Die Generalversammlung der Credit Suisse von Ende April wird für den neuen Präsidenten Axel Lehmann zur Feuertaufe. Bei mehreren Traktanden dürfte Kritik auf die Grossbank nur so niederprasseln, wie finews.ch aufzeigt.

Die Aktionärstreffen der Credit Suisse (CS) sorgten in den vergangenen Jahren immer wieder für überraschende Aktionen und laute Voten – unvergessen ist die Abseil-Aktion von Greenpeace-Aktivisten über dem Kopf des damaligen Bankchefs Tidjane Thiam im Jahr 2017 (siehe Bild oben).

Nach einen äusserst turbulenten Geschäftsjahr 2021, welches für das Institut obendrein mit einem Verlust endete, droht dem Verwaltungsrat um den im vergangenen Januar ins Amt gehievten Präsidenten Axel Lehmann (Bild unten) erneut ein heisses Treffen am 29. April 2022. Denn gleich bei mehreren Traktanden, welche die Grossbank am gestrigen Mittwoch veröffentlichte, ist mit heftigem Widerstand der Eigentümer zu rechnen.

Die Generalversammlung (GV) findet coronabedingt einmal mehr ohne physische Beteiligung der Aktionärinnen und Aktionäre statt.

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(Axel Lehmann, Bild: Credit Suisse)

1. Entlastung – aber nur teilweise

Bereits vor Tagen berichtete auch finews.ch über den Widerstand, der sich gegen die rechtliche Entlastung des CS-Verwaltungsrats formiert. Dies wegen den im März 2021 zwangsweise geschlossenen Greensill-Fonds und einem bankinternen Bericht zum Debakel, den das Institut nicht veröffentlichen will. An der letztjährigen GV hatte die Grossbank angesichts von Greensill und den Milliarden-Verlusten mit der New Yorker Finanzfirma Archegos darauf verzichtet, die Décharge überhaupt zu traktandieren.

Nun hofft der CS-Verwaltungsrat, die Décharge wenigstens teilweise zu erreichen. Themen mit Bezug zum Fall Greensill sind demnach vom Antrag auf Entlastung ausgenommen, wie die CS in der Einladung vom (gestrigen) Mittwoch mitteilte. Der Verwaltungsrat empfiehlt den Aktionären hingegen, den Antrag auf eine Sonderprüfung abzulehnen, welche Investoren um die Aktionärsvertreterin Ethos Stiftung eingereicht haben.

2. Tauziehen über eine Sonderprüfung

Das mit der Eingabe neu zustande gekommene Traktandum dürfte zur GV hin noch einiges zu reden geben. Die Ethos Stiftung und mit ihr verbündete Schweizer Pensionskassen fordern die Bank auf, einen Fragekatalog zu den CS-Greensill-Fonds, aber auch zu den im Februar bekannt gewordenen «Suisse Secrets»-zu beantworten. Jene Enthüllungen betreffen ein gewaltiges Datenleck von rund 18’000 Konten bei der Grossbank, als deren Eigentümer auch Potentaten und Kriminelle figurieren.

Ethos fordert insbesondere Auskunft über die rund 10 Prozent jener Bankbeziehungen, die offenbar weiterhin Bestand haben.

3. Klima kommt aufs Tapet

Auch zu anderen Themen formieren sich die Aktionäre – und haben zumindest eine Traktandierung erreicht. So stellten die Ethos Stiftung und das NGO Shareaction im Namen von elf Grossinvestoren einen Aktionärsantrag. Dieser stellt Forderungen zur Klimaschutz-Strategie der Bank und zur Transparenz über Finanzierungen im Öl-, Gas- und Kohlesektor, wie auch finews.ch berichtete. Ziel ist eine Änderung der Statuten der Bank durch den Einbezug eines neuen Artikels.

Auch diesen Antrag lehnt die Bank ab. Sie verweist dabei auf diverse Massnahmen, die sich im Kampf gegen den Klimawandel trifft oder noch treffen wird. Fraglich ist allerdings, ob die CS bei Klima-bewegten Aktionärinnen und Aktionären damit durchdringen kann. Auch Profiinvestoren stehen mittlerweile unter Druck, Klimaziele zu erreichen.

4. Boni sorgen für Zündstoff

Schon bei Banken, die ein aussergewöhnlich gutes 2021 hinter sich haben, sorgten die Banker-Boni für viel Verstimmung bei den Aktionären. Gegenüber der CS, die zuletzt rote Zahlen schrieb, dürften die Gemüter in der Lohnfrage erst recht hoch gehen. Dies, obwohl die Grossbank die Vergütungen für Management und Verwaltungsrat zum Vorjahr 2020 bereits reduziert hat.

Prospektiv für das gesamte Jahr 2022 und für die GV im Jahr 2023 möchte das Institut nun einen maximalen Fixlohn für die Geschäftsleitung von 34 Millionen Franken bewilligen lassen. Mit ziemlicher Sicherheit wird zudem für Diskussionen sorgen, dass der wegen Verstössen gegen Corona-Regeln im Januar als Präsident geschasste António Horta-Osório mit 3,5 Millionen Franken von dannen ziehen darf.

5. Kontroverse Kandidatin

Horta-Osórios Nachfolger Lehmann muss sich für seine Wahl nicht allzu grosse Sorgen machen. Für andere Neuzugänge im Gremium gilt das weniger.

So sollen Mirko Bianchi und Keyu Jin (Bild unten) neu zugewählt werden – über die chinesischstämmige Wissenschafterin hat sich nun aber eine öffentliche Kontroverse entsponnen. Die Politologin und Professorin an der London School of Economics ist Tochter eines ranghohen Parteipolitikers und gilt als Verfechterin der Politik Pekings; dies allerdings mit Nuancen, wie ein unlängst veröffentlichtes Interview auf dem US-Sender «CBS News» zeigt.

Hingegen griff die Schweizer Zeitung «Tages-Anzeiger» (Artikel bezahlpflichtig) Aussagen Jins auf, welche diese vor Jahresfrist gegenüber dem «Magazin» der Zeitung gemacht hatte.

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(Bild: Youtube)

So sagte die Wissenschafterin zu den Menschenrechts-Verletzungen gegenüber der uigurischen Minderheit in China: «Was wir aus der Region erfahren, ist, dass es dort Einrichtungen gibt, in denen den Menschen die chinesische Sprache und Kultur vermittelt wird und wo man versucht, eine stärkere Verbindung zu dem Land herzustellen, in dem sie leben. Ich halte das für legitim.» 

Mit «Kampf» gedroht

Für die Bank zählen hingegen die guten Kenntnisse der Verwaltungsrats-Kandidatin in China, einem wichtigen Wachstumsmarkt der CS. Eine Sichtweise, die angesichts der geopolitischen Lage und dem Lavieren Pekings gegenüber Russland am 29. April 2022 getestet werden könnte.

Davon kann Severin Schwan ein Lied singen: Der Vizepräsident, der lange als starker Mann im Verwaltungsrat der Bank galt, tritt an der GV nicht mehr an. Vordergründig ist dies ein freiwilliger Entscheid. Allerdings hatten Investoren offenbar mit «Kampf» gedroht, hätte sich der CEO des Pharma-Multis Roche nochmals zur Wahl gestellt.

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