Bordeaux ist und bleibt der Massstab für hochwertige Weine. Der neue Jahrgang 2019 bestätigt diese These. Aus einer Vielzahl von verkosteten Weinen aus dem Médoc hat finews.ch-Weinredaktor Peter Keller seine fünf Lieblinge ausgewählt. Es lohnt sich, diese Weine «einzukellern».

Hier sind die Rotwein-Legenden zu Hause. Namen wie Château Lafite-Rothschild oder Margaux lassen die Herzen der Weinliebhaber und -liebhaberinnen höher schlagen. Sie stammen aus dem Médoc, der wohl berühmtesten Region im Bordeaux. Sie ist eines der besten Rotweingebiete Frankreichs und unterteilt in Appellationen wie Pauillac, St.-Julien, Margaux und St.-Estèphe. Das milde Klima und sehr karge Kiesböden liefern hervorragende Voraussetzungen für den Weinbau.

Bordeaux wird gerne in die Luxus-Ecke gestellt. In der Tat müssen für die besten und höchst klassierten Weine der berühmtesten Weinregion Frankreichs dreistellige Beträge auf den Tisch geblättert werden. Das riecht gefährlich nach «big business» und schadet dem Image dieser Crus. Das können sich nicht viele leisten. Leider. Das ist schade. Kein Wein ausser dem Bordeaux schafft es nämlich, subtile Aromen, Kraft und eine herbe Eleganz so meisterhaft miteinander zu verbinden.

Jahrgang 2019 kommt langsam auf den Markt

Die Klasse der Bordeaux-Weine stellt auch der neue Jahrgang 2019 unter den Beweis, der jetzt langsam auf den Markt kommt. Er zeichnet sich durch Reife, Frische, Kraft und Konzentration aus. Inzwischen sind Alkoholgehalte von 14% eher die Regel als die Ausnahme.

An einer kürzlichen Degustation der Union des Grands Crus de Bordeaux in Zürich habe ich rund 30 Weine aus dem Médoc verkostet. Das sind meine Favoriten:

1. Château Pichon-Lalande 2019, Pauillac

Der Deuxième Grand Cru classé ist aussergewöhnlich gut gelungen und einer der Kandidaten für den Wein des Jahres. Die Zukunft wird es weisen. Kurz nach der Flaschenfüllung brilliert er mit einem komplexen, vielschichtigen Bouquet (dunkle Beeren, Veilchen, Gewürze), ist im Gaumen voll, konzentriert, aber dank seinen Finessen überhaupt nicht schwer oder gar opulent.

Feine, gut integrierte Tannine, eine tiefgründige Struktur und ein langanhaltendes Finale sind weitere Merkmale dieser Trouvaille, die zu 71 Prozent aus Cabernet Sauvignon, 23 Prozent Merlot sowie 6 Prozent Petit Verdot besteht. Preis: rund 150 Franken.

2. Château Clerc-Milon 2019, Pauillac

Der Cinquième Grand Cru classé besteht zu 72 Prozent aus Cabernet Sauvignon. Merlot (22 Prozent), Cabernet Franc (4 Prozent) und Petit Verdot (2 Prozent) machen den Rest aus.

Er ist ein klassischer, kraftvoller, aber eleganter Wein aus dieser Appellation. Die präsenten Gerbstoffe sind perfekt integriert. Der gut strukturierte, tiefgründige Clerc-Milon mit einem langen Nachhall zählt wohl zu einem der besten Jahrgängen seit langem. Preis: rund 80 Franken.

3. Château Phélan-Ségur 2019, St.-Estèphe

Auf diesem Gut scheint erneut ein grosser, konzentrierter Wein gelungen zu sein, der wohl Zeit braucht, aber nach zehn Jahren zu voller Blüte kommen wird. Die Nase gefällt mit einem intensiven Duft von schwarzen Beeren, Zedernholz-Noten, Rauch und Kaffee.

Im Gaumen fallen die Kraft, die reifen, präsenten Gerbstoffe, aber auch die schönen Finessen lang. Noch wirkt Phélan-Ségur (56 Prozent Cabernet Sauvignon, 42 Prozent Merlot) etwas streng. Aber das ist nicht untypisch für Weine aus dem St. Estèphe. Preis: rund 45 FRanken.

4. Château Langoa Barton 2019, St.-Julien

Der Wein besitzt hervorragende Anlagen und ein fast unschlagbares Preis-/Genussverhältnis. In der Nase gefällt der intensive, komplexe Duft von schwarzen Kirschen, Veilchen und würzigen Noten.

Im Gaumen brilliert das als Troisième Grand Cru classé eingestufte Gewächs mit einem mittelschweren, dichten Körper, feinen Tanninen, guter Säure, Tiefe, Länge und Spannung. Mit 67 Prozent entfällt der grösste Anteil auf Cabernet Sauvignon. 26 Prozent Merlot und 7 Prozent Cabernet Franc komplettieren die gelungene Assemblage. Preis: rund 40 Franken.

5. Château Prieuré-Lichiné 2019, Margaux

Der Quatrième Grand Cru classé überzeugt nicht in jedem Fall. Aber in warmen Jahrgängen wie 2019 gelingen auf diesem eher unterschätzten Gut überraschend vielschichtige, ausdrucksvolle Weine.

Delikates Bouquet mit Noten von schwarzen Früchten und würzigen Anklängen, im Gaumen kerniger, mittelschwerer Körper mit reifen Tanninen und guter Säure, fein und elegant wirkend, gute Länge. Die Assemblage setzt sich aus 65 Prozent Cabernet Sauvignon, 30 Prozent Merlot sowie 5 Prozent Petit Verdot zusammen. Preis: rund 40 Franken.