Mussten Manager in Krisenzeit früher Härte demonstrieren, verlangt gute Führung von ihnen heute ganz anderes: Die Fähigkeit, Empathie zu zeigen und vertrauenswürdig zu sein. So führt man mit dem Herzen.

Früher galten Chefs und Manager als eine Art Funktion. Sie mussten entscheiden, Richtungen vorgeben, mit gutem Beispiel voran gehen – und wenn es hart kam, den Kopf hinhalten.

Heute – und das hat die Coronakrise bewiesen – müssen Chefs ihre menschliche Seite zeigen, empathisch und vertrauenswürdig sein, schreibt Korn-Ferry-CEO Gary Burnison in seinem Blog. Leadership heute bedeute, Menschen mitzunehmen, auch emotional.

Notwendig sind dabei eine aufrichtige und authentische Kommunikation, vor allem aber auch die Bereitschaft, sich auf Emotionen und emotionale Gespräche einzulassen. Das braucht es dazu.

1. Verstehen, was eine Gefühlskurve ist

Will ein Chef, dass er verstanden wird, sollte er erst seine Mitarbeiter und ihre Emotionen verstehen. Hilfreich ist dabei, das Konzept der «Gefühlskurve» zu verstehen: Der Gefühlsabfall von Unglaube zu Ärger und Wut bis zum totalen Rückzug. Und wenn die Talsohle durchschritten ist, steigt die Kurve von Akzeptieren über Optimismus und Sinnhaftigkeit an.

An der Führungsperson liegt es, in Gesprächen herauszuhören und zu interpretieren, wo sich der Angestellte auf der Gefühlskurve gerade befindet. Äussert er sich immer noch schockiert über die Lockdown-Massnahmen in der Coronakrise? Dann befindet er sich wohl noch in der Abwärtsfahrt auf der Gefühlskurve. Fragt er aber nach den Aussichten für den nächsten Monat oder das nächste Quartal? Dann geht es bereits wieder aufwärts.

2. Auf Emotionen antworten

Hier ist emotionale Intelligenz gefragt. Denn ein Chef muss das Ziel haben, dass Mitarbeiter neben ihren eigenen Interessen auch das Gesamtinteresse vor Augen haben. Wenn die Emotion Wut oder Unglaube ist, liegt der Schlüssel in viel und richtiger Kommunikation. Dabei geht es nicht allein darum, dem betreffenden Angestellten mittels Informationen die Unsicherheit zu nehmen. Es geht darum, eine Verbindung zu schaffen.

Finden Angestellte in ihrer Emotionalität schlicht nicht die richtigen Worte, ist vom Chef eins gefragt: Empathie. Zeigen Angestellte aber, dass sie Geschehnisse akzeptiert haben und sie einordnen können, dann erwarten sie von ihrer Führungsperson das andere: Führung eben. Dabei zeigt sich, dass die richtige Kommunikation ein Energiespender ist. Die Haltung des Chefs wird zur Haltung seines Teams.

3. Kommunizieren, immer

Die Faustregel ist: Gehen die Emotionen im Team hoch, wird das im Team besprochen. Aber nicht nur dann. Beginnen wir bei der Grussformel. Fragte ein Chef früher beiläufig: «Wie geht es Ihnen?», muss die Frage nun ergänzt werden: «Wie geht es Ihnen heute?». Mit diesem einfachen Zusatz zeigt ein Chef echtes Interesse und löst eine  Konversation aus, die Verbindungen schaffen kann. Menschen möchten ihre Sorgen teilen, ihre Ängste und ihre Hoffnungen.

Das heisst: Das stereotype «Wie geht es Ihnen?» hat eine empathische Komponente erhalten und meint eigentlich: «Wie fühlen Sie sich?». Die Führungsperson signalisiert, dass sie kein beläufiges «Gut» als Antwort erwartet, sondern dass sie zuhören will.

4. Wort halten

Vertrauen die Mitarbeiter den Worten des Chefs, dann glauben sie auch daran, was er tut. Das bedeutet: Das Verhältnis von Ansagen und Ausführen muss stimmen. Einfache Rhetorik genügt nicht, es müssen Taten folgen. Im Idealfall spiegeln die Angestellten die Worte und die Taten ihres Vorgesetzten. Das heisst, gerade in Zeiten wie diesen: Der Chef muss an sich an der Spitze zeigen.

5. Bewusst, neugierig und ernst

Fühlen sich Angestellte in ihrem Arbeitsumfeld nicht sicher, kommunizieren sie nicht. Eine solche Arbeitskultur ist weder angenehm noch dem Unternehmen förderlich. Um eine Kultur zu schaffen, in der sich jeder Angestellte akzeptiert und wichtig fühlt, müssen Chefs sich eine Frage stellen: «Wie schaffe ich eine Umgebung, in der sich jedes Individuum mit seinen besonderen Fähigkeiten respektiert und willkommen fühlt? Welche Arbeitsumgebung ist nötig, damit Menschen bei ihren Aufgaben aufblühen?»

Dazu braucht es ein Bewusstsein, für alles, was falsch läuft. Es braucht eine Neugierde, um zu ändern, was falsch läuft, und es bedingt ernsthaften Eifer, die Veränderungen herbeizuführen.