Herbert_Braendli_qNeue Rechnungslegungs-Standards beruhen auf falschen Annahmen und ruinieren die betriebliche Altersvorsorge, schreibt Herbert Brändli.

Herbert Brändli ist Gründer und Verwaltungsratspräsident der B+B Vorsorge. Er schreibt regelmässig für finews.ch.

Der Gedanke, während dem Berufsleben für die Zeit danach Vorsorge zu betreiben, hat lange Tradition. Die Wurzeln der Pensionskassen reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück.

Im Jahr 1775 gewährte Friedrich der Grosse in Deutschland mit einer Staatsgarantie den Pens onskassen Insolvenzschutz bei Zahlungsunfähigkeit und 1891 erfolgte durch Bismark eine gesetzliche Regelung. Sie bildet die Grundlage des Rechtsverständnisses, dass Arbeitnehmer gegenüber Pensionskassen einen unmittelbaren Leistungsanspruch haben, ohne subsidiäre Erfüllungspflicht durch die Arbeitgeber.

Auf dem Prinzp der Gleichwertigkeit

In der Schweiz wurden vor über hundert Jahren in der Maschinenindustrie die ersten Pensionskassen gegründet. Sie beruhten noch auf dem Fürsorgegedanken der Arbeitgeber und Beitritte waren freiwillig.

Mit der Verankerung in der Verfassung 1972 wurden für betriebliche Vorsorgeeinrichtungen unter staatlicher Aufsicht neue Strukturen und Sicherheiten gefördert. Der Vermögensaufbau in Pensionskassen erfolgte fortan nach dem Äquivalenzprinzip und beruhte auf der Gleichwertigkeit von Vermögen, Beitrags- und Leistungsversprechen.

Vom Fürsorge- zum Vorsorgegedanken

Als dann 1985 die betriebliche Vorsorge obligatorisch erklärt und mit minimalen Leistungszielen versehen wurde, wich der Fürsorgegedanken der Arbeitgeber definitiv dem Vorsorgegedanken der Arbeitnehmer.

Das BVG trennt die Verpflichtungen der Sozialpartner (Überweisung von Vorsorgebeiträgen) klar von den Ansprüchen gegenüber Pensionskassen (Bezahlen der Vorsorgeleistungen). Vorsorgeeinrichtungen garantieren allein für ihre Leistungsversprechen und müssen sich entsprechend organisieren, finanzieren und absichern.

Spezielle Regelungen

Im Hinblick auf selbst verschuldete Zahlungsunfähigkeit alimentieren sie einen eigenen Sicher-heitsfonds, der auch einspringt, wenn Arbeitgeber, beispielsweise wegen Konkurs, ihre Beiträge schuldig bleiben. Dieses System garantiert momentan Pensionskassenleistungen bis zur Lohngrenze von 123'120 Franken.

Spezielle Regelungen gelten für öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtungen und Durchgangsstiftungen von Versicherungsgesellschaften. Erstere dürfen vom Äquivalenzprinzip abweichen und an Stelle der notwendigen Beitragszahlungen Garantieversprechen von Bund, Kantonen oder Gemeinden entgegennehmen.

Unerwünschtes Gegenparteienrisiko

Mit der Entlastung der Sozialpartner von Beiträgen wird die Leistungserfüllungspflicht von der Vorsorgeeinrichtung auf den Steuerzahler übertragen. Durchgangsstiftungen handeln sich mit der Investition ihres gesamten Vermögens in Vollversicherungen ein unerwünschtes Gegenparteirisiko ein, übergeben aber dafür auch die volle Leistungserfüllungspflicht.

Und da der Staat seine verhätschelten Lebensversicherer mit ihren Pensionsverpflichtungen kaum fallen lässt, garantieren faktisch die Steuerzahler.

Neue Standards werden belasten

Die internationale Rechnungslegung trägt dieser klaren Trennung von Sicherheiten und Verantwortlichkeiten zwischen Unternehmen und Vorsorgeeinrichtungen keine Rechnung. Neue Bilanzierungsregeln belasten ab 2013 in Europa und der Schweiz, wo für Konzernabschlüsse vermehrt die International Financial Reporting Standards (IFRS) angewendet werden, bisher ausgenommene Vorsorgeverpflichtungen dem Eigenkapital der Unternehmen.

Versicherungsmathematische Gewinne und Verluste von leistungsorientierten Vorsorgeeinrich-tungen, wie im BVG, müssen dann ergebniswirksam verbucht und dem Eigenkapital verrechnet werden.

Nivellierung nach unten

Ziel ist eine Verbesserung der Finanzberichte von Firmen mittels Schaffung von Transparenz über Vorsorgeverpflichtungen und deren Einfluss auf die Bilanz, Erfolgs- und Kapitalflussrechnung. Resultat ist ein falsches Bild.

Trotz unveränderten Beitragsverpflichtungen wird sich das Eigenkapital ständig verändern. Betroffene werden darum versuchen, nach versicherungsmathematischen Verlusten der Pensionskasse, die Vorsorgeleistungen zu reduzieren, um ihr Eigenkapital zu schonen. Umgekehrt werden sie nach versicherungsmathematischen Gewinnen tendenziell die Beiträge reduzieren, um die Erfolgsrechnung zu schonen.

So oder so werden die neuen Rechnungslegungsstandards die betriebliche Altersvorsorge grundlos nach unten nivellieren.

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