Markus Lasek über die anstehende Konsolidierung unter den Vermögensverwaltern.


Vor kurzem war im «Tages-Anzeiger» ein längerer Bericht zu lesen, in dem das Ende vieler unabhängiger Vermögensverwalter prognostiziert wurde. Begründet wurde dies – wen wundert's – mit zu geringen Erträgen auf zu geringe Kundenvolumina.

Während man in der Bankenbranche jedes Detail kennt, ist der Sektor der unabhängigen Vermögensverwalter eine unbekannte Blackbox. Die Finanzmarktaufsicht Finma veröffentlicht nichts, nur der eine oder andere Verband erteilt Auskünfte über seine Mitglieder. Dadurch sind verlässliche Gesamtzahlen nicht vorhanden, lediglich Fragmente. Die Anzahl der Vermögensverwalter in der Schweiz, die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter und das Volumen der verwalteten Vermögen lassen sich nur näherungsweise ermitteln. Aber Umfragen und interpolierte Statistiken sind leider keine zuverlässigen Quellen, zumal wenn sie auf Eigenauskünften basieren.

Wer ist freiwillig Vermögensverwalter? Und wer unfreiwillig?

Trotz des schlechten Zahlenmaterials kann man Trends erkennen. Viele Vermögensverwaltungs-Gesellschaften bestehen nur aus einer bis zwei Personen, der Verwaltungsaufwand und die Fixkosten nehmen zu. Parallel dazu steigt die betriebswirtschaftlich sinnvolle Mindestgrösse. Aber wird es deswegen in Zukunft weniger unabhängige Vermögensverwalter geben? Nicht unbedingt. Die Statistiken sagen zum Beispiel nichts darüber aus, wer neben der Vermögensverwaltung noch einem anderen Gelderwerb nachgeht: Vermögensverwalter als Teilzeitjob.

Gleichfalls sagen die Statistiken nichts darüber aus, wer keine Wahl hat und eine Vermögensverwaltung am Rande der finanziellen Schmerzgrenze betreiben muss.

Was betriebwirtschaftlich unlogisch klingt, wird beim Blick auf die Gründungsmotivation der Vermögensverwalter deutlich. Fast alle haben ihre Karriere bei einer Bank begonnen und sind von dort – alleine oder mit Partner – in die Selbstständigkeit gewechselt. Die Kernfrage ist, welcher Verwalter den Wechsel freiwillig angestrebt hat und welchem gar nichts anderes übrig blieb.

Zu der Gruppe der Freiwilligen zählen Bankmitarbeiter, die eine gute Karrierestufe erreicht hatten, die unzufrieden mit ihrem Arbeitgeber waren, die sich von der Selbstständigkeit mehr Freiheiten und mehr Lohn versprachen und die mehrere hundert Millionen Kundengelder verwalteten. Zu der Gruppe der Unfreiwilligen zählen Bankmitarbeiter, die nicht so erfolgreich waren, die sich bei der Bank auf dem Abstellgleis sahen, die entlassen wurden und die nirgendwo sonst unterkommen konnten. Natürlich ist dies nur eine plakative Gegenüberstellung, aber sie illustriert die Realität.

Es bedarf nicht einmal einer Bürolehre...

Vermögensverwalter ist in der Schweiz kein geschützter Beruf. Viele Tätigkeiten erfordern berufliche Mindestqualifikationen, um Schaden von der Allgemeinheit abzuwenden, doch die Verwaltung von Geld – das heisst der finanziellen Existenz von Menschen – bedarf noch nicht einmal einer Bürolehre.

An dieser Stelle besteht zweifacher Handlungsbedarf. Zum einen sollten Mindestqualifikationen für selbstständige Vermögensverwalter gelten. Während unwissenden oder unfähigen Bankangestellten bei allen Problemen eine Organisation zur Seite steht, ist der selbstständige Vermögensverwalter auf sich alleine gestellt. Umso wichtiger sind seine Ausbildung, sein Wissen und seine Fähigkeiten. An dieser Stelle fühlen sich 99 Prozent der betroffenen Personen nicht angesprochen, weil sie sich überschätzen.

Stellen Sie doch ein paar heikle Fragen

Jedoch könnten die Kunden selbst für eine Selektion sorgen, indem sie kritisch den Hintergrund ihres Vermögensverwalters – gleich ob selbstständig oder bei einer Bank angestellt – durchleuchten. Die Frage «Was qualifiziert Sie, mein Geld zu verwalten?» hat schon viele Berater in Erklärungsnot gebracht.

«Erklären Sie mir doch mal das CAPM» wird kalten Schweiss auf manche Stirn treiben, und bei «Skizzieren Sie mir bitte das Auszahlungsdiagramm der von Ihnen eingesetzten strukturierten Produkte» dürfte oft ein Defibrillator die letzte Rettung sein. Bestätigt werden diese Vermutungen durch inoffizielle Erfahrungsberichte von Bankmitarbeitern, die selbstständige Vermögensverwalter betreuen.

Neben der persönlichen Qualifikation erfordert die Tätigkeit eines Vermögensverwalters ein Mindestmass an technischen und humanen Ressourcen. Aus diesem Grund sollte die selbstständige Vermögensverwaltung nur als hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt werden können und damit zwangsläufig an ein Mindestvolumen gekoppelt sein.

Vergleichbare Vorschriften existieren zum Beispiel im medizinischen Sektor, worauf die Patienten grossen Wert legen. Insofern ist es nur im Interesse der Kunden, wenn die Branche der Vermögensverwalter konsolidiert und reformiert wird.