Auf Druck von Aktionären hin deckt die Credit Suisse erstaunliche Details zum Debakel um die Greensill-Fonds auf. Demnach ist es bereits ein Jahr vor den Fondsschliessungen fast zum Knall gekommen – und zu einer unheilvollen Verbindung.

Im März 2021 schreckte die Credit Suisse (CS) Kunden, Investoren und Eigner mit schlechten Neuigkeiten auf: Die Bank hatte sich entschlossen, vier gemeinsam mit der australisch-britischen Finanzfirma Greensill Capital betriebene Fonds mit über 10 Milliarden Dollar an Vermögen zu schliessen.

Das weltweite Debakel, das seither seinen Lauf genommen hat, beschäftigt die Grossbank weiterhin; das Institut sah sich im Vorfeld der Generalsversammlung von 29. April nun gezwungen, die peinliche Befragung einer Aktionärs-Gruppierung über sich ergehen zu lassen.

Die Antworten vom (heutigen) Montag förderten nun erstaunliche neue Details zum Milliarden-Debakel zutage; nicht zuletzt, wie sehr sich die Grossbank mit all ihren hoch bezahlten Finanzexperten bezüglich der Greensill-Risiken verschätzt hatte. Zudem wurde publik, dass bereits Anfang 2020 CS-Lieferketten-Fonds erstmals in Bedrängnis gerieten – und wie früh die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) von den Problemen der von den CS emsig beworbenen Fonds wusste.

Knapp vor der Schliessung

So kam es bei einem der vier CS-Greensill-Fonds sowie einem ebenfalls mit Greensill-Papieren gefütterten Virtuoso Fonds im März 2020 zu sehr hohen Rückgaben von Fondsanteilen, wie die Bank in den Antworten festhielt. Denn: vor dem Hintergrund des Corona-Crashs an den Börsen versuchten damals viele Investoren, ihre Barbestände zu erhöhen. Sie verkauften im grossen Stil Anteile – auch bei den beiden CS-Vehikeln. Die beiden Fonds standen schon damals knapp vor der Schliessung, legte die Grossbank nun erstmals offen.

Dies, weil die Vehikel nicht mehr über genügend Liquidität verfügten, um bei weiteren Rückgaben von Fondsanteilen Auszahlungen zu machen. Der Markt für die verbrieften Kreditfinanzierungen, in welche die Fonds investierten, war wegen des Ausbruchs der Pandemie ebenfalls illiquide geworden.

Die Forderung von Softbank

Schon damals befanden die CS mit ihren Lieferketten-Fonds also kurz vor dem Knall. Ebenfalls standen bereits Milliarden Dollar an Kundenvermögen auf dem Spiel – und damit nicht zuletzt auch der Ruf der CS als Privatbank. Wie das Geldinstitut nämlich am Montag aufschlüsselte, stammten 69 Prozent der im März 2021 geschlossenen vier Greensill-Fonds aus dem Private Banking. 12 Prozent der investierten Gelder lagen dabei in Mandaten, bei denen die reichen Privatkunden der Bank sämtliche Vollmachten zum Investieren ihres Vermögens gegeben hatten.

In dieser Situation gingen Manager des CS-Fondsgeschäfts (CS Asset Management CSAM) einen verhängnisvollen Deal ein: Der japanische Technologie-Konzern Softbank zeigte sich willens, 1,5 Milliarden Dollar in den Virtuoso Fonds zu investieren und diesen damit über Wasser zu halten. Allerdings verlangte Softbank unter ihrem umstrittenen CEO Masayoshi Son, dass die Banker einen «Side Letter» unterzeichnen sollten.

Diese Abmachung verlangte, dass die Lieferketten-Fonds in Zukunft die Kreditpapiere nur noch über die Partnerin Greensill Capital beziehen müssten.

Vielschichtige Verflechtungen

Zu diesem Zeitpunkt hielt Softbank schon eine grosse Beteiligung an Greensill. Zudem war der Softbank-eigene Wagniskapital-Fonds Vision Fund an Firmen beteiligt, die sich über die CS-Greensill-Fonds refinanzierten. Bis im Juli 2020 war Softbank auch selber in die CS-Greensill-Fonds investiert, wie finews.ch damals exklusiv berichtete. Kolportiert wird zudem, dass Softbank-CEO Son selber Privatbank-Kunde der CS gewesen sein soll.

«Nachdem die Fonds ohnehin alle Notes, die sie damals hielten, von Greensill erworben hatten, wurde der Side Letter unterzeichnet», hielt die CS nun dazu lapidar fest. Dieser Side Letter verstiess jedoch gegen das Gebot zur Gleichbehandlung der Investoren. Als die CS-Gruppe von den Vorgängen bei CSAM erfahren habe, sei sofort eine unabhängige Untersuchung durch die Anwaltskanzlei Cahill durchgeführt worden, hiess es am Montag.

Finma alarmiert

Das Problem sei auch unverzüglich der Finma gemeldet worden. Diese wusste also bereits Anfang 2020 von den Turbulenzen bei den CS-Lieferketten-Fonds. Seit dem Debakel führt die Behörde nun eine Untersuchung gegen die Bank, deren Resultat allerdings noch aussteht.

Der Side Letter mit Softbank wurde anschliessend aufgehoben – was dazu führte, dass Softbank ihr Geld wieder abzog. Allerdings hatten die von der Schliessung bedrohten Fonds über die Runden gerettet werden können. Jedoch nur auf Zeit.

Denn wie jetzt bekannt wurde, hatte der Konzern beim eigenen Fondsgeschäft nachgedoppelt und von diesem verlangt, die Investments der Fonds bei Greensill-nahen Schuldnern zu reduzieren. Dem konnten die Greensill-Fonds nicht fristgerecht nachkommen, weil die Papiere zu illiquid waren. Dies trug dann mit dazu bei, dass sich die Bank dann im März 2021 zum folgenschweren Schritt der Fondschliessungen durchrang.

Von einstigen Partnern zu Kontrahenten

Ebenfalls hält die CS fest, dass wegen der Softbank-Abmachung von 2020 unter anderem der Europa- und Schweiz-Chef von CSAM – dies war damals der im April 2021 freigestellte Michel Degen – schon damals für das Vorgehen sanktioniert worden war. Vergangen Dezember entliess die Bank Degen dann wegen des Greensill-Debakels definitiv.

Die vielfachen Verbindungen zu Softbank sind seither gründlich gekappt worden. Bereits im vergangenen Mai hat die Schweizer Bank sämtliche Beziehungen zum japanischen Tech-Konzern abgebrochen. Anfang 2022 wurde dann bekannt, dass die CS nun auch gerichtlich gegen Softbank vorgeht. Das Geldhaus wirft Sons Unternehmen vor, bei einer Refinanzierung von Greensill eine eigene Agenda gehabt zu haben und zuungunsten der Fondsanleger gehandelt zu haben.

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