Hubert Keller, Teilhaber der Genfer Bank Lombard Odier, warnt in einem seiner seltenen Interviews vor den Gefahren der Weissgeldstrategie.

Die Schweiz habe an sich gute Voraussetzungen, um ihre Erfolgsgeschichte fortzuschreiben, sofern sie mit dem internationalen Druck umgehen könne und den Übergang in eine neue Ära schaffe», sagt der Genfer Privatbankier Hubert Keller in einem Interview mit der «Handelszeitung» (Artikel nicht online). Allerdings sei es für ihn völlig unklar, wie sich die hiesigen Rahmenbedingungen auf Grund der enormen Regulierungswelle verändern würden.

Er sagt: «Die Öffentlichkeit sollte endlich realisieren, welcher Gesetzes-Tsunami in der Schweiz auf uns zurollt und unser Geschäftsmodell beeinträchtigen wird.» Bezüglich der vom Bundesrat verordneten Weissgeldstrategie stelle sich doch die Frage, wie weit die Schweiz gehe und neue Standards aufstelle, die viel strenger seien als irgendwo im Ausland. «Das macht mir Sorgen. Denn mit unserer Wettbewerbsfähigkeit als Finanzplatz ist es dann schnell einmal vorbei», sagt Keller.

Massive Bedrohung für den Arbeitsmarkt

Auf die Frage, ob er mit diesen Aussagen nicht etwas übertreibe, antwortet der Genfer: «Vor allem eine Gefahr wird in diesem Zusammenhang verschwiegen: Dass Tausende von Arbeitsplätzen verschwinden, wenn die Schweiz ihre komparativen Vorteile leichtsinnig aufs Spiel setzt. Ich befürchte eine massive Bedrohung für den Arbeitsmarkt.»

Der 45-jährige Keller ist Co-Head von Lombard Odier Investment Managers, dem Geschäftsbereich für institutionelle Kunden, wie Pensionskassen, Versicherungen und andere Anlagegesellschaften. Keller räumt zwar ein, dass die Schweiz steuerkonform agieren müsse – gemäss dem Musterabkommen 26 der OECD –, aber mehr nicht. «Dass dadurch manche Kunden für die Schweizer Banken nicht mehr in Frage kommen, ist klar. Aber mit dem Vorschlag zur Weissgeldstrategie von unseren Behörden gehen wir im Vergleich zum Ausland eindeutig zu weit», sagt der Genfer.

Vielversprechende Idee

Die Absicht der Schweizerischen Bankiervereinigung, das Asset Management für grosse institutionelle Kunden, hierzulande als neue, wichtige Ertragsquelle zu etablieren, hält Keller für eine vielversprechende Idee.

Tatsächlich müsse die Schweiz sehr darauf achten, dass sie nicht zu einem reinen Distributionszentrum für Finanzprodukte verkümmert. «Wir müssen Investment-Expertise im Land haben und diese exportieren können. Nur so können wir uns in Zukunft erfolgreich betätigen und neue Märkte erschliessen», so Keller.

Zuviel drehte sich ums Bankgeheimnis

Und er geht auch selbstkritisch mit der Branche ins Gericht, wenn er sagt, in den letzten dreissig Jahren hätten sich viele Schweizer Banken nicht genügend um die Performance ihrer Kunden gekümmert. «Zu viel drehte sich ums Bankgeheimnis. Damit ist nun endgültig Schluss.»

Spätestens seit der Finanzkrise würden sich immer mehr Kunden fragen, wie schütze ich mein Vermögen vor massiven Kurseinbrüchen, und wie kriege ich idealerweise noch eine nachhaltige Wertsteigerung auf meinem Geld hin, so dass ich alle meine Verpflichtungen abdecken kann. «Dieser Art von Klientel müssen wir heute etwas bieten können», sagt Keller.

DNA am Familientisch

Hubert Keller ist der Sohn von Pierre Keller, der einst ebenfalls Teilhaber der Bank war. Auf die Frage, ob diese familiäre Konstellation eher ein Vorteil oder ein Nachteil für ihn war, sagt der heutige Teilhaber: «Beides! Ein fantastischer Vorteil war sicherlich, dass ich die DNA der Bank sozusagen schon am Familientisch mitbekam. Eine Herausforderung war es hingegen, in die Fussstapfen eines Menschen zu treten, der so erfolgreich gewesen ist. Ich arbeitete allerdings nie in der Bank, als mein Vater dort noch tätig war. Ich stiess erst viel später dazu.»

Tatsächlich machte Hubert Keller den Grossteil seiner Karriere im Investment Banking: «Ich hatte das Privileg, nicht ganz erfolglos zu sein und entsprechend auch optimale Karrieremöglichkeiten zu haben, zuletzt bei der Deutschen Bank.»

Und: «Als ich die Anfrage von Lombard Odier erhielt, fand ich jedoch, das sei eine einmalige Chance, mich nochmals völlig neu zu orientieren.»

 

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