Der frühere Chef der UBS-Investmentbank macht sich für eine Bereinigung des europäischen Bankensektors stark. In einem Interview verblüfft er vor allem mit einer Aussage.

Sergio Ermotti war bei seinem ersten UBS-Gastspiel der Vorgesetzte von Andrea Orcel, der damals Investmentbanking-Chef war. Er zog dann weiter, nachdem er bei der Nachfolge von Ermotti übergangen worden war und man stattdessen den Holländer Ralph Hamers vorgezogen hatte.

Inzwischen leitet Orcel den italienischen Finanzkonzern Unicredit – und das sehr erfolgreich, wie auch finews.ch verschiedentlich berichtet hat. Vor diesem Hintergrund wird er auch immer mal wieder als Nachfolger von Ermotti gehandelt, der ja nun erneut die UBS führt. Zusätzliche Nahrung fand dieses Gerücht, nachdem er Anfang März an einem Wochenende in Zürich gesichtet wurde.

«Theoretisch sind die meisten Gerüchte wahr»

Orcel zieht es vor, zu solchen Gerüchten zu schweigen. Aber der höchst ambitionierte Banker bemüht zuweilen auch selbst die Spekulationen. So auch in einem Interview mit der britischen «Financial Times» (bezahlpflichtiger Artikel). Bezüglich Branchenklatsch über mögliche Unicredit-Deals sage er: «Theoretisch sind die meisten Gerüchte wahr, zumal wir in jedem einzelnen Markt jedes mögliche Ziel prüfen», sagte er. «Das Interesse ist unter den richtigen Bedingungen vorhanden, aber wir haben die richtigen Bedingungen noch nicht gefunden und hatten die Disziplin, nein zu sagen.»

Diese Aussagen verblüffen. Normalerweise üben sich Bankenchef bei solchen Themen in Zurückhaltung und vermeiden es tunlichst, Spekulationen zu nähren. Seit Orcell zur Unicredit stiess, wird das Mailänder Finanzhaus regelmässig mit M&A-Deals sowohl in Italien als auch in ganz Europa in Verbindung gebracht. Er zählt denn auch zu jenen europäischen Top-Bankern, die seit langem eine Konsolidierung fordern, um mit amerikanischen und asiatischen Wettbewerbern mithalten zu können.

Feindliche Übernahme gescheitert

Hintergrund des Gesprächs war die jüngste Entwicklung auf dem europäischen Bankensektor. Die spanische BBVA hatte kürzlich ein feindliches Übernahmeangebot für den Konkurrenten Sabadell abgegeben. Dies führte zu Spekulationen, dass eine Welle von Bankfusionen bevorstehen könnte. Doch die Übernahme scheiterte, unter anderem wegen der Intervention der spanischen Regierung.

Durch die Übernahme wäre das Institut immerhin zu den zehn grössten in Europa aufgestiegen.