Die Kurseinbrüche in China haben viele Anleger verunsichert. Doch für die weitere Entwicklung der Aktien sollte nun die fundamentale Wachstumssituation in den grossen Industrienationen zählen, sagt Axa-Strategin Christina Böck.

Christina Böck ist ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe› bei Axa Investment Managers. Ihre Kolumne für finews.ch erscheint monatlich.

Die Börsenturbulenzen der vergangenen Wochen haben zu einigem Misstrauen und Pessimismus verleitet. Immerhin wurden die Märkte von einem sich selbst verstärkenden Strudel aus niedrigeren Rohstoff-Preisen, Inflationserwartungen und stürzenden Aktienpreisen getroffen. Auch wenn die Bewegung in China begann, so waren doch bald weltweit alle Aktienmärkte betroffen.

Machen wir nun aber einen Schritt zurück: Die Aktienmärkte in China haben Niveaus wieder gefunden, die sie zuletzt im Januar diesen Jahres sahen, also vor knapp neun Monaten – nach einem extrem rasanten Anstieg. Der Renminbi hat gegenüber dem Dollar 4 Prozent an Wert verloren – der Euro hat in den vergangenen 12 Monaten viermal so viel an Wert eingebüsst.

Für die Zukunft der Aktien

Anscheinend hat die Welt gerade erst verstanden, dass das Wachstum in China in Zukunft schwächer sein wird als in den vergangenen Jahren, in denen das Land einen enormen Entwicklungssprung vollzogen hat. Dabei ist der Übergang der Wirtschaft hin zu mehr Binnennachfrage, grösserer Wertschöpfung und weniger Investitionen und auch geringerem Wachstum eigentlich sehr breit diskutiert worden.

Für die Zukunft unserer Aktien sollte nun aber die fundamentale Wachstumssituation in den grossen Industrienationen sein. Und auch wenn diese Entwicklung nicht komplett gegen die Entwicklung in den Schwellenländern immun ist, so gibt es doch hier relativ wenig Gründe für die Angst, dass das Ende des aktuellen Wachstumszyklus schon erreicht wäre.

Eindeutige Zeichen weiterer Stärke

Der heutige Wachstumszyklus seit der Finanzkrise hat einige wichtige Hindernisse überwinden müssen, insbesondere die sehr strikte Fiskalpolitik und die sehr schlechten Finanzierungsbedingungen, und ist daher langsam und schwach im Vergleich zu vergangenen Zyklen ausgefallen. Daher dürfte dieser Zyklus auch länger andauern.

Tatsächlich zeigen die westlichen Nationen eindeutige Zeichen weiterer Stärke, wie zum Beispiel die Einkaufsmanager-Indizes in den USA, in der Eurozone und der Schweiz sowie auch in Japan in den letzten Tagen und Wochen.

Zentralbanken ohne Eile

Da durch die Schwäche der Rohstoff-Preise die Inflation weiterhin niedrig bleiben wird, haben die Zentralbanken in den wichtigsten Regionen auch in der nächsten Zukunft keine Eile, ihre expansive Politik zu verändern. Die amerikanische Federal Reserve (Fed) wird so erst im Dezember zu einer ersten Zinserhöhung schreiten – und die Anleihenkäufte der Europäischen Zentralbank (EZB) werden noch rund 12 Monate Liquidität in die Märkte spülen.

Wenn die Wirtschaft also weiter wächst, so muss man sich dies als Bewertung für die Aktienmärkte ansehen. Interessanterweise zeigen verschiedene Bewertungsmasse heute einen Pegelstand, der recht genau dem von fortgeschrittenen Wachstumszyklen in der Vergangenheit entspricht. Und in einigen Regionen, insbesondere in Europa, sind die Bewertungen noch günstiger.

Unbeantwortete Fragen bleiben

Zu guter Letzt sollte auch das Marktstimmung mit in die Überlegungen einfliessen. Auf diesem Niveau haben wir gerade die Korrektur erlebt, die von so vielen Analysten als überfällig erwartet wurde. Nun sollte der Weg wieder frei für einen neuen Aufschwung der Aktienpreise sein, insbesondere bei einem in Europa erwarteten Gewinnwachstum von 10 bis 15 Prozent.

Ein wichtiger negativer Punkt: Die Frage, wie der Aktienmarkt in Schanghai eine so wichtige Korrektur aller Börsen weltweit nach sich ziehen konnte, bleibt bisher unbeantwortet (trotz gegenteiliger Versuche der chinesischen Regierung, sie mit der Festnahme von Wirtschaftsjournalisten zu beantworten).

Ein Symptom gesunkener Liquidität

Die Stärke und die abrupte Natur der Bewegung waren beeindruckend und wohl ein Symptom allgemein gesunkener Liquidität. Daher bleibt zu folgern: Ja, behalten Sie das Vertrauen in Ihre Aktienpositionen, verstärken Sie diese sogar. Aber immer in dem Rahmen, in dem Sie plötzliche Kurseinbrüche verkraften können.


Christina Bock 180Christina Böck studierte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, bevor sie einen Master in Management an der H.E.C. in Paris erlangte. Ab 1994 war sie bei der Dresdner RCM Gestion in Paris tätig. Später wechselte sie zur Allianz-Pimco-Gruppe. Zu Axa Investment Managers stiess sie 2001. Seit 2007 arbeitet Christina Böck in Zürich, als ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe›.

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