Dauernd ist von Konsolidierung in der Schweizer Bankenszene die Rede. Dabei seien Übernahmen derzeit gar nicht möglich, sagt der M&A-Spezialist Ray Soudah. Es herrsche vielmehr ein grosses «Durcheinander» von «brauchbaren und unbrauchbaren» Kunden.

Ray Soudah (Bild), Chef des Zürcher Beratungsunternehmens Millenium Associates, steht sozusagen mitten im Auge des Hurrikans, der durch die Schweizer Bankenszene wirbelt.

Nachdem der Sturm die alten Geschäftsmodelle weggefegt hat, ist nun dauernd von der Konsolidierung in der Branche die Rede, bisweilen sogar von einem Bankensterben. Doch im Gespräch mit finews.ch beurteilt Soudah die aktuelle Situation ganz anders: «Ich würde eher von einem ganz grossen Durcheinander sprechen.»

Dieses «Durcheinander», so Soudah weiter, habe seinen Ursprung im Offshore-Geschäft, das viele Banken nicht mehr oder nur noch in ganz bestimmten Märkten betreiben würden. Jüngstes Beispiel: Die Zürcher Kantonalbank, die nur noch Kunden aus einer begrenzten Anzahl Länder behalten und die restliche Klientel möglichst rasch los werden will.

Brauchbare und unbrauchbare Kunden

Soudah beobachtet diesen Selektionsprozess in der Schweizer Privatbankenszene genau. Praktisch jedes Institut sei daran, seine Offshore-Märkte und jene Kundenprofile zu definieren, die künftig noch bedient werden könnten.

«Die Banken unterscheiden zurzeit zwischen brauchbaren und unbrauchbaren Kunden. Und die unbrauchbaren wollen sie so rasch es geht los werden», sagt Soudah nüchtern. Dazu zählten bisweilen sogar steuerkonforme Klienten oder solche, die es bald sein werden.

Kundengelder in Milliardenhöhe auf dem Markt

Die Folge davon sei, dass Hunderttausende von Kunden quasi vor die Tür gestellt würden. Soudah schätzt, dass mehrere hundert Milliarden Franken an Kundengeldern aus aller Herren Länder im Prinzip auf dem Markt seien und eine neue Heimat suchten.

Diese Gelder liessen sich jedoch nicht «kaufen», selbst wenn sie «compliant» seien, betont Soudah. Denn hier gehe es nicht um Portfolios oder ganze Banken, sondern um einzelne Kunden, von denen niemand wissen könne, zu welchem Institut sie theoretisch passen würden.

So zieht Soudah derzeit folgendes Fazit: «Die Konsolidierung findet gar nicht statt.» Klassische Übernahmen oder auch nur der Kauf von Portfolios seien derzeit gar nicht möglich. Stattdessen müssten die Banken weiter mit einer sinkenden Profitabilität kämpfen.

Überraschung für Julius Bär

Übernahmemöglichkeiten sieht Soudah allenfalls noch in jenem internationalen Bereich, in dem Julius Bär mit dem internationalen Geschäft von Merrill Lynch aktiv war. Doch gerade an diesem Beispiel manifestiert sich laut Soudah ein weiteres Problem: «Die Kundenorientierung ist verloren gegangen.»

Die Reaktion zeigt sich am Beispiel Julius Bär: Die Kunden bleiben nicht allesamt bei ihrer «neuen» Bank. So musste Julius Bär bereits einräumen, dass offenbar deutlich mehr Merrill-Lynch-Kunden nicht wechselwillig seien wie ursprünglich angenommen.

Auf die Frage nach Lösungen im Durcheinander auf dem Bankenplatz bleibt der CEO von Millenium Associates indessen vage. «Wir haben alternative Lösungen bei der Hand», sagt er lediglich.


Ray Soudah 180Ray Soudah zählt zu den vielseitigsten Bankexperten, die aus der Schweiz heraus tätig sind. Der gebürtige Zypriote absolvierte die Harvard Business School sowie die französische Business-Schule Cedep, bevor er Anfang der siebziger Jahre eine steile Karriere in der Finanzwelt einschlug. Er hatte leitende Funktionen bei der Citigroup und Montagu inne.

Von 1998 bis 2000 arbeitete Soudah als Managing Director im UBS Private Banking. Dort gründete und leitete er das Team für strategische Unternehmensakquisitionen und war dabei Mitglied des Executive Board der Private-Banking-Sparte.

Im Mai 2000 machte sich Soudah selbständig und gründete die Millenium Associates, ein Beratungsunternehmen für M&A-Aktivitäten auf globaler Ebene.

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