Anders schenken mit der Banque CIC
Livia Moretti, CIC (Schweiz) verzichtet in diesem Jahr erstmals darauf, ihren Kundinnen und Kunden sowie ihren Geschäftspartnern Weihnachtsgeschenke zu überreichen. Warum?
Weil sich die Zeiten ändern, und damit auch die Art und Weise, wie wir Verantwortung übernehmen. Lange haben wir zum Jahresende materielle Geschenke verteilt, wie es die Tradition will. In diesem Jahr aber sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass es besser zu unserer Identität passt, dieses Geld in ein Bildungsprojekt von allgemeinem Interesse zu investieren, anstatt es für Vergängliches auszugeben. Der Verzicht auf klassische Geschenke bedeutet, dass wir zu dem stehen, was wir heute sind: eine Bank, die die Entwicklung der Gesellschaft auf breiter Ebene unterstützt.
In diesem Jahr haben wir das traditionelle Jahresendgeschenk also in eine Investition in die Bildung umgewandelt. Unsere Wahl ist dabei auf die Schweizerische Studienstiftung gefallen – eine Organisation, die leistungsstarke und engagierte Studierende fördert, indem sie ihnen bestmögliche Voraussetzungen bietet, um neue Ideen zu entwickeln und Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen.
Warum gerade diese Stiftung?
Weil sie all das verkörpert, was wir fördern möchten: Talent, Neugier, Kreativität, Leistungsbereitschaft und vielfältige Werdegänge. Die Schweizerische Studienstiftung betreut junge Talente, deren Persönlichkeit, Kreativität und intellektuelle Interessen auf zukünftige Spitzenleistungen quer durch alle Fachrichtungen (Naturwissenschaften, Kunst, Ingenieurwesen, Medizin, Philosophie, Wirtschaft, ...) schliessen lassen. Diese Entscheidung steht für unser Selbstverständnis als Bank, die lieber in die Zukunft investiert als in vergängliche Gegenstände. In diesem Jahr verschenken wir etwas Bleibendes, das der gesamten Gesellschaft einen Mehrwert bietet.
Diese Geste fügt sich in eine historische Tradition ein, auf die Sie sich gerne berufen ...
Ganz genau. Und es ist wichtig, dass wir uns diese Tradition immer vor Augen halten. Unsere Hauptaktionärin, die französische Crédit Mutuel Alliance Fédérale, führt das Erbe der von Friedrich Wilhelm Raiffeisen Ende des 19. Jahrhunderts gegründeten Genossenschaftsbanken unmittelbar fort. Für ihn und all seine Nachfolger hat eine Bank nur dann einen Sinn, wenn sie das Leben der Menschen konkret verbessert und sich als «Instrument» zur Stärkung der lokalen Wirtschaft sieht. Aus dieser Idee ist ein Bankenmodell entstanden, das wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und gesellschaftlichen Nutzen niemals gesondert, sondern stets als untrennbare Einheit betrachtet. Und dieses Modell tragen wir bis heute in unseren Genen. Es ist fester Bestandteil unserer DNA. Daher ist es nur folgerichtig, wenn wir in diesem Jahr statt in Geschenke in Bildung investieren. Indem wir die Talente von morgen fördern, bleiben wir diesem Gründergeist treu. Eine Geste wie diese sagt viel mehr als ein Geschenkkorb oder eine Flasche Champagner.
«In diesem Jahr verschenken wir etwas Bleibendes, das der gesamten Gesellschaft einen Mehrwert bietet.»
Wie wurde diese Entscheidung intern aufgenommen?
Sehr positiv! Das Geld, das zuvor für Geschenke ausgegeben wurde, fliesst nun in voller Höhe an die Schweizerische Studienstiftung. Unsere Mitarbeitenden wissen, dass sie sich damit an einem Projekt von nationaler Bedeutung beteiligen. Das empfinden sie als sehr motivierend. Und wie bereits erwähnt, verkörpert diese Geste eine ganz einfache, klare Aussage: Indem wir akademische Laufbahnen begleiten, fördern wir diejenigen, die die Schweiz von morgen gestalten werden.
Welche Philosophie steckt hinter Ihrer Entscheidung, «anders zu schenken»?
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm (lacht). Wobei ich mit «Stamm» unsere Gruppe meine, die vor zwei Jahren beschlossen hat, eine «gesellschaftliche Dividende» einzuführen – ein absolutes Novum in Frankreich. Die Dividende beläuft sich auf 15 % ihres jährlichen Nettoergebnisses, was im Jahr 2024 mehr als eine halbe Milliarde Euro ausmachte. Dieser Betrag fliesst in Umwelt-, soziale oder regionale Projekte, die unterschiedlichste Bereiche abdecken: von der Landwirtschaft über die Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen und den Zugang zur Gesundheitsversorgung für besonders Schutzbedürftige bis hin zu erneuerbaren Energien und zahllosen lokalen Initiativen, die einen direkten Bezug zu den Gegebenheiten vor Ort aufweisen. Diese gesellschaftliche Dividende, in die wir als Tochtergesellschaft der Gruppe ebenfalls einzahlen, steht für ein neues Verständnis von Teilhabe an der Wertschöpfung unserer Gruppe.
Unsere Entscheidung, statt in Geschenke in Bildung zu investieren, fügt sich also perfekt in diese Philosophie ein. Und zugleich bleiben wir dem Leitgedanken treu, den elsässische und baslerische Unternehmer Ende des 19. Jahrhunderts bei der Gründung von CIC (Schweiz) ausgegeben haben: Wir sind eine Bank im Dienste der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Region. Das ist kein abstraktes Konzept, sondern eine konkrete Verhaltensrichtlinie, die uns antreibt, bei jeder Handlung zu fragen: «Was geben wir der Gesellschaft für das Vertrauen, das sie in uns setzt, zurück?» Eine Frage, die wir uns Tag für Tag von Neuem stellen.
Sie sind offenbar der Meinung, dass sich der Einfluss einer Bank nicht nur in Zahlen bemisst, sondern auch in Handlungen, die tief in ihrer Realität verankerten sind?
Ganz genau. Eine Bank ist mehr als Soll und Haben, mehr als Kredite und Anlagen. Eine Bank ist eine Einrichtung, die kollektive Dynamiken lenken kann. In unserem Wirkungsbereich haben wir uns für kohärentes, konkretes und nachhaltiges Handeln entschieden. Wenn das Finanzwesen fest in der Gesellschaft verwurzelt ist, wenn es den Menschen, den Unternehmen und den Regionen dient, wird es zu einem echten Fortschrittsmotor. Eine Bank kann Projekte beschleunigen, in Zeiten der Unsicherheit stabilisieren und verlässlicher Partner für Familien und Unternehmen sein. Und in einem komplexen geopolitischen Umfeld wie dem aktuellen gewinnen diese Fähigkeiten noch weiter an Bedeutung. Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns weit mehr als nur Produkte: Sie erwarten Sinnhaftigkeit, Kohärenz und Vertrauen. Bildungsförderung, so wie wir sie derzeit betreiben, bedeutet also, dass wir die Zukunft des Landes aktiv mitgestalten, dass wir jungen Menschen die Möglichkeit geben, ihr Potenzial zu entfalten. Und davon profitieren wiederum Wirtschaft, Forschung und kulturelle Kreativität. Auf diese Weise wird ein positiver Kreislauf in Gang gesetzt.
«Wenn das Finanzwesen fest in der Gesellschaft verwurzelt ist, wenn es den Menschen, den Unternehmen und den Regionen dient, wird es zu einem echten Fortschrittsmotor.»
Ist diese Geste eine einmalige Aktion? Oder dürfen wir davon ausgehen, dass dieser Ansatz die klassischen Geschäftspraktiken dauerhaft ersetzt?
Mir ist wichtig, dass wir Kohärenz langfristig denken. Was wir in diesem Jahr tun, bildet die Grundlage für eine prinzipielle Richtungsentscheidung. Wir werden weiterhin nach sinnvollen Möglichkeiten suchen, wie wir die Früchte unserer Arbeit zugunsten der Schweizer Gesellschaft einsetzen können. Das kann ein Engagement im Bildungsbereich sein wie in diesem Jahr, aber genauso gut kommen für uns Initiativen in den Bereichen Innovation, Nachhaltigkeit, Kultur oder Inklusion in Frage. Was für uns zählt, ist, dass unser Handeln sinnstiftend ist und einen Mehrwert für die Allgemeinheit schafft.
Lässt sich dieses erste Weihnachten ohne physisches Geschenk in einem Satz zusammenfassen?
Ich würde es so formulieren: In diesem Jahr liegt unter unserem Tannenbaum keine glänzende Verpackung, sondern ein schlichter Umschlag, der nicht weniger als ein Zukunftsversprechen enthält.
Zum Abschluss dieses Interviews noch ein kurzes Schlusswort?
Ein frohes Weihnachtsfest! Und vor allem: Danke! Danke an unsere Kundinnen und Kunden, an unsere Partnerinnen und Partner! Ihr Vertrauen ist es, das uns die Motivation gibt, diesen Weg weiterzugehen. Wir wollen – heute wie auch in Zukunft – eine Bank sein, die sich für diejenigen einsetzt, die die Schweiz von morgen gestalten werden. / rty














