Der Ordnungszustand des Schreibtisches sagt einiges über seinen Benutzer aus. Das Pendel bewegt sich zwischen Ordnungsfanatiker und kreativem Chaoten. Eine Annäherung an das gesunde Mass.

Derzeit haben Vorsätze wieder Hochkonjunktur – auch rund um den Arbeitsplatz. Einige versprechen sich selber, im neuen Jahr mehr Ordnung in ihre Arbeit zu bringen, andere wollen sich endlich von einem spiessigen Ordnungsfimmel verabschieden. Ob Clean Desk oder Chaos-Büro, vor allem in einem Fall lauern gröbere Fehler sowie Peinlichkeiten.

Unbestritten ist, dass die Umgebung des Arbeitsplatzes einen erheblichen Einfluss darauf hat, wie wir arbeiten. Wenn unser Arbeitsplatz unordentlich ist, sind wir es auch. Die Gesetzmässigkeit ist klar: Jedes Mal gehen wertvolle Arbeitsminuten verloren, wenn auf einem unordentlichen Schreibtisch nach einem verlorenen Papier gesucht werden muss.

Das Gleiche gilt allerdings auch, wenn papierlos gearbeitet wird. Eine Studie von International Data Corporation (IDC) hat gezeigt, dass Informationsarbeiter bis zu zwei Stunden pro Woche mit der vergeblichen Suche nach verlorenen Dokumenten verbringen.

Das Gehirn verlangt nach Ordnung

Unordnung kann indessen auch auf indirektere Weise wirken, wie ein Bericht in der «Harvard Business Review» beschreibt. Die physische Umgebung hat einen erheblichen Einfluss auf Wahrnehmung, Emotionen und Verhalten und wirkt sich auf die Entscheidungsfindung sowie die Beziehungen zu anderen aus. So können sich unaufgeräumte Räume negativ auf das Stress- und Angstniveau sowie auf Konzentrationsfähigkeit, Essgewohnheiten und sogar den Schlaf auswirken.

Es ist also ein Trugschluss zu glauben, dass überfüllte Aktenschränke oder Papierstapel auf dem Schreibtisch nicht stören. Das Gehirn mag vielmehr Ordnung: In einer solchen Arbeitsumgebung kann man sich besser konzentrieren und Informationen verarbeiten, wodurch die Produktivität zunimmt.

Schlechter Eindruck am Arbeitsplatz

Unordnung wirkt sich auch zuhause aus. Verschiedene Forschungen haben gezeigt, dass Personen mit viel «Zeugs» in ihrem Heim dazu neigen, ihre Aufgaben aufzuschieben und zu Vermeidungsstrategien wie dem Naschen von Junkfood Zuflucht nehmen.

Auch die Beziehungen zu anderen können durch Unordnung beeinträchtigt werden. In einer Studie wurden Teilnehmer mit unordentlichen Schreibtischen als weniger pflichtbewusst, neurotischer und weniger sympathisch wahrgenommen. Ein solcher Eindruck dürfte für die berufliche Entwicklung eher nicht förderlich sein.

Einfache Abhilfen

Zum Glück gibt es viele Rezepte, um sich nicht von der Unordentlichkeit dominieren zu lassen und Prokrastination zu vermeiden. Als probates Mittel am Arbeitsplatz gilt regelmässiges Aufräumen. Wenn zuhause gearbeitet wird, kann ein eigener Arbeitsbereich helfen, eine Grenze zwischen Arbeits- und Privatgegenständen zu ziehen.

Für Teams und Organisationen kann eine Regelung für saubere Schreibtische angewendet werden. Daneben können regelmässige «Putztage» helfen, die mit Spass, zum Beispiel einem gemeinsamen Essen, verbunden werden.

Die IT-Spezialisten können Tools für die Verwaltung von Online-Dokumenten anbieten und Klarheit schaffen, was aufbewahrt werden und was weggeworfen werden kann. Dabei müssen Unternehmen ein Gleichgewicht zwischen praktischen und sicherheitsrelevanten Erwägungen finden und das Bedürfnis der Mitarbeiter nach Selbstidentität und Autonomie berücksichtigen.

Keinem Ordnungswahn verfallen

Zu warnen ist aber vor einem Ordnungswahn, denn Unordnung ist keineswegs immer schlecht. Wie die Forschung weiss, können unaufgeräumte Schreibtische durchaus die Kreativität steigern. In einer unordentlichen Umgebung neigen die Menschen eher dazu, mit Normen zu brechen und die Dinge auf eine neue Art zu betrachten, statt sich den Erwartungen anzupassen.

Wie so vieles dürfte auch in der Frage zwischen Ordnung und Chaos am Arbeitsplatz das gute Mass in der Mitte liegen. Ein zu makelloser Schreibtisch könnte auf mangelnde Kreativität hindeuten. Ein sehr unordentlicher Schreibtisch wiederum könnte ein ungünstiges Licht auf Arbeitsmoral und Persönlichkeit werfen.