Zum ersten Mal hat Rothschild & Co Asset Management Europe kürzlich in Zusammenarbeit mit finews.ch zwei Anlässe in Zürich und Genf veranstaltet. Es ging dabei um die Anlageperspektiven im kommenden Jahr.

Nach einem überaus turbulenten Börsenjahr blicken Anlegerinnen und Anleger bereits auf 2023. Aus gutem Grund – schliesslich hat sich in den letzten zwölf Monaten vieles radikal verändert. Es ist keine Übertreibung, von einem Paradigmenwechsel an den Finanzmärkten zu sprechen.

Die Zentralbanken senkten die Zinssätze, die Inflation erreichte besorgniserregende Höchstwerte und viele Aktienkurse fielen auf breiter Front. Russlands Invasion in der Ukraine sowie die Null-Toleranz-Politik der chinesischen Regierung gegenüber Covid haben die negativen Einflüsse noch verstärkt. Bis 2023 droht in vielen Teilen der Welt eine Rezession.

In diesem Zusammenhang stellt sich zwangsläufig die Frage, ob Aktien, die in den vergangenen Jahrzeznten fraglos zuoberst in der Gunst der Investorinnen und Investoren standen, noch immer attraktiv sind. 

Investieren mit Überzeugung

Dieser Frage ging Rothschild & Co Asset Management Europe kürzlich an zwei Veranstaltungen in Zürich und Genf in Zusammenarbeit mit finews.ch nach. Sie standen unter dem Motto: «Stehen wir am Beginn eines neuen Zyklus', erleben wir eine harte Landung, steigt die Inflation weiter, und steuern wir auf eine Deglobalisierung hin?» Darüber debattierten drei Portfoliomanager des Hauses, deren Ansichten kaum gegensätzlicher hätten sein können.

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Während sich Gianluca Ricci (im Bild links) auf Qualitätsaktien konzentriert, bevorzugt Anthony Bailly (im Bild rechts) sogenannte Value- oder unterbewertete Aktien. Yoann Ignatiew (Bildmitte) hingegen ist frei von jeglichen Stilen und Strategien. Es verfolgt einen Top-down- und eher opportunistischen Ansatz – im Fachjargon auch unconstrained genannt – und berücksichtigt auch mal die Entwicklung der Finanzmärkte auf kürzere Sicht. Alle drei haben jedoch einen gemeinsamen Nenner, einen auf Überzeugungen basierenden Anlageansatz, der spezifisch für Rothschild & Co Asset Managment Europe ist.

Gute Perspektiven für Banken

Gerade vor dem Hintergrund, dass viele Small- und Mid-Cap-Aktien im laufenden Jahr massiv korrigiert haben, obwohl die Unternehmen dahinter finanziell stabil sind, bieten sich laut Bailly gute Chancen. Angesichts weiter stark steigender Zinsen insbesondere in Europa sieht er zum Beispiel im Bankensektor gute Chancen. Viele Finanzinstitute hätten die Covid-Pandemie erfolgreich überstanden und seien nun trotz der drohenden Rezession in bester Verfassung.

Insgesamt erwartet Bailly eine Stabilisierung der Zinsen auf höheren Niveaus als zwischen 2010 und 2020. «Dieser Paradigmenwechsel leitet ein neues Inflationsregime ein und bedeutet auch das Ende der Underperformance der Value-Faktoren im Vergleich zu den Growth-Faktoren», erklärt der Portfoliomanager. In Bezug auf die Anlagestile muss sich das nächste Jahrzehnt an den grossen Herausforderungen messen, mit denen die Volkswirtschaften konfrontiert sind. «Ich bin davon überzeugt, dass im Laufe der Zeit Inflationsdruck einsetzen wird. Daher macht eine Positionierung im Value-Anlagestil jetzt absolut Sinn», sagte Bailly.

Aussergewöhnliche Geschäftsmodelle

Gianluca Ricci ist der gegenteiligen Meinung und bevorzugt Qualitätsaktien, die von der massiven Korrektur im laufenden Jahr auch stark betroffen waren. Langfristig hängt der Erfolg dieser Strategie jedoch davon ab, Unternehmen mit aussergewöhnlichen Geschäftsmodellen zu identifizieren, die selbst im schwierigen Umfeld des nächsten Jahres den Gewinn nachhaltig steigern werden. Solche Qualitätsunternehmen profitieren von ihrer Preissetzungsmacht, die es ihnen ermöglichen sollte, auch 2023 sehr gute Ergebnisse zu erzielen, selbst in einem Zyklus, in dem die Inflation laut Ricci voraussichtlich auf einem höheren Niveau bleiben dürfte.

«Wir analysieren und investieren lieber in weniger Unternehmen, verstehen diese aber richtig. Oder anders gesagt, es ist wenig sinnvoll, ständig nach «billigen» Firmen zu suchen. Es lenkt bloss von unserem Anspruch auf Qualität ab», sagte Ricci.

Investitionen in China noch angemessen?

Viel zu reden gab auch die Frage, ob Engagements in China noch angemessen seien. Yoann Ignatiew, mit seinem flexiblen Top-Down-Ansatz, sieht trotz Chinas aktueller restriktiver Covid-Politik und der angespannten geopolitischen Lage mit dem Westen nach wie vor grosses Potenzial im Reich der Mitte. «Wir dürfen nicht vergessen, dass China bald die grösste Volkswirtschaft der Welt sein wird», betonte er.

Ricci seinerseits räumte ein, dass sein Engagement in China angesichts der anhaltenden Coronavirus-Krise und des schwächeren Binnenwachstums «herausfordernd» sei, wobei geopolitische Risiken im Vordergrund stünden. «Wir halten jedoch an unseren langfristigen Überzeugungen fest und mussten bisher trotz der Unsicherheit nur wenige Anpassungen an unserem Portfolio vornehmen», erklärte er.

Gesunde Portion Skepsis

Ignatiew wies darauf hin, dass es bei einzelnen chinesischen Unternehmen durchaus ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit gebe. Die Probleme des Klimawandels und der Umweltverschmutzung zu ignorieren, sei auch in China nicht mehr möglich. Er fügte hinzu, dass das Engagement der chinesischen Regierung zur Stimulierung der Wirtschaft nahelege, dass weitere Unterstützungsmassnahmen im Jahr 2023 zu erwarten seien.

Trotz seines positiven Votums für China investiert Ignatiew mehr als die Hälfte seiner verwalteten Kundenportfolios in Nordamerika, gefolgt von fast einem Drittel in Europa; auf China entfallen derzeit nicht mehr als 15 Prozent. Und obwohl er für 2023 zuversichtlich ist, warnte er davor, zu übermütig zu werden. Das passe nicht zu einem seriösen Vermögensverwalter, betonte er. Entwicklungen mit einer gesunden Portion Skepsis zu beobachten, laute seine Devise.

Zwei weitere Anlässe im nächsten Jahr

Wenn man versuchen würde, ein Fazit für diese Debatte zu finden, liesse sagen, dass sich die drei Portfoliomanager trotz ihrer unterschiedlichen Herangehensweisen einig waren, dass es auch 2023 trotz des gedämpften und undifferenzierten Ausblicks durchaus Chancen für Investoren geben werde – getreu der Devise des grossen amerikanischen Investors Warren Buffett: «Sei gierig, wenn die anderen Angst haben, und ängstlich, wenn sie gierig sind».

Rothschild finews.ch 111

Gil Platteau, Country Head Switzerland bei Rothschild & Co Asset Management Europe, erklärte am Rande des Abends, dass aufgrund des grossen Interesses an dieser Art von Veranstaltung im nächsten Jahr mindestens zwei weitere solche Anlässe geplant seien. Diese Art von Diskussion, in der die Meinungen auseinandergehen können, ist eine optimale Möglichkeit, Schweizer Anlegerinnen und Anlegern eine konzise Orientierung zu liefern.»

 

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