Stephan Surber, der bei Page Executive die Suche nach Finanzkadern in der Schweiz leitet, warnt vor einer Lohnschere im Banking. Derweil sei das Bankfach für Berufseinsteiger nicht mal mehr die dritte Wahl, sagt der Headhunter zu finews.ch.


Herr Surber, die Bayerische Landesbank hat jüngst in einer viel beachteten Kampagne Kinder zu ihren Traumberufen befragt – wobei das Bankfach nicht gut wegkam. Treffen Sie das in Ihrer Praxis als Headhunter noch an: Junge, die vom Banking träumen?

Eher das Gegenteil ist der Fall. Bei Uniabgängern etwa ist der Beruf Banker nicht mehr erste Wahl – nicht mal dritte oder vierte. Als ich vor vierzehn Jahren das Metier verliess, führte das Bankfach noch die Wunschliste an. Technologie, nachhaltige Industrien und Unternehmertum ziehen heutzutage Berufseinsteiger viel stärker in Bann. Zudem: Die junge Generation verlangt viel mehr nach Sinnhaftigkeit im Beruf.

Banking ist sinnlos?

Natürlich nicht. Aber es ist schon problematisch, dass die Banken seit 2007 viele Negativ-Schlagzeilen machten. Die Jungen sind mit der schlechten Presse aufgewachsen. Das wirkt jetzt nach. Dass im Swiss Banking in den letzten Jahren unter dem Strich Stellen weggefallen sind, wirkt ebenfalls eher abschreckend.

Da müssten die Bankhäuser doch alles unternehmen, um bei den Jungen wieder zu punkten, oder?

Tatsächlich unternehmen Banken einige Anstrengungen, Berufseinsteigern etwa mit flexibleren Arbeitszeiten entgegenzukommen. Gerade in der Vermögensberatung sind aber weiterhin lange Präsenzzeiten gefordert – und zudem haben die laufenden Sparprogramme auch Folgen für die Trainee-Programme.

Welche denn?

Die grossen Häuser haben die Praktika aus Kostengründen abgekürzt und die attraktive internationale Rotation – etwa der Aufenthalt in London, New York oder Hongkong – extrem zurückgestutzt. Stattdessen wird versucht, jüngere Mitarbeitende möglichst rasch an der Front einzusetzen.

«Gewinner sind die Frontleute, die aktiv Geschäft für die Bank generieren»

Aber ich würde die Problematik nicht nur bei den Banken suchen...

Sondern?

Wir stellen generell fest, dass die Kandidaten im jüngeren Segment heute viel kurzfristiger orientiert sind. Man gibt einer Industrie oftmals ein zwei bis drei Jahre. Wer bis dahin nicht die gewünschte Karriere gemacht hat oder nicht mehr dazulernt, sucht schnell weiter.

Was das Banking anderen Industrien weiterhin voraus hat, ist die überdurchschnittlich gute Entlöhnung. In einer Studie kam Michael Page unlängst zum Schluss, dass die Vergütungen fürs Bankkader hierzulande insgesamt kaum unter Druck sind. Wie kommt das?

Es gilt hier zu bedenken: Die Bankerlöhne haben sich differenziert. Im Management ist die Vergütung immer noch sehr hoch. Im mittleren Kader hingegen wurde insbesondere der Bonus zurückgenommen und viel stärker an die Performance geknüpft. Heute kann ab einem gewissen Rang nicht mehr mit einem bestimmten Lohn gerechnet werden – alles ist viel volatiler geworden. Gewinner dieser Entwicklung sind die Frontleute, die aktiv Geschäft für die Bank generieren.

Am Vorwurf von Bankangestellten, dass ihre Löhne sinken, während die Chefs weiterhin Millionen garnieren, ist also etwas dran?

Generell öffnet sich eine Lohnschere zwischen internationalem Top-Management und dem grossen Rest der Belegschaft. Das ist keine gute Entwicklung. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung wird zu wenig beachtet, dass Banking nicht gleich Banking ist – und deshalb auch andere Faktoren für die Entlöhnung gelten.

Das heisst?

Für Posten, die dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, werden in der Regel höhere Saläre bezahlt. Ich leite auch das globale Finanzsegment von Page Executive. Und dort beobachte ich, dass unsere international tätigen Banker im Vergleich zu London oder anderen grossen Finanzplätzen nicht überbezahlt werden. Wir wollen Topleute auch in die Schweiz holen, und dabei ist die Entlöhnung ein Faktor.

Aber die Banken haben doch ein Kostenproblem, und die Kritik an den Chefsalären nimmt zu. Nehmen die Geldhäuser das einfach in Kauf?

Ich sehe in den Top-Positionen keine Veränderungen.

«Gut ausgebildete Private Banker sind weiterhin sehr gesucht in der Schweiz»

Aber auch dort spielt die Performance-Komponente mittlerweile eine grössere Rolle. So kann es vorkommen, das Managing Directors beim Bonus fast eine Nullrunde erleben. Das gab es vorher nie.

Also kein Grund zur Aufregung über Bankerboni?

Die Leistung wird mehr berücksichtigt. Das ist eine sinnvolle Entwicklung. Interessanterweise sind Performance-Modelle gerade auch bei unabhängigen Vermögensverwaltern zunehmend verbreitet, wo die Top-Performer bis zur Hälfte des Umsatzes behalten. Das macht dieses Segment auch für Kundenberater attraktiv. Entsprechend gefragt sind gute Vermögensverwalter.

Wer kann im Swiss Banking sonst noch mit Top-Löhnen rechnen?