Ein kleiner Zürcher Vermögensverwalter sorgt in der Londoner Finanzbranche für Furore. Denn ausgerechnet mit Obligationen-Investments erzielt er im anhaltenden Tiefzinsumfeld überdurchschnittlich hohe Renditen. Das fällt auf in der City.

Die Londoner Finanzdaten-Gruppe «Citywire» ist voll des Lobes für die kleine Zürcher Firma Aquila Asset Management. Im Dreijahres-Vergleich habe das Unternehmen mit seinen Obligationen-Fonds (im Bereich «unconstrained», also ohne Einschränkungen) grosse Namen wie Legg Mason, Aegon oder Jupiter übertroffen, schreibt das Branchenorgan und stellt gleichzeitig fest, dass kaum jemand die Firma kenne.

Aquila Asset Management, das wie es der Name sagt, der gleichnamigen Dach-Gesellschaft Aquila angeschhlossen ist, wird vor allem von zwei langjährigen Portfolio-Managern vorangetrieben: Sales Bischofberger sowie Patrik Kauffmann. Letzterer erklärt im Interview mit finews.ch, weshalb der breite Bondmarkt seit langem unattaktiv sei, und weshalb es mit bestimmten Ansätzen über einen vernünftigen Anlagehorizont immer noch möglich sei, positive Erträge zu erwirtschaften.

Herr Kauffmann, kommt sie oder kommt sie nun nicht, die Zinswende?

In den vergangenen zehn Jahren hat der Markt mehrmals aufkeimende Inflation und Zinswenden erwartet. Wir lagen mit unserer persönlichen Meinung hierzu mindestens genauso oft falsch, wie alle anderen Marktteilnehmer. Daher liegen unseren Strategien keine Zinsmeinungen zu Grunde.

«Der breite Bondmarkt ist seit langem unattraktiv»

Wir fokussieren uns auf die Zinskurve der Schuldner. Je steiler diese ist, umso mehr Ertrag erwirtschaften wir für unsere Investoren durch den Fakt, dass kürzer laufende Anleihen weniger Rendite abwerfen als längere und wir somit neben Zinsen auch Kapitalgewinne durch den sogenannten «Roll-down» Effekt erwirtschaften.

Ist es überhaupt noch möglich, mit Obligationen in einer Welt staatlich vorgegebener (Negativ-)Zinsen eine Rendite zu erzielen?

Der breite Bondmarkt ist seit langem unattraktiv und viele Investoren meiden inzwischen Anleihen aufgrund der erwähnten Problematik. Selektiv hingegen gibt es im Anleihenmarkt viele Ineffizienzen.

Unser Prozess ist darauf ausgerichtet, diese zu finden und auszunutzen. Mit einem derartigen Ansatz ist es weiterhin möglich, über einen vernünftigen Anlagehorizont positive Erträge zu erwirtschaften.

Favorisieren Sie dabei bestimmte Regionen oder Sektoren?

Mit unserem Ansatz suchen wir Schuldner, die ein attraktives Rendite-/Risikoprofil aufweisen, unabhängig davon, in welchen Sektoren und Regionen diese sich befinden.

«Die strategische Asset Allokation wird selten angepasst»

Aufgrund von Portfoliokonstruktionsüberlegungen diversifizieren wir unsere Engagements über Länder, Sektoren und Ratings. Die grössten Dislokationen haben wir historisch (mit Ausnahme von März 2020) in Hochzins- und Schwellenländeranleihen (immer in Hartwährungen) gefunden.

Warum bleiben Obligationen selbst in der anhaltenden Tiefzins-Phase der zumeist grösste Anteil in den Portfolios?

Die strategische Asset Allokation wird selten angepasst. Wir sehen, dass der Anteil jedoch bei vielen Vermögensverwaltern rückläufig ist, zugunsten von Cash, Aktien oder Alternativen Anlagen.

Die grössten Akteure in diesem Bereich hingegen müssen weiterhin an ihren Quoten festhalten. Dies liegt am Aufbau unseres Finanzsystems mit vorgegebenen Eigenkapitalunterlegungen, welche nach der Finanzkrise 2008 verschärft worden sind.

Das Nachhaltigkeits-Thema hat auch bei festverzinslichen Anlagen Einzug gehalten.

Diese Entwicklung ist äusserst relevant für uns. ESG-Ratings sind inzwischen mit Kreditratings gleichzusetzen. Viele Investoren meiden Schuldner mit schlechtem ESG-Rating. Dadurch muss ein derartiger Emittent mehr Zins an seine Gläubiger zahlen. Dies ist ein identischer Mechanismus zum Kreditrating.

«So sind Kapitalgewinne zu erwirtschaften, da ein besseres ESG-Rating eine tiefere ESG-Prämie rechtfertigt»

Aufgrund dessen muss das Nachhaltigkeitsrating in den Anlageprozess einfliessen. Wie wir Emittenten suchen, welche Ihre Schulden abbauen und Ihre Kreditratings verbessern, suchen wir auch Gläubiger, welche Ihr ESG-Rating verbessern. So sind Kapitalgewinne zu erwirtschaften, da ein besseres ESG-Rating eine tiefere ESG-Prämie rechtfertigt.

Zudem ist aus unserer Sicht der Impact einen «grünen» Schuldner ins Portfolio zu legen geringer, als wenn auf das Management eines schlechten Schuldners Druck ausgeübt wird, damit dieser «grüner» respektive nachhaltiger wird.

Was halten Sie von der Emission von «Green Bonds»?

Wir betrachten dies als eine positive Entwicklung am Anleihenmarkt. Die Attraktivität hängt für uns ganz von dem Rendite/Risikoprofil derartiger Emissionen ab. Solche Anleihen eignen sich aus unserer Sicht für alle Investoren.

Was waren die Erfolgsfaktoren für Ihre Anlagestrategie in den vergangenen drei Jahren?

Die Suche nach Marktineffizienzen und Schuldner, welche der Markt aus verschiedenen Gründen risikoreicher betrachtet als wir und die anschliessende Normalisierung der Kurse.

Unser Fokus auf fundamental solide Schuldner, hat uns zudem in einem risikoadversen Umfeld wie 2020, mit vielen Umschuldungen und Restrukturierungen ermöglicht, das Jahr mit sehr guter Wertentwicklung für unsere Investoren abzuschliessen.

Auf welche Indikatoren oder Kennzahlen achten Sie für Ihre Obligationen-Investments?

Unsere Kreditanalyse auf Unternehmensebene fokussiert sich stark auf die Cashflow-Analyse und Schuldenstruktur. Wir modellieren auf Basis historischer Kennzahlen sowie der Management-Guidance die Entwicklung der Verschuldung, um herauszufinden, in welche Richtung sich die Kennzahlen und das Rating einer Unternehmensanleihe und somit deren Preis sich entwickeln werden.

«Wir sind eher «Buy- and Hold»-Investoren»

Bei Staatsanleihen schauen wir neben den klassischen Indikatoren, wie den Wachstumsprognosen, insbesondere auf die Verschuldung, die Zusammensetzung der Verschuldung, die Entwicklung der Verschuldung sowie den Finanzierungsbedarf des Landes in den kommenden Jahren. 

Ausserdem spielt die Zahlungsbilanz (Balance of Payments) eine wichtige Rolle.

Wie haben Sie sich auf das zweite Halbjahr 2021 ausgerichtet?

Wir sind eher «Buy- and Hold»-Investoren und machen in einem normalen Umfeld nur «kosmetische» Veränderungen auf Schuldner- oder Laufzeitebene.

Wir erachten unsere Schuldner und Kreditrisikoprämie weiterhin als attraktiv und freuen uns somit auf die Zinseinnahmen und Kapitalgewinne, welche wir fortlaufend für unsere Investoren erwirtschaften werden.

Die eingangs angesprochene Zinswende und die Inflationszahlen werden die Finanzmärkte sicherlich weiterhin beschäftigen und bewegen.


Der Obligationen-Spezialist Patrik Kauffmann ist seit gut zehn Jahren Portfolio Manager bei Aquila Asset Management. Zuvor war er drei Jahre Deputy Head Product Management bei der Bank Zweiplus gewesen. Nach seinen Studien an der European School of Business sowie an der Reims Management School führten ihn diverse Praktikumsstellen zunäachst zur AIG Private Bankk sowie zur HSBC Private Bank in Monaco.