Vor rund zwanzig Jahren sagte Microsoft-Gründer Bill Gates, dass es Bankgeschäfte immer geben werde, Banken jedoch entbehrlich seien. Bald wird er recht haben.

Von Claude Baumann, Mitgründer von finews.ch
(Bild: Bankgebäude © Shutterstock)

Klar, dass diese Aussage seinerzeit nicht überall goutiert wurde, insbesondere nicht bei den Schweizer Geldhäusern, die damals noch aus einer Position der Stärke die Welt betrachteten.

Banken werde es immer brauchen, argumentierten sie, allein schon, um die vermögende Klientel zu betreuen. Und darum stehe der Finanzbranche, insbesondere der schweizerischen, eine grossartige Zukunft bevor.

Die echten Schwierigkeiten

Zwei Jahrzehnte später und um einige Finanzkrisen an Erfahrungen reicher wissen wir, dass dies so nicht ganz stimmt – insbesondere nicht für die Schweizer Banken. Dabei sind es weniger die gesetzlichen Veränderungen (Stichwort ‹Regulation›), die den Finanzhäusern ernsthaft zu schaffen machen. Auch das faktische Ende des Bankgeheimnisses wird überschätzt.

Was den Banken am meisten Schwierigkeiten bereitet, ist der Umgang mit dem technologischen Fortschritt; genauer gesagt mit dem, was die Kunden damit anfangen können und wollen – egal, ob sie 100 Franken oder 100 Millionen Franken auf dem Konto haben.

Es braucht sie nicht mehr

Natürlich bieten mittlerweile die meisten Finanzhäuser E-Banking-Dienstleistungen in der einen oder anderen Form an. Entgangen ist vielen Instituten aber, dass sich die Kunden von heute und morgen untereinander vernetzen wollen. Branchenfremde Unternehmen, die zum Teil mit den sozialen Medien überhaupt erst entstanden sind, haben das viel besser erkannt.

Das ist insofern interessant, weil die Konsumenten ihr Geld tatsächlich zunehmend ausserhalb des bestehenden Banksystems verschieben und verwalten. Oder anders gesagt: Firmen wie Google, Apple oder Facebook sind daran, genau das wahr zu machen, was Bill Gates vor zwanzig Jahren prophezeit hat.

Ein Paradigmenwechsel

Ein Hinweis darauf lieferte unlängst die Firma Facebook, die im Begriff ist, eine Banklizenz in Irland zu erwerben. Das alleine ist zwar keine Sensation, weil anderswo ebenfalls neue Banken entstehen.

Doch der Umstand, dass Facebook-Mitglieder künftig untereinander Geldgeschäfte oder dergleichen abwickeln können, ist nicht nur neuartig, sondern stellt einen Paradigmenwechsel dar. Denn die so genannte Facebook-Community ist für viele andere Firmen ebenfalls attraktiv.

Etwas schenken

Die Firma Facebook – man könnte auch Google oder Apple schreiben – erhält über ihre Nutzer eine Unmenge an Daten, die sie selber verwenden als auch anderen Unternehmen zur Verfügung stellen kann – gegen Geld natürlich.

So kommt ein völlig neuartiger Community-Charakter zum Tragen: Interessierte Firmen werden künftig bereit sein, das viele Geld, das sie bisher via Marketing und Werbung für die Kundengewinnung ausgaben, den Mitgliedern der Community zu «schenken» – etwa in Form von Gutscheinen oder über allerlei Vergünstigungen. Und wofür?

Als Belohnung 100 Franken

Konkret: Jemand wird beispielsweise 100 Franken erhalten, wenn er als Community-Mitglied Kunde der künftigen Facebook-Bank wird und weitere 100 Franken verdienen, wenn er sich bei anderen Angeboten anmeldet oder Freunde dafür gewinnen kann.

Den Möglichkeiten innerhalb eines Netzwerks sind keine Grenzen gesetzt und zwar unabhängig davon, ob sich jemand für ein Sparkonto oder für Private Equity interessiert. Innerhalb der Community gibt es Spezialisten für alles, und mittels Kommentarfunktion lassen sich seriöse von unseriösen Angeboten rasch unterscheiden und bewerten.

Ein zentraler Gedanke

Community, Kundengewinnung, Spezialisierung – es ist offensichtlich, dass unter diesen Prämissen zahlreiche Banken in die Bredouille geraten werden. Mehr noch: Sie werden verschwinden, weil es sie so wie bisher nicht mehr braucht. Der Community-Gedanke ist zentral, weil auf dessen Basis auch ganz unterschiedliche Firmen miteinander kooperieren und dabei eine nie dagewesene Marktmacht aufbauen können.

Google besitzt in Grossbritannien ebenfalls schon eine Banklizenz. Die US-Handelsplattform Ebay hat ihre Tochter Paypal als eine Alternative zu Kreditkarten und Banküberweisungen im Internet umgerüstet. Und auch chinesische Firmen wie das Internet-Kaufhaus Alibaba intensivieren ihre Dienste auf diesem Gebiet.

Die Credit Suisse handelt

Immerhin: Die Credit Suisse gab unlängst bekannt, mit Sebastian Thrun einen der Firma Google nahestehenden Professor in den Verwaltungsrat aufzunehmen. Das ist wegweisend, weil es ein Hinweis darauf sein könnte, dass die Grossbank die Veränderungen im Kundenverhalten und in der Kundengewinnung erkannt hat.

Führt man diesen Gedanken weiter, könnte es durchaus sein, dass sich ein soziales Netzwerk etwa mit einem Telekommunikationskonzern verbündet und dabei doch noch eine Bank in diese Kooperation einbindet. So entstünden tatsächlich neue Perspektiven in der «Kundenansprache», wie es im Marketing-Slang so schön und oft heisst.

Angesichts der rasanten Entwicklung im Technologie-Sektor dürfte es bald einmal klar werden, welche Banken eine Chance haben, in dieser virtuell globalisierten Welt zu bestehen. Alle anderen Finanzinstitute werden entbehrlich sein, wie es Bill Gates prophezeit hat.

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