Was heute in der Finanzbranche gilt, gilt vielleicht schon morgen nicht mehr. Das sagt der Schweizer Finanzprofessor Christoph Lengwiler und warnt die Banken davor, aus kurzfristigen Kostenüberlegungen die Aus- und Weiterbildungsbudgets zu kürzen. 

Herr Professor Lengwiler, warum ist permanente Weiterbildung in der Bankbranche so wichtig?

Bei der Dynamik, welche die Finanzdienstleistungsbranche heute erlebt, ist eine kontinuierliche Weiterbildung unerlässlich. Was heute gilt, gilt vielleicht schon morgen nicht mehr.

Durch eine gezielte Weiterbildung können Fach- und Führungskräfte aktuelles Wissen aufdatieren. Zweckmässige Weiterbildungen sind oftmals auch wertvolle Wegbereiter für die Karriere im Banking.

Gibt es so etwas wie eine Anleitung, einen Plan, um sich in der Bankbranche aus- und weiterzubilden?

Eigentlich nicht. Der Abschluss eines Bachelors und anschliessend eines Masters sind eine wertvolle Basis für viele Jobs. Danach macht es Sinn, je nach Tätigkeitsbereich fachliche Weiterbildungen zu planen und auch Führungsausbildungen in Betracht zu ziehen.

«Die UBS-Norm gewinnt an Bedeutung»

Bedeutung haben heute natürlich auch interne Zertifizierungen, welche die Banken insbesondere für ihre Kundenbetreuer zwingend verlangen.

Die Aus- und Weiterbildungsangebote für Bankleute sind inzwischen sehr gross. Welche Trends stellen Sie fest?

Zum einen haben im Hinblick auf die notwendigen Zertifizierungen interne Schulungen, Weiterbildungen und Prüfungen an Bedeutung gewonnen. Bei der Zertifizierung von Kundenbetreuern gewinnt die von der UBS initiierte Norm ISO 17024 an Bedeutung.

Im Trend sind auch Kooperationen von grösseren Banken oder Bankengruppen mit Hochschulen, welche massgeschneiderte Weiterbildungsangebote zu vertretbaren Kosten ermöglichen.

«Es wird zunehmend schwierig, den Überblick zu bewahren»

Es zeichnet sich zudem ein Trend zu modularen Weiterbildungen und zu relativ kurzen Lehrgängen ab. Bei den Anbietern von Weiterbildungen zeigt sich ein gewisses Überangebot, und es ist zunehmend schwierig, den Überblick zu bewahren, um die geeigneten Weiterbildungsangebote zu finden.

Welche Chancen geben Sie dem E-Learning, also der Ausbildung, die online erfolgt?

E-Learning oder Blended Learning sind im Trend. Für klassische Fachausbildung eignen sich Online-Kurse und Lehrgänge. Für das Selbststudium kommen vermehrt auch Podcasts und andere elektronische Medien zum Einsatz.

«Präsenzunterricht ist verpflichtender»

Allerdings darf man den Wert von Präsenzunterricht nicht unterschätzen. Präsenzunterricht ist auf eine Art verpflichtender als ein virtuelles Studium und die soziale Interaktion mit den Studierenden und den Dozierenden schafft einen grossen persönlichen Nutzen. Deshalb setzen wir an der Hochschule Luzern nach wie vor stark auf den Unterricht in Klassen von 15 bis 30 Personen.

In der Bankbranche ist die Digitalisierung derzeit das grosse Thema. Inwiefern finden diese Aspekte in der Ausbildung ihren Niederschlag?

Wir beschäftigen uns in der Forschung bereits intensiv mit den Möglichkeiten der Digitalisierung sowie mit der Fintech-Branche sowie mit den entstehenden neuen Geschäftsmodellen. Wir sorgen mit spezifischen Seminaren und Konferenzen für einen Wissenstransfer und ermöglichen Diskussionen zwischen Wissenschaft und Praxis.

«Die Banken müssen tatsächlich laufend ihre Kosten senken»

Selbstverständlich fliessen diese Themen dann auch in die Weiterbildungs-Lehrgänge an unserem Institut mit ein. Unser Ziel ist es ja, den Teilnehmern die Fähigkeit zu geben, die absehbaren Entwicklungen einschätzen zu können und die Erkenntnisse in die Lösung ihrer betrieblichen Probleme einfliessen zu lassen.

Viele Banken stehen weiterhin unter einem Kostendruck. Besteht damit nicht die Gefahr, dass die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeiter gekürzt werden? Spüren Sie das?

Die Banken müssen tatsächlich laufend ihre Kosten senken. Häufig ist die Kürzung der Weiterbildungs-Budgets eine Massnahme, die kurzfristig rasch Erfolg verspricht. Allerdings sind sich die Banken durchaus bewusst, wie wichtig die Qualität ihrer Mitarbeitenden ist. Ebenso wissen sie, dass sie Personalabgänge riskieren, wenn sie den Mitarbeitenden Weiterbildungen verweigern.

«Die Interaktion mit den Kunden stellt neue Ansprüche auch an die Ausbildung»

Entsprechend herrscht bei den Banken nach wie vor eine stark verankerte Aus- und Weiterbildungskultur. Der Kostendruck führt aber dazu, dass Prioritäten gesetzt, die Weiterbildungs-Bedürfnisse genauer geklärt, massgeschneiderte Weiterbildungen bevorzugt und die Kooperation mit externen Anbietern gesucht werden.

Welche Themen werden in den nächsten fünf Jahren in der Aus- und Weiterbildung im Bankwesen an Bedeutung gewinnen?

Ich gehe davon aus, dass nebst fundiertem Fach- und Produktewissen vor allem das Customer Relationship Management hohe Bedeutung haben wird. Die sich aktuell abzeichnenden Veränderungen in den Geschäftsmodellen und Geschäftsprozessen (Multichannelling, Digitalisierung) werden neue Ansprüche an die Interaktion mit den Kunden stellen.

Ebenso werden Themen rund um das Risk Management und das Compliance Management weiterhin grosse Bedeutung haben.


Der 1959 geborene Christoph Lengwiler studierte von 1979 bis 1984 Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Universität Zürich. Nach seinem Abschluss war er Assistent am Institut für schweizerisches Bankwesen der Universität Zürich. Im Jahr 1987 promovierte er in Zürich mit einer Arbeit über Kooperation von Banken. Seit 1987 ist er Dozent respektive Professor an der Hochschule Luzern (HSLU).

Von 1992 bis 1997 war er stellvertretender Leiter des Institut für Betriebs- und Regionalökonomie (IBR) der HSLU, seit 1997 leitet er das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der HSLU in Zug. Seit 2001 ist er Mitglied des Verwaltungsrats der Luzerner Kantonalbank und seit 2011 ist er Vizepräsident des Verwaltungsrates. Lengwiler ist Mitglied der CVP. Am 18. April 2012 wurde er vom Schweizer Bundesrat in den 11-köpfigen Bankrat der Schweizerischen Nationalbank (SNB) berufen.

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