Die Banken sind gefordert. Wo die Gefahren lauern, wie die Chancen zu packen wären, und weshalb er das Universalbankensystem favorisiert, sagt der Investmentbanker gegenüber finews.ch

Herr Sauser, was halten Sie von den Vorschlägen, unsere Grossbanken aufzuspalten und den Investmentbanken-Teil zu verselbständigen?

Ich glaube nicht, dass die eben erst wieder von der EU-Expertenkommission und bei uns auch von der SP geforderte Abspaltung «riskanter Handelsgeschäfte» bei grossen Banken sinnvoll ist. Das Problem ist ja nicht das Investmentbanking per se unter dem Dach einer Universalbank, sondern wie dieses gesteuert wird.

Was heisst das konkret?

Zumindest, was unsere beiden Grossbanken betrifft, hat man hier die Lehren aus der Finanzkrise weitgehend gezogen und führt das unter dem Titel Investmentbanking angesiedelte Geschäft entsprechend eng und innerhalb klar definierter Leitplanken.

Hier stehen natürlich die Allokation und das Pricing von Kapital im Vordergrund. Dies wurde leider in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt, und insbesondere bei der UBS führte dies zu unkontrollierbaren Risiken, die dann mit voller Wucht die Bank fast zu Fall gebracht hätten.

Was spricht für den Erhalt des Universalbanken-Typus?

Da es in einer grossen Universalbank eine Vielzahl von Synergien zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen gibt, überwiegen die Vorteile eines solchen «one bank»-Konzepts bei weitem.

Die Kritiker des heutigen Systems fordern ja schon länger die Abspaltung und eventuell eine separate Kotierung der Investmentbanking Aktivitäten, da sie nur so den marktgerechten Umgang mit Kapital und die notwendige Informationsdichte bei der Geschäftsleitung als gegeben sehen.


«Die Schwankungen lassen sich reduzieren»


Dass dies in der Tat ein Nachteil sein kann, ist nicht von der Hand zu weisen, kann aber bei einer Organisationsstruktur, die zu einer ähnlichen Transparenz führt wie im Falle einer Trennung, dermassen reduziert werden, dass hier eigentlich kein Handlungsbedarf gegeben ist.

Der Investmentbankenteil unterlag stets hohen Ertragsschwankungen, was jeweils das Gesamtergebnis der Grossbanken prägte. Wäre ein Trennbankensystem nicht auch aus dieser Sicht vorteilhafter?

Dass das Investmentbanking grösseren Schwankungen ausgesetzt ist als zum Beispiel das Private Banking oder das klassische Firmenkundengeschäft, steht ausser Frage. Man ist hier einfach den Marktrisiken deutlich stärker ausgesetzt.

Wenn man nun aber das Investmentbanking, wie dies gegenwärtig bei vielen Grossbanken auch geschieht, schwergewichtig auf das Kundengeschäft ausrichtet und den Eigenhandel stark einschränkt, reduziert man die Ertragsschwankungen nachhaltig.

Dass das Abseitsstehen von teilweise als nichts Anderes als gigantische, halbwegs intelligente Wetten zu bezeichnenden Eigengeschäften die Erträge reduziert, versteht sich von selbst, reduziert aber auch das Verlustpotential.

Und wie lassen sich die Schwankungen im Investmentbanking reduzieren?

Wenn die Investmentbank Kapital grundsätzlich nur im Umfang und zu einem Preis erhält, der nahe einem «Marktpreis» ist und auch die Boni der Akteure nur bei langfristigem Erfolg zur Auszahlung gelangen, sollten sich die Schwankungen bei der Investmentbank ebenfalls reduzieren.

In einem solchen Umfeld würde ich viel lieber in die Aktien einer solchen Universalbank investieren als in eine Holding mit getrennten Aktivitäten.

Pflichten Sie der These bei, dass die Verantwortlichen von verselbständigten Investmentbanken ein anderes, gedämpfteres Risikoverhalten an den Tag legen würden?

Dies wäre bei einer Aufstellung, wie wir sie in der Vergangenheit erlebt haben, sehr wohl der Fall gewesen. Zumindest bei den beiden Schweizer Grossbanken sehe ich diese Gefahr heute nicht.

Die neuen Boni-Instrumente und generell die Art und Weise wie die Investmentbank in diesen Instituten heute geführt werden, sollte dem gegenüberstehen.


«Man sollte nicht vergessen, was geschehen ist»


Ich hoffe nur, dass man nicht zu schnell vergisst, was geschehen ist und klammheimlich zurück zu den alten Verhaltensmustern zurückkehrt. Die Aufsicht, aber auch das heutige Management der Banken, sollten dies zu verhindern wissen. Ob in den USA oder in China hier nicht schon wieder die alten Verhaltensmuster einkehren, ist zumindest fraglich.

Grossbankvertreter verteidigen das Universalbankensystem meist mit dem Argument, dass vor allem Grossinvestoren und Institutionelle alles aus der gleichen Hand haben. Ist das auch Ihre Erfahrung?

Dies ist in der Tat so. Wenn eine Grossbank dieses Bedürfnis intelligent abdeckt und dabei die Risiken kontrollieren kann, ist dies für die betroffenen Institute eine langfristige kontinuierliche Ertragsquelle, die es zu fördern gilt.

Würde eine Verselbständigung der Investmentbanken zu einer Mässigung bei den Gehältern und Boni führen?

Dass im Investmentbanking weltweit hohe Boni bezahlt werden, ist unbestritten und völlig unabhängig davon, ob eine Investmentbank verselbständig ist oder unter dem Dach einer Universalbank operiert.


«Hohe Boni sind an sich nichts Schlechtes»


Hohe Boni sind an und für sich nichts Schlechtes, wenn sie wirklich auf Grund eines langfristigen Erfolgsausweises gerechtfertigt sind und die Aktionäre gleichzeitig zufriedenstellend bedient werden.

In letzter Konsequenz müssen ja die Aktionäre, die schliesslich die Generalversammlung kontrollieren, darüber bestimmen, ob sie den Leuten, welche die Boni an die Mitarbeiter bestimmen und verteilen, weiterhin an der Spitze des Unternehmens sehen wollen oder nicht.

Das Schweizer Stimmvolk wird im kommenden Herbst über die 1:12-Volksinitiative abstimmen. Wäre eine Annahme dieser Initiative gravierend?

Eine Annahme hätte massiv negative Konsequenzen für unsere Wirtschaft in allen Bereichen, nicht nur in der Finanzindustrie, wo die Lohnschere heute noch am grössten ist. Bevor man an die Abwanderung denken würde, würde man sicherlich versuchen, alle tiefer bezahlten Tätigkeiten auszulagern, sei es an Dritte oder an beherrschte Gesellschaften im Rahmen der dannzumaligen Gesetzgebung.


«Diese Initiative bedroht unseren Wohlstand»


Ob dies in genügender Weise funktioniert, wage ich zu bezweifeln, und es bliebe in der Tat nur ein teilweiser Exodus übrig, um die nicht zu kompensierenden negativen Einflüsse dieser unsinnigen Initiative zu umgehen.

Ich zähle hier auf den in der Vergangenheit doch immer vernünftig reagierenden Souverän und bin überzeugt, dass ohne weitere Skandale wie das «Vasella-Schweigegeld», das im Vorfeld der Minder-Initiative zum Vorschein kam, diese unseren Wohlstand in krassester Weise bedrohende Initiative deutlich abgelehnt wird.

Was hat den grösseren Einfluss auf die Bankenstruktur in der Schweiz – die Weissgeldstrategie, höhere Eigenmittelanforderungen oder eine Annahme der 1:12-Initiative?

Die höheren Eigenmittelanforderungen und auch die Weissgeldstrategie stellen für unseren Bankensektor eine grosse Herausforderung dar, und nicht alle Marktteilnehmer werden diese Zäsur überleben. Wichtig ist aber, dass wir im Vergleich zu unseren Konkurrenten im Ausland mit ähnlich langen Spiessen operieren können.

Ist dies gegeben, wird die Qualität unseres Finanzsektors langfristig obsiegen und wir werden nach schmerzhaften Anpassungsprozessen weiterhin eine führende Rolle in dieser Branche, insbesondere auch im Vermögensverwaltungs-geschäft in all ihren Ausprägungen spielen.


«Die Qualitätskarte sticht auch im Finanzsektor»


Die Annahme der besagten Initiative hätte aber dermassen gravierende Folgen, dass zu befürchten ist, dass wir uns in einer Art und Weise schaden würden, die nicht mit guter Arbeit kompensiert werden könnte und damit der Finanzplatz langfristig geschädigt würde.

Welche Zukunft bescheinigen Sie der Schweiz als Land der Vermögensverwalter?

Zum Glück besteht der gute Ruf der Schweiz nicht nur in unserer Meisterschaft im Verstecken von Geldern jeglicher Provenienz vor den Steuervögten dieser Welt. Ganz im Gegenteil ist in unserem Finanzsektor ein einmaliges Know-how angesiedelt, das es auch in einer neuen Welt ohne nennenswertes Schwarzgeld zu verkaufen gilt.

Ganz alleine können unsere Vermögensverwalter es aber nicht schaffen. Es ist wichtig, dass sich auch die Politik und der Regulator hier schützend vor unsere Industrie stellen und ein Umfeld schaffen, das uns gegenüber unseren Konkurrenten zumindest nicht benachteiligt.

Welches sind die grössten Chancen, die unsere Banken nutzen müssten?

Die Schweiz als hoffentlich weiterhin stabiles und berechenbares Land, das trotz Dellen weiterhin weltweit einen überaus soliden und positiven Ruf als verlässlicher Partner besitzt, kann das Ihrige dazu beitragen, dass wir einen weiterhin führenden Bankenplatz haben.


«Vorauseilender Gehorsam ist eine grosse Gefahr»


Wir müssen uns auf unsere Stärken besinnen und dafür sorgen, dass das rechtliche und regulatorische Umfeld uns weiterhin bevorzugt. Die momentan teilweise an vorauseilenden Gehorsam gemahnenden Aktivitäten unserer Regierung erachte ich als eine grosse Gefahr, uns ins Hintertreffen zu bringen.

Was ist Ihre Position im Steuerstreit mit dem Ausland?

Hier tut Augenmass Not. Nicht aufzuhaltende Trends soll man intelligent und sehenden Auges anerkennen und sinnvoll in unsere Gesetzgebung und in unser tägliches Verhalten integrieren. Andererseits sollten wir aber auch für unsere Eigenheiten, dort, wo realistische Chancen bestehen, kämpfen und diese zum Wohle von uns allen langfristig sichern.


«So würden sich die Diskussionen erübrigen»


Wenn alle Staaten begriffen haben, dass man nicht zu uns kommt, um sein Geld zu verstecken, sondern weil wir die besten Leute und Instrumente haben, um Vermögen langfristig zu erhalten und zu vermehren, werden sich die heutigen Diskussionen erübrigen.

Auch hier scheint mir die Reaktion gewisser Finanzinstitute gleich wie die unserer Regierung teilweise übereilt und wenig überlegt und standfest zu sein.


sauser ronald2Ronald Sausers berufliche Stationen führten erst zur Credit Suisse, danach zur UBS. Es folgten Tätigkeiten bei Arthur Andersen, Ernst & Young und der Privatbank Sal. Oppenheim. Das von ihm geleitete Team von Investmentbankern, das Unternehmen berät, baute der inzwischen 58-jährige Sauser Ende der Neunzigerjahre auf. Es ist seither zusammen geblieben. 

 Seit Mai 2011 arbeitet Ronald Sausers Equipe selbständig unter dem Dach des Bankhauses Leonardo & Co. Spezialität seines Teams ist, Kunden zu helfen, Firmen zu kaufen oder zu verkaufen und den Kunden das dazu nötige Kapital zu beschaffen.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.3%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.9%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.38%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.62%
pixel