Was zunächst als sensationeller Wurf dargestellt wurde, entpuppt sich zusehends als Rohrkrepierer.

In dieser bewegten Zeit der Konsolidierung im Schweizer Bankwesen stossen jegliche Spekulationen über Elefantenhochzeiten auf dem Schweizer Finanzplatz nicht überraschend auf grosse Beachtung.

Das war auch in den vergangenen Tagen der Fall, nachdem doch eher leichtfertig kolportiert worden war, zwischen der Schweizer Grossbank Credit Suisse (CS) und der Bank Julius Bär (JB) habe es Gespräche über einen allfälligen Schulterschluss gegeben.

Keinerlei Logik

Tatsächlich hat es solche Kontakte gegeben, wie weitere Recherchen ergaben. Doch Tatsache ist ebenfalls, dass seit geraumer Zeit im Prinzip (fast) alle Top-Manager der Banken in der Schweiz miteinander über allfällige Transaktionen diskutieren. Insofern sind die Kontakte zwischen Vertretern der CS und von Julius Bär erheblich zu relativieren.

Es spricht effektiv auch sehr wenig für einen Zusammenschluss zwischen JB und der CS – ausser, dass sich in einem solchen Fall – wieder einmal – ein paar Top-Manager ein goldenes Näschen verdienen würden. Von einer industriellen oder gar strategischen Logik kann aber in keiner Weise die Rede sein. Und zwar aus mehreren Gründen.

Keine Stabilität

Julius Bär hat sich über die vergangenen Jahre als reine Private-Banking-Institution etabliert und dafür auch die entsprechende Klientel gewonnen – Kunden, die bei einem Vermögensverwalter «zu Hause» sein wollen, der nicht noch im volatilen und kostspieligen Investmentbanking engagiert ist.

Doch das ist bei der Credit Suisse genau der Fall; sie ist seit vielen Jahrzehnten mit dem US-geprägten Investmentbanking verbunden – das je nach Entwicklung hohe Erträge oder Verluste abwirft. Stabilität in den Ergebnissen ist etwas anderes.

Eher eine Black Box

Oder anders ausgedrückt: Ein Schulterschluss zwischen der CS und JB würde sehr viele Bär-Kunden auf der Stelle vertreiben, weil sie nicht bei einem Konzern sein möchten, der auch noch im Investmentbanking aktiv ist.

Gleiches gilt für die JB-Aktionäre, die sicherlich nicht an einer hoch volatilen Black Box wie die Credit Suisse beteiligten sein möchten. Umgekehrt dürften auch die CS-Aktionäre wenig Gefallen daran finden, wenn sich das Management der Grossbank in neue (Integrations-)Abenteuer stürzt, anstatt die immer akuteren Probleme endlich einmal zu lösen.

Allzu banaler Schluss

JB-Chef Boris Collardi als künftigen CEO der Credit Suisse und Nachfolger von Brady Dougan zu sehen, greift auch etwas zu kurz. Nicht dass der ehrgeizige Westschweizer ein schlechter Manager wäre – im Gegenteil; doch in Sachen Investmentbanking geht ihm jegliche Erfahrung ab, da er nie in diesem Geschäftsbereich tätig war.

Auch die Tatsache, dass er die CS von innen relativ gut kennt, da er selber viele Jahre bei dieser Bank tätig war, ist ein allzu banaler Schluss, als dass man ihn deswegen gleich an die Spitze einer Schweizer Grossbank befördern sollte. Und will er sich das überhaupt antun?

Handfeste Gründe

Es gibt noch einige weitere, handfeste Gründe, die gegen eine solche Fusion oder Übernahme sprechen. Die Credit Suisse hat sich über die vergangenen paar Jahre mit dem Aufbau und danach mit der Integration ihrer eigenen Privatbanken-Tochter Clariden Leu so schwer getan, dass es an ein Wunder grenzen würde, wenn eine Übernahme von JB innert nützlicher Frist verdaut werden könnte und darüber hinaus noch einen Mehrwert generieren würde.

Ausserdem ist Julius Bär selber noch mitten im Prozess der Integration des internationalen Wealth-Management-Geschäfts von Merrill Lynch. Tatsache ist auch, dass ein Schulterschluss weltweit zu enormen Doppelspurigkeiten führen würde – insbesondere in den wichtigen Wachstumsmärkten, wo beide Banken bereits gut etabliert sind. Diese Doppelspurigkeiten müssten wieder abgebaut werden – was wohl nicht das Ziel sein kann. Allein schon aus diesem Grund käme der CS eine Übernahme von JB viel zu teuer zu stehen.

Kulturelle Gegensätze

Historisch gesehen haben grosse Zusammenschlüsse ohnehin kaum je den anvisierten Mehrwert erbracht. Sollte das ausgerechnet bei einer Übernahme von JB durch die CS anders sein? Auch in diesem (theoretischen) Fall würden erhebliche kulturelle Gegensätze aufeinander stossen, die zumeist den Erfolg eines Mergers arg beeinträchtigen – wenn nicht gar torpedieren.

Kommt hinzu, dass das Personal der CS nun schon seit Jahren einer permanenten Restrukturierung ausgesetzt ist und dadurch wenig motiviert, bisweilen gar paralysiert wirkt. Nun noch einen Deal mit Julius Bär anzuzetteln, wäre wohl alles andere als förderlich für die Firmenkultur bei der CS.

Zahlreiche Probleme

Es ist auch naiv, die Übernahme der Zürcher Traditionsbank Julius Bär als Befreiungsschlag für die Credit Suisse deuten zu wollen. Die CS hat seit Jahren zahlreiche Probleme (führungsmässig, regulatorisch, juristisch, strategisch), die sich nicht plötzlich mit der Integration eines Vermögensverwalters aus der Welt schaffen liessen.

Im Gegenteil, mit dem Kauf respektive mit der Integration der Julius-Bär-Gruppe würde sie sich eine weitere Hypothek einhandeln. Dabei sollte die CS endlich einmal die Energie freisetzen, um die vielen Baustellen in ihrem Betätigungsfeld zu beheben.

Bierselige Stimmung

Insofern darf es nicht verwundern, wenn Finanzexperten einer solchen Elefantenhochzeit eher mit einem Schmunzeln begegnen und dabei vermuten, dass derlei «Planspiele» wohl eher der bierseligen Stimmung in einer Zürcher Kneipe entsprungen sind.

 

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