Das traditionsreiche Geldhaus Rothschild & Co hat sein Schweizer Investmentbanking zuletzt stark ausgebaut. Chef Nick Bossart hat 2023 ein denkwürdiges Mandat betreut – und möchte in diesem Jahr die Früchte langer Vorarbeit ernten, wie er zu finews.ch sagt.

Als die Credit Suisse (CS) nach dem beinahe-Untergang im Herbst 2022 von der Aufsicht den Auftrag erhielt, das Szenario eines Verkaufs vorzubereiten, erinnerte man sich an einen traditionsreichen Namen: Als Beraterin wählte die krisengeschüttelte Grossbank die französisch-britische Rothschild & Co, seit über 200 Jahren in Besitz der gleichnamigen Bankerdynastie.

Team verdreifacht

Dabei konnte das damalige CS-Management um CEO Ulrich Körner auf eine schlagkräftige Truppe vor Ort in Zürich zählen: Bei Rothschild & Co hat der umtriebige Investmentbanker Nick Bossart (Bild unten) innerhalb von knapp zwei Jahren ein 15-köpfiges Team aufgebaut. Das ist das Dreifache der Mannschaftsstärke, die Bossart bei seiner Ankunft im Herbst 2022 vorfand.

Bossarts Team sitzt zwar im selben Glashaus im vornehmen Zürcher Kreis 8 wie die Private Banker der Schweizer Niederlassung von Rothschild & Co. Es berichtet aber direkt an das Hauptquartier in London, was für die Bedeutung seiner Equipe spricht.

Bossart 502

(Bild: Rothschild & Co)

Fokus auf die Königsdisziplin

Vor Ort kann Bossart inzwischen das gesamte Spektrum des «klassischen» Investmentbanking bieten, wie er finews.ch erklärt: Beratung bei Fusionen und Übernahmen (M&A) von Firmen sowie bei Kapitalmarkt-Transaktionen im Aktien- (ECM) wie im Anleihenbereich (DCM).

Der Fokus der Truppe liegt aber auf der Königsdisziplin M&A. Das entspricht auch dem Ansatz der gesamten Bankengruppe: Mit rund 1’400 Investmentbankern in 40 Ländern war Rothschild & Co im vergangenen Jahr bei insgesamt 379 angekündigten M&A-Transaktionen involviert, wie eine Auswertung des Datenlieferanten Refinitiv zeigt. Das waren zumindest von der Anzahl her mehr als bei jeder anderen Investmentbank.

Hierzulande lag das Institut 2023 mit 14 angekündigten «Deals» im Gegenwert von 16,9 Milliarden Dollar direkt hinter der ungleich grösseren
UBS, wie denselben Daten zu entnehmen ist.

An der Seite von Sandoz

Das Institut positioniert sich dabei als «Advisory only»-Anbieter: Die Bank verdient allein an der Beratung von Firmen, und nicht noch an den
zahlreichen Nebengeschäften, wie sie bei Bankkonzernen mit diversen anderen Sparten bei einer Investmentbank-Transaktion gemeinhin anfallen. Rothschild & Co nimmt ausserdem für sich in Anspruch, als Unternehmen im Familienbesitz besonders unabhängig zu agieren – und als Beraterin über einen langfristigen Horizont zu verfügen.

Solchen Versprechen hat die Bank hierzulande auch Taten folgen lassen. Seit Jahresbeginn hat Bossarts Team etwa den Schweizer Generika-Riesen Sandoz bei der Übernahme des Biosimilars Cimerli von Coherus begleitet, ebenso die Abfallmanagement-Spezialistin Helvetia Environnement beim Verkauf eigener Anteile an die französische Konkurrentin Paprec.

Weiter berät die Truppe den Wetter- und Meteorologie-Dienstleister DTN Europe beim Verkauf seiner Schiffahrts-Software an den hiesigen Elektrotechnik-Konzern ABB.

Noch nicht zufrieden

Das macht sich nicht schlecht für einen Start ins Jahr. Doch Bossart, der zuvor als Länderchef der amerikanischen Grossbank J.P. Morgan zu einem Spitzenplatz im Schweizer Markt verhalf, ist noch nicht zufrieden. «Wir haben sehr viel Arbeit in die Transaktion-Pipeline gesteckt», gibt er zu bedenken. «Aber die Früchte konnten wir noch nicht ernten.»

Immerhin rechnet er jetzt mit einem etwas einträglicheren Jahr als 2023, als auch im Schweizer Investmentbanking Eiszeit herrschte. Der erfahrene Dealmaker relativiert auch das Potenzial, das manche Konkurrenten aufgrund der CS-Integration wittern. Die kombinierte UBS, so die Theorie, könne rein schon wegen den Bilanzrisiken her nicht die gesamte Kundschaft der CS übernehmen. In diese Lücke wollen nun grosse ausländische Häuser wie die Deutsche Bank oder BNP Paribas vorstossen.

Stabiler als erwartet

Doch möglicherweise freuen sich jene Akteure zu früh: Das kombinierte Schweizer Investmentbanking der UBS habe bisher eine bemerkenswerte Stabilität an den Tag gelegt, berichtet Bossart.

Das könnte auch noch länger so bleiben, dauert es doch mehrere Jahre, bis ein Investmentbank-Mandat «abgearbeitet» ist. Bewegung am Markt wäre demzufolge erst ab dem Jahr 2025 zu erwarten. Eine lange Zeit für ungeduldige «Dealmaker».