Spannung in Abidjan: Der frühere CEO der Credit Suisse mischt die Politik in der Elfenbeinküste auf. Er gilt als Favorit für den Parteivorsitz der grössten Oppositionskraft im Land. Diesen Samstag wird gewählt.

Mehr als 6’000 Mitglieder der Demokratischen Partei der Elfenbeinküste (PDCI) kommen am Samstag in Abidjan zu einem ausserordentlichen Kongress zusammen. Die stärkste Oppositionskraft des Landes wird dabei ihren neuen Vorsitzenden wählen. Als Favorit gilt Tidjane Thiam, ehemaliger CEO der Credit Suisse (CS).

Der ivorisch-französische Spitzenmanager hat gute Chancen, die Führung der Partei zu übernehmen. Im Wahlkampf zog er geschickt alle Register. So tritt der ehemalige Top-Banker nicht nur regelmässig in den ivorischen Medien auf, sondern rührt seit Wochen auch auf seinem Youtube-Kanal «Tidjane Thiam TV» sowie auf Instagram kräftig die Werbetrommel.

Unterstützung erhält er auch von afrikanischen Sportlegenden. Kürzlich setzte sich unter anderem der ehemalige Stürmerstar des FC Barcelona, Samuel Eto'o, in den sozialen Medien für Thiam ein. Wie in Kamerun ist auch in der Elfenbeinküste Fussball die beliebteste Sportart.

Für viele Ivorer ein Hoffnungsträger

«Ich werde die PDCI moderner, attraktiver und effizienter machen, ohne das Ziel der Rückkehr an die Macht aus den Augen zu verlieren», versprach Thiam kürzlich vor Tausenden von Anhängern.

Seit seiner Rückkehr in die Heimat ist in dem westafrikanischen Staat so etwas wie ein Thiam-Effekt zu beobachten. Viele Ivorer halten ihn für den einzigen, der Alassane Ouattara, den Präsidenten der Elfenbeinküste, herausfordern kann.

Lange gezögert

Der 61-jährige Thiam hatte lange gezögert, die politische Bühne zu betreten. Doch nach dem Tod des ehemaligen Staatschefs und PDCI-Vorsitzenden Henri Konan Bédié am 1. August dieses Jahres wandte sich der ehemalige CS-Chef verstärkt der Politik zu.

Thiam war ein langjähriger Mitarbeiter von Bédié. Von 1994 bis 1998 arbeitete er an der Seite der «Sphinx von Daoukro». Bei seinem Kondolenzbesuch in der Elfenbeinküste gab Thiam damals auch sein erstes Interview in einem ivorischen Medium seit 1999, als ihn der Putsch von Robert Gueï sein Ministeramt kostete, wie finews.ch berichtete.

Sprungbrett in den Präsidentenpalast

Als Grossneffe von Houphouët-Boigny, dem Vater der Unabhängigkeit und Gründer der Partei, sah der ehemalige Top-Banker seine Chance gekommen, in die Offensive zu gehen und die Führung zu übernehmen.

Der Parteivorsitz ist für ihn das Sprungbrett, um später auch für das Präsidentenamt zu kandidieren. 2025 finden die Präsidentschaftswahlen statt. Sollte Thiam nun gewählt werden, müsste er allerdings die PDCI neu beleben, wenn er Ouatarra beerben will. Die PDCI ist durch jahrelange interne Machtkämpfe stark geschwächt.

Angst vor Bespitzelung

Zwischen Ouattara und Thiam, zwei starken Persönlichkeiten, hat es nie richtig gefunkt. Nun liegen die Egos blank. Aus Thiams Umfeld sickerte laut ivorischen Medien durch, dass man befürchte, die Machthaber würden Thiam bespitzeln. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, hatte doch die Spionageaffäre «Spygate» Thiam im Jahr 2020 den CEO-Posten bei der CS gekostet.

Thiam, der wie Ouattara dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron nahesteht, hat den Vorteil, jünger zu sein als der ivorische Präsident, der 83 Jahre alt sein wird, wenn er für eine vierte Amtszeit kandidiert, die ebenso verfassungswidrig wäre wie die dritte.

Beim ersten Schuss geflohen?

Der frühere Spitzenmanager sieht sich vor allem als Hoffnungsträger der ivorischen Jugend. Doch selbst wenn er nun Parteivorsitzender der PDCI werden sollte, ist der Weg an die Staatsspitze noch weit. Seit Ende der 1990er-Jahre hat die Partei keine Wahl mehr gewonnen, die nicht im Bündnis mit der Regierung stattfand.

Zudem ist Thiam nicht unumstritten. So werfen ihm einige ivorische Politiker vor, beim ersten Kalaschnikow-Schuss während des Putsches 1999 aus dem Land geflohen zu sein. Auch seine französisch-ivorische Doppelstaatsbürgerschaft und Nähe zu Macron wird ihm zum Vorwurf gemacht.