sie zu verhindern. In diesem Drang erliegt man allerdings schnell der menschlichen Neigung zur selektiven Wahrnehmung - und riskiert so ein Scheitern.

Spektakuläres Scheitern

Über diese Tendenzen der Leute, die Welt weit weniger rational zu sehen als sie dies eigentlich könnten und ihre eigenen Hoffnungen und Ansichten zu bestätigen, hat der Nobelpreisträger Daniel Kahneman ausführlich geforscht. Um den viel zu hohen Anteil gescheiterter Projekte zu reduzieren, empfiehlt er ein sogenanntes «Premortem».

Dabei handelt es sich um einen Prozess, der 2007 von Gary Klein zum ersten Mal in der «Harvard Business Review» besprochen wurde und seitdem zum Beispiel auch von Fondsmanagern vor einem Investment angewandt wird. Statt einfach zu überlegen, welche Risiken einem Vorhaben drohen könnten, geht man dabei von einem «spektakulären Scheitern» aus.

Autopsie vor dem Tod

Unter dieser Prämisse schreibt jedes Teammitglied fünf Minuten lang Gründe auf, weshalb es so weit gekommen ist; anschliessend wird reihum jeweils ein Grund vorgelesen, bis alle erfasst sind. Die Schriftlichkeit hat den Vorteil, dass Karriere- und Hierarchiedenken wegfallen.

Der Psychologe Klein stellt seinem Premortem in der «HBR» das Postmortem - die Autopsie - in der Medizin gegenüber. Seine Idee erlaubt es, mögliche «Todesursachen» schon vor dem Start eines Projekts auszuschliessen. Aufgrund der Liste dieser Ursachen können die Verantwortlichen danach entsprechende Massnahmen vornehmen.

Keine Angst vor dem Chef

Wenn dieses Gedankenspiel diszipliniert durchgeführt wird, hilft es den Beteiligten, über den eigenen Horizont und die eigene Position hinauszudenken. Zwar ist der Erfolg niemals garantiert, wenigstens liegt der Grund des Scheiterns aber nicht in der furchteinflössenden Art des Chefs.