Die Drei-Seen-Region um den Neuenburger-, Bieler- und Murtensee besitzt das geringste Renommee unter den sechs Schweizer Anbauregionen. Zu Unrecht, denn das Gebiet ist Ursprung hochklassiger Weine, wie finews.ch-Weinredaktor Peter Keller anhand von fünf Beispielen zeigt.

Die Fahrt entlang des Bieler- und Neuenburgersees ist stets ein Erlebnis. Auf der einen Seite ruhendes Wasser, auf der anderen Rebberge. Die Idylle wird lediglich durch Strasse und Schiene gestört. Zu dieser Weinregion gehört zudem der Murtensee, wo die Weingärten am Mont Vully stehen.

Die als Drei-Seen-Gebiet zusammengefasste Gegend ist eine der sechs Schweizer Anbauregionen – und die wohl am meisten unterschätzte.

Vorzügliche Voraussetzungen

Ihr Schicksal: Die Appellation umfasst lediglich 950 Hektaren, gut sechs Prozent der gesamten Rebfläche des Landes. Die Voraussetzungen für den Rebbau sind freilich vorzüglich: Dank der Nähe zu den Seen ist das Klima in den Hanglagen gemässigt und gut durchlüftet. Dank der Sonneneinstrahlung reifen die Trauben perfekt aus – sofern das Wetter mitspielt.

Unterschiedliche Böden sorgen ebenso für Vielfalt wie die zahlreich angebauten Rebsorten. Total sind es mehr als 60 kultivierte Trauben, aber Pinot noir bei den Roten und Chasselas bei den Weissen geben den Ton an.

Daneben hegen und pflegen die gut 100 Produzenten der Drei-Seen-Region, mehrheitlich klein strukturierte Betriebe, bekannte Sorten wie Chardonnay und Spezialitäten wie Savagnin blanc.

Von der Qualität begeistert

Die Weine sind ausserhalb des Anbaugebiets relativ wenig bekannt, was sicher auch mit der geringen Produktion zusammenhängt. Wer sich indessen näher damit befasst, ist von der Qualität begeistert.

Für mich stammen einige der besten Weine der Schweiz aus der Drei-Seen-Region. Sie müssen sich weder von den Walliser, Waadtländern und Pinots noirs aus der Bündner Herrschaft verstecken. Dies zeigen unsere fünf Beispiele vom Neuenburger-, Bieler- und Murtensee.

1. Pinot noir Les Argiles 2019, Château d’Auvernier

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Der charaktervolle Lagenwein aus Neuenburg stammt aus der kleinen, gleichnamigen Parzelle in Auvernier. Er wird während zwei Jahren in sogenannten Piècen (Holzfässer mit 228 Litern Inhalt) ausgebaut, wovon zwei Drittel neu ist. Das Resultat ist ein aromatischer Wein mit vielfältigem Bouquet (rotfruchtig, würzig, dezente Röstnoten).

Im Gaumen präsentiert sich der Pinot noir stoffig, saftig, mit präsenten Tanninen, passender Säure sowie schöner Länge. Der lagerfähige Wein ist in der Schatzkammer des Mémoire des Vins Suisses vertreten (Preis: 59 Franken).

2. Savagnin blanc 2020, La Maison Carrée

Das Familienweingut La Maison Carree1

Die weisse Sorte war lange Zeit vor dem Chasselas am Neuenburgersee heimisch. Das traditionsreiche Familienweingut hat die alte Varietät wieder entdeckt – und entlockt ihr einen kräftigen, ausdrucksstarken Wein, der viele alle Gewächse der Maison Carrée im grossen Holzfass vinifiziert und ausgebaut wird.

Das weisse Gewächs überzeugt mit einem schönen Duft von weissen Pfirsichen, ist trocken, straff, animierend und langanhaltend. Die schöne Entdeckung passt zu Fischgerichten und pikanten Geflügel-Gerichten (Preis: 22 Franken).

3. Chasselas Clos l’Abbé 2021, Weingut Krebs-Steiner

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Andreas Krebs und Sabine Steiner haben ihre beiden Weingüter am Bielersee zusammengelegt. Dieses Beispiel ist eine vorzügliche Interpretation der bekanntesten weissen Sorte der Westschweiz.

Dieser Chasselas stammt aus einer Einzellage und überzeugt durch seine Geradlinigkeit und seinen Trinkfluss. Schönes, vielfältiges Bouquet von Zitrusfrüchten, leicht mineralisch, im Gaumen trocken, leicht, aber mit Druck, elegant, gute Säure, relativ langer, leicht salziger Abgang, ideal zum Apéro (Preis: 17 Franken).

4. Saint-Laurent 2019, Johanniterkeller

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Der kleine, feine Betrieb aus Twann ist im letzten Jahr zum «Weingut des Jahres» gekürt worden. Martin Hubacher und Michaela Gabriel produzieren eine Reihe verschiedener Weiss- und Rotweine.

Eine Spezialität ist der Saint-Laurent, eine rote Sorte, die ursprünglich aus Österreich stammt. Wenn alles stimmt, entstehen tolle, finessenreiche Weine. Das gilt für den 2019er, der jeweils 18 Monate im Barrique reift. Er präsentiert sich mit einem komplexen Bouquet von Wildkirschen, Holunder und dezenten Röstnoten. Mittelgewichtiger Körper, schöne Eleganz, reife Gerbstoffe und eine tolle Länge (Preis: 33 Franken).

5. Traminer 2020, Cru de l’Hôpital

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Die leicht erkennbare Sorte Traminer wird durch den typischen Rosenduft charakterisiert. Das biodynamisch arbeitende Gut am Murtensee macht wesentlich mehr daraus, wie der Beschreib zeigt: feine Nuancen von exotischen Früchten, filigran im Gaumen, konzentriert mit einem faszinierend langen Nachhall.

Zudem zeichnet sich der Weisswein, ebenfalls ein Mémoire-Wein, durch seine Langlebigkeit aus (Preis: 33 Franken).