Die Republikaner senken die Steuern, die Demokraten erhöhen sie – so einfach wie diese Gleichung lauten mag, so einfach ist sie schon lange nicht mehr. Klar ist, dass der Republikaner Trump 2017 die Steuern für Unternehmen und Spitzenverdiener senkte. Dies war auch für die Schweizer Firmen in Übersee interessant, weil sie damit ihre Gewinne sozusagen gratis steigern konnten.

Ob der Demokrat Biden diese Steuergeschenke abschafft, hängt von verschiedenen Komponenten ab: Die Arithmetik der beiden Parlamentskammern ist wichtig, ebenso die parteiinterne Dynamik (linker Flügel versus rechter Flügel). Es gilt auch, die Schäden, die die Corona-Pandemie verursacht, zu berücksichtigen.

Und selbst eine republikanische Präsidentschaft muss sich ungeachtet der jüngsten Tendenzen damit auseinandersetzen, dass die Fiskalpolitik in dieser Krise im Vordergrund steht und nicht die Geldpolitik. Trotzdem, am Ende stehen die Demokraten für höhere Abgaben, die Republikaner für tiefere Steuern. Daran ändert auch das Virus nichts.

4. Umweltpolitik: Wo die grössten Veränderungen anstehen

Der grösste Unterschied zwischen einer blauen und einer roten Präsidentschaft ist in der Energiepolitik ausmachen. Biden verspricht eine andere Umwelt- und Energiepolitik und hat einen ziemlich ambitionierten Klimaplan vorgelegt. Wie Eoin Murray, Head of Investment bei Federated Hermes, schreibt, strebt Biden bis 2035 eine zu 100 Prozent saubere Stromerzeugung an und will über einen Zeitraum von zehn Jahren 400 Milliarden Dollar in Innovationen und Technologien für saubere Energie investieren.

Dies kontrastiert auffallend mit dem Spott, den Trump für die Klimadebatte übrig hat und seinen Entscheidungen zur Aushebelung von Klimaabkommen und Umweltschutz-Massnahmen.

Viel Geld für einen Green Deal könnte für die Schweizer Wirtschaft durchaus attraktiv sein – einerseits natürlich für Firmen, die in diesem Bereich Spitzentechnologie liefern, andererseits aber auch für die Finanzbranche, die händeringend nach Investitionsmöglichkeiten für den wachsenden ESG-Bereich sucht.

Ob dann der Ölpreis, der bekanntlich auch für die Inflation in der Schweiz eine Rolle spielt, wieder ansteigt, hängt von weiteren Faktoren ab: Wie erholt sich die Weltwirtschaft von der Coronakrise, naht ein Ende der aggressiven Politik gegenüber dem Iran, lässt sich der Bedarf nach Öl dank vermehrtem Einsatz elektrischer Mobilität drosseln? Das sind nur einige Aspekte.

Möglicherweise könnte ein radikaler Strategiewechsel der USA in der Energiepolitik selbst bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) für frischen Wind sorgen: Wenn sich nämlich die US-Regierung hinter oder sogar an die Spitze im Kampf gegen den Klimawandel stellt, steht die SNB mit ihrer Ablehnung von strikteren Anlagekriterien quer in der Landschaft.

5. Pharmaindustrie: Krieg um tiefere Medikamentenpreise

Ein alter Zankapfel und gleichzeitig ein höchst komplexer für die Schweiz: Pharmakonzerne wie Roche und Novartis haben ein Interesse daran, möglichst auch in Zukunft hohe Preise für ihre Medikamente zu kassieren – nicht zuletzt um ihre teuren Forschungsaktivitäten weiter zu betreiben.

Für die Lobby, die gegen hohe Preise agiert, waren die vergangenen vier Jahre eine verlorene Zeit. Zwar twittert auch der jetzige Präsident mal sein Missfallen über diesen Umstand, aber übers Ganze gesehen hat er wenig erreicht. Während der Pandemie hat sich ausserdem die Position der Pharmafirmen eher noch verstärkt, weil diese politisch geschickt die Zusammenarbeit gesucht haben und sich damit als wertvolle Partner im Kampf gegen das Virus positionieren konnten.

Ob der Druck auf die Medikamentenpreise nach der Pandemie eher steigt – wegen leerer Kassen – oder gar sinkt – weil Big Pharma bei Politikern punkten konnte –, lässt sich im Moment kaum abschliessend beurteilen. «Angesichts der enormen Lobbymacht, die der Gesundheitssektor ausübt, ist davon auszugehen, dass diese Absichten im Laufe des Prozesses verlangsamt und verwässert werden», kommt  Eoin Murray von Federated Hermes zum Schluss.

6. Menschenrechte: Mehr Sicherheit für die Schweizer Banken?

Die bislang jüngste, 2019 entfachte Demokratie- oder Protestbewegung in Hongkong hat den dortigen Finanzplatz massiv destabilisiert und den ausländischen Banken in der einstigen britischen Kronkolonie erheblich geschadet – nachweislich auch den Schweizer Geldhäusern. Präsident Trump hat die chinesische Regierung für ihr autoritäres Regime immer wieder kritisiert und aus freiheitlichen Überlegungen heraus das Richtige getan. Zur Stabilität Hongkongs hat dies jedoch nicht beigetragen. Eine zweite Amtszeit Trumps dürfte an dieser letztlich auswegslosen Situation nichts ändern, sondern sie eher noch verschlimmern.

Joe Biden dagegen würde vermutlich eine Deeskalation anstreben, was natürlich mit Konzessionen an China einher ginge, aber etwas Ruhe nach Hongkong bringen dürfte. Allerdings zu Lasten der Demokratie- und Protestbewegung. Alles in allem zeigt sich, dass das Problem in Hongkong eine chinesische Angelegenheit ist, die über die Zeit aber kaum im Sinne des westlichen Demokratieverständnisses gelöst werden kann.

7. Federal Reserve: Die grosse Frage der Unabhängigkeit

Wohl kein anderer US-Präsident hat die Unabhängigkeit der amerikanischen Zentralbank Federal Reserve (Fed) dermassen strapaziert wie Donald Trump. Insofern ist dem Fed-Vorsitzenden Jerome «Jay» Powell ein Kränzchen zu winden, dass er sich nicht allzu sehr davon einschüchtern liess.

Sollte Trump im Amt bleiben, könnte dies zu neuerlichen Einmischungsversuchen führen, was letztlich das gesamte Gefüge der Zentralbanken auf der Welt einer weiteren Belastungsprobe aussetzen würde. Auch die SNB könnte kaum mehr mit dem selben Selbstverständnis den Kollegen aus den USA begegnen.

Unter einer Präsidentschaft Joe Bidens dürfte die Fed zurück zur Normalität finden und damit zu der ihr zustehenden Unabhängigkeit. Das wäre auch für die SNB wichtig – um sich nicht ausschliesslich an der Europäischen Zentralbank (EZB) orientieren zu müssen.

 

 

 

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