Das Top-Management der UBS hat nach der Beilegung des jüngsten Betrugsskandals seine Nulltoleranz gegenüber jeglichem Fehlverhalten innerhalb der Bank bekräftigt. Es ist aber zweifelhaft, ob sich dieses Prinzip durchsetzen lässt, wie ein Branchenreport zeigt. In manchen Banken werden Mitarbeiter nämlich dazu angehalten, Schweigeklauseln zu unterschreiben.

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Mit Bussgeldern von mehr als einer halben Milliarde Dollar für die Manipulation von Devisenkursen und des Libor-Zinssatzes ist die Schweizer Grossbank UBS – entgegen allen Prognosen – relativ glimpflich davongekommen. UBS-Präsident Axel Weber sowie CEO Sergio Ermotti gaben denn auch ihrer Erleichterung am Mittwoch Ausdruck.

Gleichzeitig bekräftigten die beiden Manager aber auch, woher der Wind seit einigen Jahren in der UBS weht: Die Bank will gegen Mitarbeiter, die sich unethisch oder betrügerisch verhalten, kompromisslos vorgehen und derlei Vorkommnisse den Behörden melden. «Unser Vorgehen unterstreicht unsere Nulltoleranz gegenüber Fehlverhalten und unser Bestreben, die richtige Kultur in unserer Branche zu fördern», gaben Weber und Ermotti zu Protokoll.

Nur hohle Worthülsen?

Das sind klare Worte und hehre Absichten – die nicht nur in der UBS gelten. Auch die Lokalkonkurrentin Credit Suisse sowie die Deutsche Bank oder die britischen Institute und amerikanischen Wall-Street-Häuser – sie alle plädieren für einen kulturellen Wandel im Banking und haben im Sinne der erwähnten Nulltoleranz ihre internen Compliance-Abteilungen massiv aufgestockt.

Doch was eine Studie der amerikanischen Anwaltskanzlei Labaton Sucharow und des Mendoza College of Business in Notre Dame, Indiana, nun enthüllt, lässt diese Bekenntnisse als hohle Worthülsen erscheinen. Denn die Autoren beschreiben den Zustand in den grossen Bankhäusern sieben Jahre nach der grossen Krise als «alarmierend». Die Branche insgesamt befinde sich «am Abgrund», heisst es weiter.

Ein niederschmetterndes Urteil

Grund für dieses niederschmetternde Urteil sind die Resultate einer Umfrage bei mehr als 1'200 Investmentbankern, Brokern, Portofolio-Managern und so genannten «Risk Takern» in den USA und in Grossbritannien.

Einige Kostproben: 34 Prozent der Befragen, die mehr als 500'000 Dollar pro Jahr verdienen, waren gemäss der Studie schon Zeugen oder sind Mitwisser von Fehlverhalten am Arbeitsplatz. 25 Prozent würden Insider-Informationen ausnützen, sofern sie garantiert 10 Millionen Dollar dabei machten – und kein Risiko bestünde erwischt zu werden.

Von Zeit zu Zeit Grenzen überschreiten

Annähernd die Hälfte aller Befragten hält es für wahrscheinlich, dass Mitbewerber sich unethisch verhalten oder sogar gegen Gesetze verstossen. Rund ein Viertel glaubt, dass Kollegen oder Mitarbeiter gewisse ethische oder legale Grenzen überschreiten, um besser dazustehen. Jeder Fünfte glaubt, dass Angestellte von Zeit zu Zeit solche Grenzen überschreiten müssten, um erfolgreich zu sein.

Dieser letzte Punkt hat es in sich. Er birgt diesen inhärenten Widerspruch, der zwischen der Nulltoleranz-Politik und den Anreizsystemen innerhalb der Banken besteht. Das kommt auch bei der Aussage in der Studie zum Ausdruck, wonach 27 Prozent der Befragten fanden, dass die Branche nicht immer die Interessen der Kunden in den Vordergrund stelle. Wenn man nur Leute befragt, die mehr als eine halbe Million Dollar im Jahr verdienen, dann sind es sogar 38 Prozent, die dieser Überzeugung sind.

Vertraulichkeitserklärungen verlangt

Das alles hängt dem weiteren Vernehmen nach eindeutig mit der Bonus-Politik in diesen Häusern zusammen, die in vielen Fällen die Mitarbeiter dazu verleite, bei ihrem ethischen Verhalten Kompromisse zu machen oder gar die Gesetze zu brechen.

In manchen Fällen werden Mitarbeiter offenbar sogar dazu angehalten, eine Vertraulichkeitserklärung zu unterschreiben, die es ihnen untersagt, illegale Machenschaften den Vorgesetzten zu melden oder unethisches Verhalten den Aufsichtsbehörden zu rapportieren. Damit relativiert sich die von den verschiedenen Grossbanken propagierte Nulltoleranz-Politik vollends.

Negative Folgen befürchtet

Und knapp 20 Prozent der befragten Banker sind denn auch der Überzeugung, dass eine Verdachtsmeldung negative Auswirkungen auf ihren Job hätte. In Grossbritannien sind es sogar 24 Prozent der Banker, die diese Meinung teilen.

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