Für manchen Banker erscheint der Sprung zu den exklusiven Vermögensverwaltern reicher Familien verlockend. Doch die Arbeit im Family Office birgt unerwartete Risiken – und fordert ein Umdenken beim Lohn.

Die Institution Familiy Office ist en vogue: bei schwerreichen Unternehmerfamilien, die den Banken seit der Finanzkrise mehr und mehr mit Misstrauen begegnen. Und anderseits bei Finanzexperten, die angesichts von Regulations-Flut und Sparwut die Freude am Bankjob verloren haben.

Weil kaum ein Family Office dem anderen gleicht und die exklusiven Vermögensverwalter weiterhin von einem Hauch des Geheimnisvollen umgeben sind, fällt es Aussenseitern allerdings schwer, einzuschätzen, was sie bei einer Anstellung dort erwartet.

Den Kaffee auch mal selber servieren

Headhunter, die sich auf Family Offices spezialisiert haben, müssen deshalb regelmässig mit Klischees aufräumen – so auch die Londoner Personalvermittlerin Agreus, die kürzlich der Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) Red und Antwort stand. Schnell wurde dabei klar: Die Geldverwalter der Superreichen kommen selten dazu, auf dem Sonnendeck eine Superjacht zu fläzen und Martinis zu mixen.

Viel eher sitzen sie die meiste Zeit im Büro und dürfen sich dort auch nicht zu schade sein, Besuchern den Kaffee selber zu servieren. Viele Family Offices verzichten nämlich auf Assistenten und Empfangspersonal, was für Neuankömmling von Bankkonzernen zuweilen ein rechter Schock sein kann, wie die Headhunter von Agreus berichteten.

Der Lohn des Vertrauens

Wer sich fixe Bürozeiten von der Bank gewohnt ist, kann ebenfalls aus allen Wolken fallen. Denn wenn der Eigner des Family Office ruft, dann müssen seine Finanzberater alles stehen lassen, auch wenn sie gerade in den Ferien weilen. Mit dem Eigner verbunden ist noch ein weiteres Risiko. Wenn dieser stirbt, dann steht gleich noch die Zukunft seiner privaten Vermögensverwaltung auf dem Spiel.

Und dann ist da noch das Thema Lohn. Wer im Banking die Karriereleiter bis weit nach oben geklettert ist, muss beim Wechsel zum Family Office fast in jedem Fall mit Lohneinbussen rechnen, warnen die Headhunter weiter. Lohnerhöhungen gibt es in der Regel erst, wenn man sich das Vertrauen der Besitzerfamilie verdient hat.

Emotionale Intelligenz

Gefragt sind deshalb laut Agreus viel Flexibilität und emotionale Intelligenz vonseiten der Angestellten, was aber auch die Zusammenarbeit im Team sehr angenehm macht. Hinzu kommt der Vorteil, dass man beim Family Office nicht als Rädchen in einer gewaltigen Unternehmens-Maschinerie funktioniert, sondern rasch Zugang zu Entscheidungsträgern und Gestaltungsfreiheit erhält.

Mit diesen Anforderungen sind Family Office eine Berufsstation, die sich nicht mehr nur fürs Ende einer Finanzkarriere eignet, wie es früher oftmals der Fall war. Stattdessen sind die Firmen auf der Suche nach Talenten, die in der Mitte ihrer Laufbahn stehen und à jour sind mit den neuesten Rahmenbedingungen und Trends im Finanzwesen.

Mangelndes Fachwissen?

Denn auch die privaten Vermögensverwalter müssen aufrüsten. Der Pariser Kaderschmiede Insead zufolge sind gerade auch für Schweizer Vermögensverwalter die regulatorischen und steuerlichen Anforderungen massiv gestiegen, was manche Anbieter vor Herausforderungen stellt. Laut einer dort zitierten, für ganz Europa durchgeführten Branchenstudie werden den Family Offices immer noch mangelndes Fachwissen und Interessenskonflikte vorgeworfen.