Für viele Menschen ist die erste Assoziation zum Thema Arbeit der Gedanke an Stress. Dies zeigt sich an einer stetigen Zunahme stressbedingter Erkrankungen – von Schlafstörungen, über Magengeschwüre bis zum Burn-out. Studien zufolge ereignen sich Herzinfarkte montags morgens häufiger als an anderen Tagen und zu anderen Zeiten. Also genau dann, wenn das Hamsterrad ruft und der Stresslevel nach einem entspannten Wochenende wieder massiv steigt.

Wichtige Massnahmen bestehen in einer gesunden Work-Life-Balance sowie einem Stressabbau durch geeignete Entspannungsverfahren. Doch wie sieht es mit der Arbeit selbst aus? Ist es möglich, beruflichen Stress zu reduzieren? Einen inspirierenden Ansatz dazu bietet die sogenannte Flow-Theorie. Entwickelt wurde sie vom ungarischen Psychologen und Glücksforscher Mihály Csíkszentmihályi, der das Flow-Erleben 1975 beschrieben hat.

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Was ist der Flow-Zustand?

Flow kann verstanden werden als ein mentaler Zustand, in dem man so sehr in eine Tätigkeit vertieft ist, dass man die Zeit vergisst und sich die Arbeit durch das Einssein mit dem Tun wie von selbst erledigt. Wenn es gelingt, in einen Flow-Zustand zu kommen, kann Stress einen positiven Effekt haben. Dann spricht man auch von gutem Stress oder Eustress. Herausfordernde Aufgaben und Situationen werden als motivierende Challenge wahrgenommen, die zusätzliche Kräfte aktiviert. Das sorgt dafür, dass die Leistungsfähigkeit zunimmt, die Arbeit leichter fällt und vor allem glücklich macht.

So kommt man in den Flow – 5 Tipps

In manchen Berufen gelangt man nicht selten wie von selbst in den Flow, z. B. als Künstler beim kreativen Schaffen, als Arzt bei einer Operation oder als Leistungssportler im Wettkampf. Letztere sprechen gern davon, «in the zone» zu sein. Doch auch bei anderen Tätigkeiten kann man Voraussetzungen dafür schaffen, einen Flow-Zustand zu erreichen.

1. Klare Ziele setzen

Letztlich ist im Flow der Weg das Ziel. Doch ohne Ziel weiss man nicht, auf welchen Weg man sich machen soll. Im Flow geht man voll im Prozess auf. Um sich darauf einlassen zu können, sollte man daher genau wissen, was man erreichen möchte. Für Csíkszentmihályi braucht man klare Ziele, die anspruchsvoll, aber erreichbar sind. Zur Orientierung kann es hilfreich sein, sich sogenannte Smart-Goals zu setzen, d. h. Ziele die spezifisch, messbar, erreichbar, sinnvoll und zeitgebunden sind.

2. Innere Motivation finden

Ein wesentliches Kriterium ist die intrinsische Motivation. Diese innere Motivation, bei der man eine Aufgabe um ihrer selbst Willen erledigt. Das verlangt, das man ihren Sinn erkennt und sich mit Freude ans Werk macht. Wer sich hingegen von äusseren Faktoren, sprich Belohnung oder Bestrafung, angetrieben fühlt, kann nicht in den Flow kommen.

3. Unterforderung und Überforderung vermeiden

Wer unterfordert ist, sich langweilt oder in Routinen gefangen ist, sollte sich höhere Ziele setzen, um in den Flow kommen zu können – kreativere Lösungen finden, bessere Ergebnisse erzielen, schneller abliefern usw. Wer sich überfordert fühlt, sollte die Anforderungen reduzieren. Typische Beispiele sind ein übermässiger Work-Load oder utopische Deadlines, die unweigerlich zu einem Übermass an Stresshormonen führen.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, die eigenen Fähigkeiten zu erhöhen, um den Ansprüchen gerecht werden zu können – sich weiterbilden, Strategien oder Tools suchen, die die Arbeit erleichtern etc. Unter Umständen können Aufgaben auch geteilt oder abgegeben werden.

4. Ablenkungen und Multitasking meiden

Für ein Flow-Erleben braucht eine Tätigkeit die volle Aufmerksamkeit und Hingabe. Die Konzentration sollte auf einen einzigen konkreten Task gerichtet sein. Sobald der Fokus auf auf eine hereinkommende E-Mail wandert oder man durch einen Anruf abgelenkt wird, ist man raus. Dagegen kann es z. B. helfen, E-Mails zu festen Zeiten abzuarbeiten, das Telefon während einer Tätigkeit auf lautlos zu stellen, Arbeitsmaterialien vorher bereitzulegen und am Rechner unnötige Programme und Browser-Tabs zu schliessen.

Um innere Ablenkungen zu vermeiden, sollte man sich zu Arbeitsbeginn einen Überblick über anstehende Tätigkeiten verschaffen, den Tag planen und Aufgaben dann nach Priorität abarbeiten.

5. Spass an der Arbeit entwickeln

Je mehr Aufgabenbereiche eines Jobs den eigenen Vorlieben entsprechen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, einen Flow-Zustand zu erreichen. Das bedeutet, sich im besten Fall einen Job zu suchen, der einem wirklich Spass macht. Da dies nicht immer möglich ist, lohnt es sich, statt dem «Was» öfter mal das «Wie» zu hinterfragen. Die eigene Herangehensweise an die Arbeit zu ändern, kann viel bewirken. Mögliche Stellschrauben sind u. a. das Mindset, also die eigene Einstellung zur Arbeit, die Planung, Strukturierung und Organisation von Aufgaben, die Gestaltung des Arbeitsplatzes sowie die Art der Zusammenarbeit mit anderen.

  •  Mehr Informationen über Prof. Dr. med. Dietrich Grönemeyer hier