Ähnlich wie die US-Investorenlegende Warren Buffett pflegt Rajiv Jain einen konservativen Anlagestil. Nun hat der Star-Fondsmanager Einblicke in seine Firma GQG und für ihn prägende Börsenerfahrungen gegeben.

Auch Stars fangen klein an. Mit 16 oder 17 Jahren habe er seine ersten Schritte an der Börse gemacht, erzählt Rajiv Jain. Sein Vater hatte ihn in den Sommermonaten damit beschäftigt, alle Aktien zu überprüfen, die noch keine Dividende ausgeschüttet hatten. «Ich musste also persönlich zum Broker gehen, um Dividenden einzusammeln», erinnert sich der ehemalige Starfondsmanager von Vontobel in einem Interview mit dem US-Wirtschaftsmagazin «Forbes» (kostenpflichtiger Artikel).

Der in Nordindien geborene und aufgewachsene Jain kam 1994 zum Schweizer Investmenthaus und machte dort eine steile Karriere. Als Co-Leiter des Aktienteams war er am Ende für 15 Vontobel-Fonds verantwortlich. Er trug dazu bei, das verwaltete Vermögen auf fast 50 Milliarden Dollar zu steigern. Doch 2016 verliess der Investmentexperte das Zürcher Traditionshaus und gründete seine eigene Firma GQG Partners.

Von null auf hundert

Auch GQG ist eine Erfolgsstory. Per Ende Juli verwaltete die knapp acht Jahre alte Investmentboutique bereits mehr als 108 Milliarden Dollar, während Jains Nettovermögen derzeit auf rund 3,3 Milliarden Dollar geschätzt wird. GQG und Jain sind dafür bekannt, einen konservativen Investmentansatz zu verfolgen, anstatt auf die heissesten Markttrends aufzuspringen.

Auf die Gründung von GQG angesprochen, verrät Jain heute, dass sein Partner Tim Carver bereits sechs oder sieben Jahren früher auf ihn zugekommen sei. Damals wollte er aber noch kein eigenes Unternehmen führen. 2016 sei die Zeit reif gewesen, auch weil er viel aus seinen Fehlern gelernt habe. «Um das Spiel zu verbessern, muss man im Grunde ein sauberes Blatt Papier nehmen, ein paar Änderungen vornehmen und neu anfangen», betont Jain.

Er habe niemanden aus seinem alten Team mitgenommen, sondern ein komplett neues Team aufgebaut.

Falsch gelegen

Über seine grössten Investitionserfolge schweigt Jain lieber, dafür gibt er Einblick in seine grössten Misserfolge. «Der grösste war sicherlich der Leerverkauf von Amazon in den späten Neunzigern. So viel zu meiner Fähigkeit, langfristige Gewinner vorherzusagen!» Im Jahr 2011 stieg er dann doch beim amerikanischen Onlinegiganten ein. Etwa zehn Jahre zu spät, wie er heute einräumt.

Auch Tesla sei einer seiner grossen Fehlschläge gewesen. Er habe nicht geglaubt, dass der US-Elektroautobauer überleben würde, gibt Jain zu. Wenn er sich selbst rückblickend einen Rat geben könnte, dann wohl: «Ein bisschen mehr Risiko eingehen. Zu risikoscheu zu sein, ist nicht das Beste».

Erfolgreiche Riesenwette

Diesen Rat hat sich Jain in diesem Jahr vielleicht ein wenig zu Herzen genommen, denn er ging eine seiner bisher aufsehenerregendsten Wetten ein, wie finews.ch berichtete. Er investierte 1,9 Milliarden Dollar in den indischen Mischkonzern Adani Group, wenige Wochen nach einem Bericht des US-Leerverkäufers Hindenburg Research, der dem Konglomerat Betrug und Börsenmanipulation vorgeworfen hatte. Die Wette ging für Jain auf. Rund 50 Prozent Rendite hat sein Engagement bis heute gebracht.

«Nach dem Bericht haben wir uns Adani noch einmal genauer angeschaut und waren positiv überrascht», sagt Jain. Auch eine Reihe von Enthüllungsjournalisten habe das Unternehmen unter die Lupe genommen. Die Qualität des Management-Teams und das Vertrauen der Partner in die Adani-Gruppe hätten ihn überzeugt und zum Einstieg bewogen. «Es war 180 Grad anders, als es geschrieben stand. Das ist normalerweise nicht der Fall».