Die Schweiz habe es verpasst, sich eine ‹Unique Selling Proposition› für reiche Bankkunden zu verpassen. Darum würden manche Auslandsbanken nun abziehen, sagt Martin Maurer, Geschäftsführer des Verbands der Auslandsbanken in der Schweiz.


Herr Maurer, müssen Sie sich bald einen neuen Job suchen?

Nein – die mehr als 120 Mitglieder im Verband der Auslandsbanken in der Schweiz stehen hinter der Arbeit der Geschäftsstelle. Und an Arbeit mangelt es uns nicht.

Unlängst gab der US-Finanzkonzern Morgan Stanley bekannt, seine Privatbank in der Schweiz verkaufen zu wollen. Auch andere Auslandsbanken sind auf dem Rückzug oder stehen zum Verkauf. Geht Ihnen mittelfristig die Arbeit nicht doch aus?

Das Arbeitsvolumen ist ja nicht durch die Anzahl der Mitglieder bestimmt, sondern durch die Themen. Diese werden nicht weniger. Aber dass die Anzahl der Mitgliedsinstitute zurückgeht, ist richtig.

Lässt diese Entwicklung darauf schliessen, dass das Geschäftsmodell der Auslandsbanken in der Schweiz bislang schon eher auf dem Steuervorteil lag?

Das wäre wohl zu einfach. Die Ertragsseite der Banken ist seit Jahren schwach – tiefe Zinsen und eine geringe Anlagetätigkeit drücken auf die Einkommen. Umgekehrt sind die aufsichtsrechtlichen und rechtlichen Kosten gestiegen.


«Die Schweiz hat nichts unternommen. Das finde ich bedenklich»


Die hohen ausserordentlichen Aufwendungen für das US-Programm – auch für Kategorie-3-Banken – oder die Garantiezahlungen im Rahmen der Abgeltungssteuer mit Grossbritannien finden bei den Mutterhäusern nur bedingt Verständnis.

Auf der anderen Seite haben wir nichts unternommen, um dem Bankenplatz eine ‹Unique Selling Proposition› (USP) für Wealth-Management-Kunden zu verpassen. Einige der Rückzüge sind ein klares Zeichen: Man kann Private Banking auch ohne Schweiz betreiben. Das ist bedenklich.

Manche Auslandsbanken finden offenbar keinen Käufer. Woran liegt das?

Eine kleine Bank zu kaufen, ist keine rentable Angelegenheit, da die Fixkosten der Akquisition hoch sind. Zudem muss das Kundenportefeuille der kaufenden und der übernommenen Bank übereinstimmen – Banken spezialisieren sich ja auf gewisse Märkte.


«Der Preis ist oft ein Deal-Killer»


Drittens will kein Käufer Altlasten – wiederum Stichwort US-Kunden – übernehmen. Und viertens: Der Käufer will einen geringen, der Verkäufer einen hohen Preis. Den richtigen Preis zu finden, ist keine triviale Angelegenheit und oft ein Deal-Killer.

Was sind die Gründe, dass eine Auslandsbank auch künftig in der Schweiz präsent ist oder hierher zieht?

Es sind dies eigentlich die gleichen wie für eine Schweizer Bank: Dass sie ihre Kunden noch in der Schweiz betreut und nicht in einer ausländischen Niederlassung. Wir brauchen eine Stärkung der Rechtssicherheit – diese hat arg gelitten – und einen klaren rechtlichen Rahmen, was die Dienstleistungs-Erbringung an qualifizierte Anleger betrifft.

Internationale Standards müssen so übernommen werden, wie dies in London, Luxemburg oder im fernen Osten praktiziert wird: Die Standards lassen einen Gestaltungsspielraum, der zielorientiert ausgenutzt werden kann. Das passiert hier leider nicht.


«Die Aufsicht will keine kleinen Institute»


Stehen Sie in Kontakt mit Auslandsbanken, die in die Schweiz kommen möchten?

Nein

In der Branche ist zu hören, dass es interessierte Auslandsbanken nicht einfach hätten, sich in der Schweiz niederzulassen. Können Sie das bestätigen?

Die mir bekannten Fälle von interessierten Investoren waren keine Banken, sondern Privat- oder Nichtbanken-Investoren. Prüfer und Anwälte, die solche Investoren begleiten, behauten – in ihrer freundlichen Version – dass die Eintrittshürden immer höher gestellt und oft nicht nachvollziehbar seien.

Wer wehrt sich denn gegen neue Auslandsbanken in der Schweiz? Die Aufsichtsbehörde?

Die Aufsichtsbehörde wehrt sich nicht explizit dagegen; sie will aber keine kleinen Institute, da diese in der Betreuung zu aufwendig seien. Aus Reziprozitäts-Überlegungen muss sie bei den klassischen Heimatländern flexibel sein.


«So verschwinden auch Arbeitsplätze»


Kommen Investoren aus anderen Regionen, hat die Behörde auch schon argumentiert, dass die Heimaufsicht nicht äquivalent sei. Was alles stimmt und ob keine Lösungen hätten gefunden werden können, lässt sich von aussen nicht abschliessend beurteilen.

Wie wird sich die Stellensituation bei den Auslandsbanken entwickeln?

Mit dem Rückzug aus der Schweiz verschwinden auch Arbeitsplätze. Zudem schlagen sich die diversen Outsourcing-Projekte in der Statistik negativ zu Buche – nicht zwingend auf dem gesamten Arbeitsmarkt, da ja die Stellen nicht verloren gehen, sondern einfach nicht mehr dem Bankensektor zugerechnet werden.


«Mit einem Netto-Rückgang ist zu rechnen»


Aber in diesem Jahr und wohl auch noch 2015 ist mit einem Netto-Rückgang zu rechnen. Ob wir wieder auf einen Wachstumspfad kommen, hängt davon ab, ob wir uns international attraktiv positionieren können, ob die Anlagetätigkeit wieder an Fahrt gewinnt, und ob ausländische Spezialisten überhaupt (noch) in der Schweiz arbeiten können.


Martin Maurer 160Martin Maurer ist seit April 2011 Geschäftsführer des Verbands der Auslandsbanken in der Schweiz. Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel, der London School of Economics und der Stanford University in den USA. Nach seiner Promovierung trat er in die Schweizerische Nationalbank ein. Im Jahr 1991 zog er nach Kolumbien, wo er für Entwicklungsprojekte arbeitete, bevor er 1996 als Direktor bei der Schweizerischen Bankiervereinigung anheuerte. Ein Abstecher brachte ihn 2000 zu PwC, bevor er zu den Auslandsbanken wechselte.

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