Auf grosse amerikanische Banken folgt nun die Deutsche Bank und verschärft ihre Home-Office-Regeln – auch in der Schweiz, wie finews.ch erfahren hat. Die grössten Arbeitgeber der Schweizer Finanzbranche stellen sich jedoch hinter das flexible Arbeiten.

In der Schweiz wird die Deutsche Bank das überarbeitete «hybride» Arbeitsmodell übernehmen, das der Finanzkonzern ab Juni 2024 in Kraft setzt – und welches dieser Tage viel zu reden gibt.

Demnach werden Mitarbeitende der Auslandsbank künftig bis zu 40 Prozent mobil arbeiten sowie entweder an einem Montag oder einem Freitag «remote» von zuhause aus, aber nicht an beiden Tagen. Managing Directors im hohen Kader sollen künftig an vier Tagen pro Woche im Büro arbeiten, erklärte eine Sprecherin der Deutschen Bank auf Anfrage von finews.ch.

Aufstand im Intranet

Dies nach dem Entscheid der grössten Bank Deutschlands, bald rigidere Home-Office-Regeln anzuwenden. Begründet wurde dies in einem von CEO Christian Sewing persönlich unterzeichneten Memorandum mit der «ineffizienten» Nutzung von Büroimmobilien. Ebenfalls gehe es darum, die Präsenz gleichmässiger über die Woche zu verteilen, so das interne Schreiben, das die Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) öffentlich machte.

Wie das deutsche «Handelsblatt» (Artikel bezahlpflichtig) seither berichtete, hängt deswegen der Haussegen bei den Deutschbankern kräftig schief. Von mehr als 10'000 betroffenen Beschäftigten sollen sich mehr als 1'300 im Intranet der Bank über die strengeren Vorgaben beschwert haben.

In guter Gesellschaft?

Bankchefs, die nach den erzwungenen Lockerungen in Zeiten der Corona-Krise auf mehr Präsenz pochen, sehen sich jedoch in guter Gesellschaft. Nicht nur die Deutsche Bank, sondern auch die grossen Wallstreet-Häuser wie Goldman Sachs oder Citigroup haben ihre Home-Office-Richtlinien verschärft, wie «Bloomberg» ebenfalls berichtete. Bröckelt die arbeitnehmerfreundliche Praxis, wie sie bei vielen Schweizer Finanzdienstleistern seit 2020 herrscht, nun ebenfalls?

Man sehe beispielweise auch grössere Banken, welche sich Überlegung zur besseren Ausnutzung von Gewerbeimmobilien machten und schon Massnahmen aufgesetzt hätten, sagt der Personalexperte Stephan Surber, Leiter von Page Executive Schweiz, auf Anfrage. Die Massnahmen könnten in Form einer Kündigung gemieteter Flächen erfolgen, oder aber als Aufforderung an die Mitarbeitenden, vermehrt ins Büro zu kommen.

Noch herrscht Kulanz

Das Zürcher Investmenthaus Vontobel überprüft den Home-Office-Ansatz regelmässig, wie eine Sprecherin erklärt. Dies, um sicherzustellen, dass dieser den Bedürfnissen des Unternehmens entspreche. Weiterhin haben die Mitarbeitenden in Absprache mit den Vorgesetzten und unter Berücksichtigung ihrer Aufgaben die Möglichkeit, bis zu zwei Tage in der Woche von zu Hause aus zu arbeiten.

Bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) können Angestellte mit einem Beschäftigungsgrad von mindestens 50 Prozent regelmässig ein bis zwei Tage pro Woche von zu Hause arbeiten. Dies jeweils in Einklang mit den Kundenbedürfnissen sowie den betrieblichen und aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Dies ist allerdings nur innerhalb der Schweiz möglich. Derzeit seien keine Anpassungen vorgesehen, wie eine Sprecherin festhält.

Verbreitete «zwei-Tage-Regel»

Bei der Privatbank Julius Bär sind bei einem 100-Prozent-Pensum unverändert zwei Tage Homeoffice und drei Tage Büropräsenz möglich, heisst es auf Anfrage. Auch diese Institut folgt demnach der in der Industrie verbreiteten «zwei-Tage-Regel».

Bei der Grossbank UBS arbeiten in der Schweiz seit April 2022 viele Mitarbeitende in einem hybriden Modell. Allgemein würde die Arbeitsflexibilität – dazu gehören hybrides Arbeiten, Teilzeit, Jobsharing, Jahresarbeitszeit, Ferienkauf – von den Mitarbeitenden sehr geschätzt, sagt eine Sprecherin der Marktführerin zu finews.ch.

Angesichts der laufenden Integration der Credit Suisse und des drohenden Abbaus Tausender Stellen in der Schweiz dürfte der Anspruch auf Home-Office allerdings die kleinste Sorge der Angestellten der «neuen» UBS sein.

Flexible Assekuranz

Als Trutzburg des flexiblen Arbeitens erweist sich die Assekuranz. Beim Rückversicherer Swiss Re ist Homeoffice weiterhin möglich. Es sind keine Änderungen zur aktuellen Praxis geplant. Beim Allversicherer Zurich ist zu erfahren, dass Mitarbeitenden je zwei bis drei Tage Heimarbeit wünschten, und zwei bis drei Tage an einem der Standorte respektive vor Ort bei den Kunden und Kundinnen. Zurich Schweiz habe mehrere interne Umfragen über künftige Arbeitsmodelle durchgeführt, sagt ein Sprecher.

«Das Office bleibt weiterhin ein Ort des Zusammenseins, das für die Prägung der Kultur der Firma sorgt und ein wichtiger Bestandteil der Teamarbeit ist», sagt Surber von Page Executive. Sämtliche Mitarbeitenden wieder ins Office zu beordern, sei aber keine Lösung, sondern könne gar in Kündigungen resultieren. Firmen müssten also genau abwägen, was sie mit Home-Office Richtlinien bezwecken wollte, und ob dies im Ganzen förderlich für das Unternehmen sei.

Immobilienprofis schlagen Alarm

Das Festhalten am Home-Office geht an Büro- und Gewerbeimmobilien indessen nicht spurlos vorbei, im Gegenteil. In der Studie «Empty Spaces and Hybrid Places» kommt die renommierte Strategieberatungs-Firma McKinsey zur Prognose, dass der Wert von Büroimmobilien bis ins Jahr 2030 um 800 Milliarden Dollar (umgerechnet ungefähr 720 Milliarden Franken) fallen wird.

In der Schweiz ist das Angebot für Büroflächen zur Mieten aktuell hoch. Laut einer Erhebung des Immobilien-Dienstleisters CBRE ist die Nachfrage letztens stark gesunken, was auch in Leerständen resultiert hat.

Aus der Büromarkt-Studie 2024 der Immobiliendienstleisterin JLL wird ersichtlich, dass die Dinge in Bewegung sind. Die Bautätigkeit in der Schweiz im Jahr 2024 und 2025 soll nur halb so viele Neubauflächen umfassen wie in den Jahren 2019 bis 2023. Dennoch gab es im Jahr 2023 eine leichte Angebotszunahme der Büroflächen. Das macht das Marktgefüge fragil – obwohl die Schweiz sich im Vergleich zum Ausland auch in diesem Aspekt als eine Insel der Glückseligen ausnimmt.