Gerade mit Blick auf die Nachhaltigkeit sind mehr Frauen und Minderheiten an der Spitze von Unternehmen gefordert. Doch auch hier warnen Finanzinvestoren nun vor Etikettenschwindel.

Wenn Firmen Funktionen wie Chief Marketing Offier, Chief Human Relation Officer oder gar Chief Diversity Officer mit Frauen oder Angehörigen von Minderheiten besetzen, dann läuten bei Schroders die Alarmglocken. Das britische Fondshaus, das auch in der Schweiz aktiv ist, wittert hier nämlich Etikettenschwindel: Die Geschäftsleitung sehe so zwar diverser aus, doch die Angehörigen von Minderheiten füllten nur Rollen ohne Gewinnverantwortung.

Divisionen sind Männersache

Vor allem in den USA sei dies vielerorts ersichtlich, gab Schroders gegenüber dem britischen Finanzportal «Financial News» (Artikel bezahlpflichtig) zu Protokoll; dagegen würde Divisions-Leitungen und wichtige C-Level-Rollen wie Finanz- und operationeller Chef weiterhin mit Männern besetzt – und das seien mithin die Sprungbretter für den CEO-Posten.

Weil damit der Wandel zu mehr Diversität an der Spitze nicht stattfinden kann, drohten die Unternehmen ihre eigenen Nachhaltigkeits-Ziele zu verpassen, so Schroders weiter. Dies insbesondere mit Blick auf die gesellschaftlichen Aspekte (Social) und die gute Geschäftsführung (Governance).

Heikler Zeitpunkt

Die Kritik kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. Unter dem Druck grosser Investoren haben Firmen in den vergangenen Monaten vermehrt auf Quoten gesetzt, um die Wende zur mehr Diversität in der Führung schneller zu schaffen. Schweizer Banken sind da keine Ausnahme.

So hat die Credit Suisse (CS) erst vergangenen März neue Diversitäts-Ziele für verschiedene Führungsstufen formuliert. In der Geschäftsleitung der Grossbank finden sich aktuell mit Joanne Hannaford als Chief Technology & Operations Officer und HR-Chefin Christine Graeff zwei Frauen unter den zwölf Leitungsposten. Ab Oktober stösst mit der neuen Europachefin Francesca McDonagh eine weitere Managerin zum Gremium.

Eine Bank-CEO weniger

Auch die UBS hat sich mittelfristig Diversitäts-Ziele gesetzt, geriet aber in Grossbritannien jüngst in Kritik, weil die Lohnkluft zwischen dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch zugenommen hat. Dem gegenüber zählt das 13-köpfige UBS-Managements mit der Ankunft der neuen Finanzchefin Sarah Youngwood immerhin vier Managerinnen, wobei Sabine Keller-Busse (Schweiz) und Suni Harford (Asset Management) auch Gewinnverantwortung tragen.

Damit haben sie reelle Chancen für den Aufstieg bis ganz an die Spitze, wo die Luft für Frauen und Minderheiten im Swiss Banking allerdings weiterhin sehr dünn ist. Weibliche CEO lassen sich etwa mit Michaela Zanello Sturdza bei der Banque Eric Sturzda, Susanne Thellung bei der Schwyzer Kantonalbank, Marianne Wildi von der Hypothekarbank Lenzburg sowie Anne Marion-Bouchacourt bei Société Générale Schweiz praktisch an einer Hand abzählen. Kürzlich folgte bei der Bank Cler auf Chefin Mariateresa Vacalli erneut ein Mann.

Wettlauf um Regulierung

Reell ist auch der Respekt der Branche, das der Ruf des aufstrebenden Schweizer Hubs für Nachhaltige Finanz wegen Greenwashing-Vorwürfen Schaden erleiden könnte. So befinden sich Banken, Asset Manager und Vermögensverwalter derzeit in einem Wettlauf gegen die Zeit, selber Vorkehrungen gegen Etiketten-Schwindel mit Nachhaltigkeit zu treffen. Ansonsten wird dies der Regulator tun.

Wie nun die von Schroders mit angestossene Diskussion zeigt, müssen die Akteure dabei auch zeigen, dass sie es mit der Diversität im eigenen Unternehmen ernst meinen.