Wer sich nicht rechtzeitig den neuen Herausforderungen stellt, hat schlechte Karten. Welche Trümpfe hat beispielsweise eine Clientis-Gruppe in der Hand?

Am 14. August 2013 wird die Regionalbankengruppe Clientis ihre Halbjahreszahlen  publizieren. Der Semesterausweis der 18 dem Verbund angehörenden Banken müsste nach heutiger Einschätzung zufriedenstellend ausfallen.

Einst 31, bald nur noch 15

Gleichwohl herrscht nicht nur eitel Sonnenschein in diesem Verbund, der Ende 2012 eine Bilanzsumme von 15,45 Milliarden Franken, 1'395 Millionen Franken eigene Mittel und einen Konzerngewinn von 57,3 Millionen Franken auswies. Denn der Clientis-Gruppe, die einst 31 Regionalbanken umfasste, gehören zurzeit noch 18 Institute an.

Doch Ende 2013 werden es nach Austritten der Clientis Bank Leerau, der Clientis Bernerland Bank und der Clientis Regiobank Männedorf gerade mal noch 15 Banken kleinerer und mittlerer Grösse sein. Diese Austritte werden zu einer weiteren Abnahme der Bilanzsumme führen, die Ende 2013 möglicherweise bloss noch rund 12 Milliarden Franken erreichen wird.

Chancen nutzen – so rasch wie möglich

Die skizzierte Entwicklung wirft Fragen zur kritischen Grösse und zur Zukunft der Clientis-Gruppe auf.  Wie Professor Andreas Dietrich (Bild), vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ, im Gespräch mit finews.ch ausführt, hat die Gruppe aber durchaus noch intakte Chancen. Doch diese müssten zeitig genutzt werden, sagt der Bankexperte. Andernfalls werde es schwierig, sich im Haifischbecken der Bankbranche zu behaupten.


Aber mit welchem Rezept sollte die Clientis-Gruppe die Zukunft erfolgsbringend anpacken? Für Andreas Dietrich müssten das Anlagegeschäft forciert, also das Research ausgebaut werden, die Vorsorgeplanung (auch mit Blick auf Erbschaften) gestärkt und vermehrt Kunden für Vermögensverwaltungsmandate gewonnen werden, weil diese Geschäftssparte höhere Margen biete.

Die Jungen gewinnen

Daneben müsste der Bankenverbund enger zusammenarbeiten, beispielsweise in Bereichen wie Mobile Banking oder Videoberatung. Denn wegen der föderalistischen Organisation würden zu viele Chancen vergeben, urteilt Dietrich.  

Weil die Clientis-Gruppe eine überdurchschnittlich alte Kundschaft aufweist, ist nach Ansicht des Bankexperten sodann eine Strategieentwicklung unumgänglich, die auf die Generation Y abzielt, das sind die Jungen mit Jahrgängen 1980 bis 1994. Und schliesslich, sagt Andreas Dietrich, bedürfe es einer klareren Reduktion der Wertschöpfungstiefe und die Ausrichtung des Fokus auf Kernkompetenzen. Das heisst, dass bestimmte Geschäftsaktivitäten ausgelagert werden müssten.

Kostenvorteil dank Finma-Entscheid

Auf die Frage, ob die Clientis-Gruppe in Anbetracht der steigenden Informatikkosten und den wachsenden Anforderungen im Compliance-Bereich nicht früher oder später in ein Kostenproblem gerate, meint Dietrich: «Als tendenziellen Vorteil werte ich den Umstand, dass die Finma die Banken ab 2013 neu auf Gruppenebene überwacht, und nicht mehr jedes einzelne Institut unter die Lupe nimmt.» Daraus ergeben sich auch für die Clientis-Gruppe Vorteile auf der Kostenseite.

Im Bereich Compliance ergeben sich gewisse Gruppenvorteile, weil neue Vorschriften zentral analysiert und dann bei allen Clientis Instituten implementiert werden, sagt Dietrich. Als Beispiele sind unter anderen die Abgeltungssteuer und weitere grenzüberschreitende Finanzgeschäfte zu nennen.

Eine Frage der Industrialisierung  

Was aber, wenn die Clientis-Verantwortlichen es verpassen, die überlebenswichtigen Massnahmen zur Zukunftssicherung ihres Regional- und Lokalbankenverbundes zu ergreifen? «Kurzfristig», sagt Andreas Dietrich, «passiert nichts. Doch wenn die Eigenständigkeit der einzelnen Mitgliedsbanken im Verbund auch in den nächsten fünf Jahren den gleich hohen Stellenwert wie in der Vergangenheit geniesse, seien die Chancen auf ein Weiterbestehen des Verbunds eher gering».

Daraus ergibt sich für Andreas Dietrich die Konklusion: «Die Zukunft der Clientis-Gruppe hängt eng mit der Frage der Industrialisierung zusammen. Je mehr Industrialisierung desto tiefer die kritische Grösse. Das würde die Überlebenschancen klar verbessern», resümiert er.

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