Vor diesem Hintergrund befürchtet Günthardt, dass sich die europäischen Investmentbanken in China langfristig nicht halten können, weil ihnen schlicht die nötigen Mittel fehlen, um sich gegenüber der (über)mächtigen US-Konkurrenz zu behaupten und gleichzeitig mit den aufstrebenden China-Institute mitzuhalten. Die grossen Banken aus dem Reich der Mitte haben denn auch kein Liquiditätsproblem, da sie vom Staat strategisch gefördert werden und nötigenfalls auch gestützt würden.

Gute Chancen attestiert Günthardt indessen den Schweizer Banken in der Vermögensverwaltung. Da bestehe nach wie vor ein sehr grosses Bedürfnis nach schweizerischem Know-how, zumal viele chinesischen Unternehmer ihre Ertragsströme diversifizieren würden – sprich ins Ausland schaffen. In diesem Zusammenhang ist auch die starke Präsenz der UBS und der Credit Suisse in Singapur nachvollziehbar, gilt doch der südostasiatische Stadtstaat – wie die Schweiz in Europa – als sicherer Finanzplatz mit enormer Kompetenz.

Riesiger Nachholbedarf

Günthardt betont im Gespräch überdies, dass man in Europa und in den USA die wirtschaftliche Dynamik in Asien, namentlich in China, noch gar nicht richtig wahrhabe. Stattdessen würden nach wie vor viele falsche und oftmals negative Vorstellungen überwiegen, sagt der Banker, «in Asien selber spürt man diese Verunsicherung nicht.»

In den meisten Ländern herrsche Aufbruchstimmung, befeuert von einer stetig wachsenden Mittelklasse, die am zunehmenden Wohlstand teilhaben möchte. Dies gelte nicht nur für China, sondern beispielsweise auch für Vietnam (95 Millionen Einwohner) und Indonesien (300 Millionen Einwohner); beides demographisch junge Volkswirtschaften mit einer inzwischen relativ gut ausgebildeten Bevölkerung und einem riesigen Nachholbedarf.

Zwei Generationen übersprungen

Besonders was die technologischen Errungenschaften angeht. «In diesen Ländern werden zwei Generationen an Technik kurzerhand übersprungen», erklärt Günthardt und meint damit, dass die Leute von der Schreibmaschine aus den 1980er-Jahren direkt zum vielfältig einsetzbaren Handy (mit 4G-Leistung in Vietnam etwa) wechseln; Computer und Laptop überspringen sie.

Eine zentrale Rolle bei dieser Entwicklung spielen chinesische Konzerne wie Alibaba und Tencent, die sämtliche Dienstleistungen auf diesem Gebiet anbieten und so auch über enorme Kundendatenmengen verfügen. Unter diesen Prämissen glaubt Günthardt auch weniger, dass es Fintech-Firmen sein werden, die den Banken Konkurrenz machen, sondern grosse technologische Konzerne, die sowohl über die Daten als auch über die Schnittstellen und Distributionskanäle verfügen.

Unsichtbare Hand des Staats

Orchestriert wird der ganze Vormarsch der chinesischen (Finanz-)Wirtschaft von der «unsichtbaren Hand» des Staates. Dabei arbeiten die Behörden gezielt darauf hin, Know-how zu importieren und dieses dann weiterzuentwickeln und zu verbessern. «Im Gegensatz zu den USA, wo die Wirtschaftspolitik vor allem darauf abzielt, gute Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu schaffen, beruht die chinesische Wirtschaftspolitik darauf, Arbeitsgruppen mit den führenden Firmen (National Champions) zu unterhalten, die dafür sorgen, dass sich die verschiedenen Branchen dynamisch und nach den neusten Erkenntnissen und Möglichkeiten entwickeln.

So wächst eine Wirtschaftsmacht heran, die wichtige Impulse sowohl vom Staat als auch aus der Privatwirtschaft erhält und damit eine Grösse annimmt, die ihresgleichen sucht. Vor diesem Hintergrund ist Günthardt überzeugt, dass die Invasion chinesischer Firmen in Europa und die damit verbundenen Übernahmen noch eine Weile weitergehen werden.

Chinas Banken dereinst Retter in der Krise?

In asiatischen Finanzkreisen ist man sich gewiss, dass es in der nächsten grossen Finanzkrise die stabilen chinesischen Banken sein werden, die das Kapital stellen, um in Not gerade (westliche) Geldhäuser zu retten, und weniger arabische Investoren oder Staatsfonds, wie das in der jüngsten Vergangenheit der Fall war. Nun werden die Karten neu gemischt.

 

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