Die erste Fintech-Welle gestaltet inbesondere Finanzprozesse effizienter und billiger. Aber erst die zweite Fintech-Welle wird für Banken wirklich gefährlich werden.

Von Reto Schnyder, Managing Partner, Break Through Ventures

Durch die Digitalisierung können Bankdienstleistungen zu einem Bruchteil der Kosten angeboten werden. Digitale Fremdwährungsanbieter wie Currency Cloud oder Transfer Wise bieten Konditionen, mit welchen kaum eine Bank mithalten kann.

Simple oder Number 26 bieten Mobile-Banking völlig umsonst an. Bei Robinhood können Anleger gebühren- und kommissionsfrei handeln. Robo-Advisors wie Betterment oder Wealthfront ermöglichen Kleinanlegern überdurchschnittliche Renditen, bei minimalen Kosten.

Bankdienstleistungen zum Nulltarif

Fairr bietet absolut wettbewerbsfähige Vorsorgelösungen zu äusserst günstigen Konditionen. Peer2Peer Lending Plattformen, wie Lending Club oder Prosper, schalten die Banken als Mittelsmann zwischen Kreditnehmer und Anleger aus und können somit attraktivere Konditionen anbieten.

Dies sind nur einige Beispiele, wie die Kosten für Kunden von Bankdienstleistungen durch die Digitalisierung gesenkt werden können – bis es nicht mehr günstiger geht, weil gratis.

Die Einwände gegen diese Entwicklung, wie: persönliche Beratung ist nicht zu ersetzen, oder: Kunden werde immer eine Bankfiliale brauchen, sind so zahlreich wie die oben genannten Beispiele.

Effizientere Technologie setzt sich immer durch

Diese Einwände mögen vielleicht noch im Hier und Heute zutreffen, aber morgen sind sie nicht mehr relevant. Das war bereits bei der Ablösung der Öllampe durch die Glühbirne und beim Mobiltelefon so. Auf lange Sicht setzt sich die effizientere Technologie durch. Immer!

Diese erste Fintech-Welle steht ganz im Zeichen dieser Effizienz – und sie wird sich nicht aufhalten lassen. Schlussendlich wird alles, was sich in einem Prozess abbilden lässt, digitalisiert werden. Dies betrifft nicht nur Retailbanking, sondern alle Standard-Bankdienstleitungen. Die Kosten für die Kunden werden implodieren.

Die Folge: Banken verdienen kein Geld mehr

Die Folge ist, dass klassisch aufgestellte Banken, mit entsprechend hohen Fixkosten, kein Geld mehr mit Standard-Bankdienstleistungen verdienen werden. Diese Banken werden nicht von heute auf morgen verschwinden.

Die Kunden, besonders in der Schweiz, sind träge. Es wird also vielmehr ein stetiger, aber kaum aufzuhaltender Abfluss von Kunden geben. Was dann üblicherweise folgt, sind Sparübungen und Gebührenerhöhungen, was wiederum den Kundenabfluss beschleunigen wird.

Für Banken, die den digitalen Anschluss verpassen, wird dies zum Teufelskreis. Die zentrale Frage für Banken und Finanzdienstleister ist also:
Wie verdienen Banken Geld, wenn mit Standard-Bankdienstleistungen nichts mehr zu holen ist?

Die Lösung: Mehrwert für Kunden schaffen

Die Antwort darauf liefert vielleicht die zweite Fintech-Welle. Dabei geht es weniger um die Minimierung der Kosten, sondern um die Maximierung des Mehrwerts für den Kunden.

Ein gutes Beispiel dafür ist Zenefits, das schnellst wachsende Unternehmen im Silicon Valley 2015. Zenefits ist eine All-in-One-Plattform für den Personalbereich. Sie speichert die Mitarbeiterdaten, erfasst Arbeitszeiten und Ferien, automatisiert Lohnabrechnungen, organisiert den Rekrutierungsprozess und ermöglicht ein einfaches Onboarding.

Kunden haben Zahlungsbereitschaft

Kurz: Es ist eine Cloud-Lösung, welche KMU administrativ entlastet und somit einen grossen Mehrwert bietet – und dies vollkommen kostenlos. Im Gegensatz dazu ist Learnvest, ein Online-Finanzplanungstool für Durschnittsverdiener, alles andere als gratis. Das Set-Up kostet 250 Dollar und danach 19 Dollar jeden Monat.

Ein gutes Beispiel dafür, dass der Kunde für einen echten Mehrwert auch bereit ist, etwas zu zahlen. Denn Learnvest hat in kurzer Zeit 1,5 Millionen Nutzer registriert.

Ein weiteres Beispiel ist Osper. Eine digitale Lösung, speziell zugeschnitten auf Kinder und Jugendliche, welches das klassische Jugendsparkonto ganz schön alt aussehen lässt.

Gefragt sind spezifische Lösungen

Diese Beispiele machen klar, dass Banken ihren Kunden Mehrwerte weit über das klassische Banking hinaus bieten müssen. Dies ist der einzige Weg, um auch in Zukunft profitabel zu sein.

Wer echte und relevante Mehrwerte bieten will, kommt nicht darum herum dies spezifisch zu tun. Simple One-Size-Fit-All-Lösungen werden nicht funktionieren. Wer jedoch den Aufwand auf sich nimmt, spezifische Lösungen mit grossem Mehrwert zu entwickeln, wird profitabel und überproportional wachsen können.


Reto Schnyder ist Managing Partner bei Break Through Ventures, einer Managementberatungsfirma mit Sitz in Basel. Er beschäftigt sich seit 2002 ausschliesslich mit Innovationen und berät Kunden bei ihren Innovationsprojekten.

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