Mittlerweile verlieren auch verdiente Bankmitarbeiter ihre Stelle. Hoffen, dass dieser Kelch an einem vorbei gehe, sei keine Option, findet der Karriere-Coach Jan Keller.


Herr Keller, warum verliert jemand seinen Job?

Die Gründe sind vielseitig und hängen von diversen Faktoren ab: M&A-Aktivitäten und Restrukturierungen, die «Chemie» mit dem Vorgesetzten oder der Einzug rüder angelsächsischer Praktiken – «hire and fire» – sind Motive für Mitarbeitertrennungen.

Kann man sich auf einen Stellenverlust vorbereiten?

Ja, denn vermeiden lassen sich Stellenverluste nicht. Mittels einer Standortbestimmung, im Sinne einer Präventionsmassnahme, kann man sich durchaus aktiv darauf vorbereiten. Bei einer Firmenzugehörigkeit von fünf Jahren oder mehr in der gleichen Funktion oder im Alter von 50 plus sollte man sogar unbedingt eine Standortbestimmung vornehmen und einen «Plan B» erarbeiten.

Jan B. Keller organisiert zusammen mit dem Vermögensverwalter Marcel Chevrolet am 7. Juni 2018 in Zürich einen Anlass für stellenlose Bankangestellte. Mehr dazu unter diesem Link.

Gelten zehn oder mehr Jahre an Firmenzugehörigkeit nicht als wertvolles Asset?

Nein, dies wird von den Firmen oft als potentielles Risiko beurteilt, insbesondere bei einer fehlenden geografischen und funktionalen Entwicklung.

Einmal freigestellt – woran mangelt es den Managern?

Erfahrungsgemäss sind die wenigsten Manager auf eine unerwartete Freistellung oder Entlassung vorbereitet. Es mangelt ihnen daher an allem – an Souveränität, an Gelassenheit. Viele Führungskräfte schliessen die Augen vor einem abrupten oder schleichenden Entzug von Verantwortung. Hoch auf der Karriereleiter sind sie umgeben von – meist selbst ausgewählten – Kollegen, die sie im Sinne eines Frühwarnsystems kaum vor solchen Entwicklungen warnen.

Interessant ist auch die Beobachtung, dass je höher das Einkommen ist, desto grösser die Verlustängste und das Sicherheitsdenken sind. Ganz nach dem Motto: «Nur wer viel hat, kann viel verlieren».

Keine Option ist es, den Umstand der Kündigung, insbesondere im Familien- und Freundeskreis, zu verschweigen oder gar so zu tun, als ob man weiterhin einer regelmässigen Beschäftigung nachgeht. Das führt zu skurrilen Situationen, da die meisten Manager mit der Kündigung unmittelbar von der Arbeit freigestellt werden.

Mit anderen Worten: Eine Kündigung ist eine Belastung und eine Bewährungsprobe zugleich.

Als Familie wächst man in «Krisensituationen» tatsächlich entweder zusammen oder der Ehepartner trennt sich, da insbesondere in der Finanzindustrie sich nach wie vor viele über ihren Status und ihr Einkommen identifizieren. In Krisensituationen lernt man, wer zu einem hält und wer sich abwendet.

Was muss man nach einem Jobverlust «neu» sehen?