Trotz allem: Grosse Zuversicht besteht für jene Banken, die die richtigen Massnahmen getroffen haben, sagt Stefan Frischknecht von Schroders gegenüber finews.ch.

frischknrecht_stefan_2

Herr Frischknecht, die Bankenindustrie steht seit längerem unter Druck. Geht das Leiden weiter?

Banken sind weltweit unter Druck, aber nicht pauschal. Was die Schweiz betrifft, leiden unsere Aushängeschilder, die Grossbanken und Privatbanken. Mindestens zwei der Ursachen haben auch in Zukunft Bestand: der Regulierungsdruck und der Margendruck.

Macht Banking in der Schweiz angesichts des sich verschärfenden Umfelds überhaupt noch Spass, wenn man dem so sagen kann?

Es ist nicht eine Frage des Spasses. Die Bankbranche hat einen volkswirtschaftlichen Beitrag zu leisten. Ziel der Regulierung muss es sein, dass Banken ihr Kapital dort einsetzen, wo Mehrwert für die gesamte Wirtschaft geschaffen werden kann. 


 «Ich begrüsse die schärferen Eigenkapitalerfordernisse»


Ich begrüsse die schärferen Eigenkapitalerfordernisse im Investmentbanking. Leider haben aber in- und ausländische Behörden auch zu einem deutlichen Mehr an bürokratischen Prozessen eingeführt.

Die Strukturveränderung führt zu Entlassungen. Werden damit auch die Löhne und Boni unter Druck geraten?

Selbstverständlich sind Entlassungen nie frohe Botschaften. Aber auf Grund des Margendrucks sind weitere Strukturanpassungen notwendig. Die guten Zeiten für Löhne in der Bankbranche sind vorbei.

Was hiesse das aus Bankensicht, wenn die Minder-Initiative von der Mehrheit der Stimmenden angenommen würde?

Die Minder-Initiative fordert im Gegensatz zur Initiative der Juso keine absolute oder relative Höchstgrenze bei den Managementlöhnen, sondern sie legt Prinzipien rund um die Topsaläre fest. Insbesondere schafft sie mehr Aktionärsdemokratie, indem zum Beispiel die Entschädigungen dem Aktionär vorgelegt werden müssen, Verwaltungsräte einzeln und jährlich wiedergewählt werden müssen, und sie verbietet «goldene Fallschirme».


«Die Minder-Initiative schafft mehr Aktionärsdemokratie»


Aus meiner Sicht sind die meisten der fast zwanzig Prinzipien sinnvoll und sollten keinen grossen Anpassungsbedarf bei jenen Banken auslösen, die heute schon verantwortungsvoll mit dem Geld der Eigentümer umgehen.

Womit wäre zu rechnen – Sitzverlagerung gewisser Banken ins Ausland, andere, innovative Entschädigungsformen und so weiter?

Dazu käme es meines Erachtens nur bei Annahme der Juso-Initiative, nicht aber bei der Minder-Initiative.

Der Bankensektor hat sich in den letzten sechs Monaten an der Börse stark erholt. Wie geht es diesbezüglich mit Bankaktien weiter angesichts der Überhitzungserscheinungen im Immobiliensektor oder der drohenden Milliardenbusse für die UBS im Libor-Skandal?

Der Bankensektor hat sich erholt, weil das Risiko eines Zerfalls der Eurozone deutlich geringer geworden ist, und weil der Anstieg an den Finanzmarkten zu mehr Ertrag führt.


«Es ist mit Rückschlägen zu rechnen»


Die Banken haben aber noch lange nicht alle Turbulenzen überstanden. Es ist mit Rückschlägen zu rechnen. Ich bin aber zuversichtlich für solche Banken, welche die richtigen Massnahmen getroffen haben – zum Beispiel die UBS – und für jene Institute, die schon länger die richtige Strategie verfolgen, wie die meisten Kantonalbanken.

In den letzten fünf Jahren ist der Anleger gut gefahren, wenn er keine Banktitel im Depot hatte. Heisst das für den Investor, generell «Finger weg» von Anlagen in Finanzpapiere?

Mit Grossbanken haben die Anleger viel Geld verloren, aber das heisst noch lange nicht, dass man von allen Finanztiteln die Finger lassen muss.


«Man muss nicht von allen Finanztiteln die Finger lassen»


Es gibt Aktien, die von all den Negativschlagzeilen nicht betroffen sind wie Partners Group, VZ, Kantonalbanken und Versicherungen. Hier wurde Mehrwert für den Aktionär geschaffen.

Im Vergleich zu den Banken scheinen die Versicherungen weniger unter Druck zu stehen. Wie schätzen Sie den Sektor ein?

Die Assekuranzbranche ging Anfang des Jahrtausends durch eine Krise in der Grösse jener der Grossbanken heute. Sie mussten Fehlentscheidungen der neunziger Jahre rückgängig machen: zu teure Akquisitionen ausserhalb des Kerngeschäfts und zu hohe Aktienrisiken im Anlageportefeuille.


«Versicherer sind ein Schwerpunkt in unseren Portfolios»


Heute ist die Versicherungsbranche bereinigt und solide geführt. Die Dividendenrendite ist attraktiv, und die Aktienbewertungen sind moderat. Für uns sind Versicherer deshalb ein konstanter Schwerpunkt in unseren Portfolios.

In der Dividenden- respektive Renditenrangliste figurieren die Versicherungspapiere meist ganz oben. Gibt es dafür eine plausible Erklärung?

Die Versicherungsbranche in der westlichen Welt ist eine reife Industrie. Die Entscheidungsträger tun das, was wir als Aktionäre von verantwortungsbewussten Firmenchefs erwarten: Statt Wachstum stellen sie die Profitabilität ins Zentrum und nicht benötigte Mittel schütten sie an die Aktionäre aus. Ich sehe keinen Grund, warum man dieses Erfolgsmodell umstellen sollte.


«Gute Finanzinstitute bezeichnen die Kunden nicht als ‹Muppets›»


Gibt es im heterogenen Finanzbereich auch Unternehmen, die vom jetzigen Umfeld profitieren?

Zwei  Erfolgsfirmen habe ich bereits genannt, Partners Group und VZ. Ihnen gemeinsam ist, dass sie Leistungen erbringen, welche für den Kunden und für das Unternehmen stimmen. Sie bezeichnen die Kunden auch nicht als «Muppets», wie dies gemäss einem abgetretenen Manager bei Goldman Sachs geschehen sein soll.

Gewinner in der Finanzbranche stellen die Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt. Gute Beratung, gute Performance und Produkte für echte Kundenbedürfnisse sind das, was erfolgreiche Firmen bieten. Zum Glück gibt es im Finanzsektor nicht nur Negativbeispiele.


Stefan_Frischknecht_76Stefan Frischknecht ist Fondsmanager und Anlagechef von Schroder Investment Management (Switzerland). Er steht drei Investment-Teams vor: Immobilien, Multi Asset Solutions und Swiss/European Equities. Er ist der verantwortliche Fondsmanager des SISF Swiss Equity Opportunities Fund, des Schroder Equity Core Fund sowie institutioneller Mandate.

Bevor Frischknecht 1999 zu Schroders wechselte, war er als Portfoliomanager für ABB Investment Management tätig. Seine Karriere begann er 1994 im International and Finance Department des  Schweizerischen Bankvereins (heutige UBS).

Er studierte an der Universität Bern, schloss dort mit dem Lizentiat (lic. rer. pol.) in Betriebs- und Volkswirtschaft ab. Er ist ein CFA-Charterholder.

 

 

 

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.35%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.81%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.83%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.37%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
pixel