Gemäss einer neuen Studie der Universität Zürich sind Banker unehrlicher als andere Berufsleute. Thomas Sutter von der Schweizerischen Bankiervereinigung, der «nur» in Basel studiert hat, hält solche Erkenntnisse für grenzwertig.

Thomas Sutter (Bild unten) ist Leiter Kommunikation und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Thomas Sutter neuGemäss einer Studie der Universität Zürich sind Banker unehrlicher als andere Berufsgattungen. Als langjähriger Mitarbeiter des Branchenverbandes ist man ja einiges gewöhnt und lässt sich von solch reisserisch dahergebrachten «Erkenntnissen» nicht so leicht schockieren.

«Unseriös, populistisch und so what» waren meine ersten Gedanken. Aber halt, mit Ernst Fehr firmiert ein renommierter Wirtschaftsprofessor als Co-Autor. Vielleicht ist ja doch mehr dran? Ich habe mir also die Zeit für einen zweiten Blick genommen und kann das Fazit vorwegnehmen.

Die Studie bleibt teilweise unpräzis und die grenzwertig generalisierten Schlussfolgerungen bilden einen idealen Nährboden für reisserische Kommentare.

Statisch signifikant versus erheblich

Mein Ökonomiestudium liegt schon einige Jahre zurück, war «nur» in Basel und nicht in Zürich und mit dem Fach Statistik habe ich mich immer etwas schwer getan. Daher wage ich es nicht, das Studiendesign zu hinterfragen.

Trotzdem hätte ich gerne noch etwas mehr über die Zusammensetzung der Testgruppen (Geographie, Bereich innerhalb der Banken etc.) erfahren, um abzuschätzen, ob der typische Schweizer Banker repräsentativ abgebildet wurde. Auch darf man sich fragen, ob ein Laborexperiment ausreicht, um zu dermassen sportlichen Aussagen zu gelangen.

Ich anerkenne aber, dass die Abweichung zwischen den Bankern und der Kontrollgruppe statistisch signifikant ist. Nur reicht dies für die grossen Schlagzeilen? Darf eine Berufsgruppe basierend auf einem einzigen Laborexperiment an den Pranger gestellt werden?

Was war früher?

Die Studie sagt nichts darüber aus, ob die sehr geringen Abweichungen früher grösser oder gleich waren. Aber gerade dies wäre doch interessant. Denn im Banking hat in den vergangenen Jahren ein grosses Umdenken stattgefunden. Alte Geschäftsmodelle wurden ausgemustert. Compliance-Abteilungen auf- und ausgebaut.

Viele Ressourcen wurden in die Ausbildung und in die Entwicklung moderner Unternehmenskulturen gesteckt. Dem kann natürlich ein einziges Laborexperiment nie und nimmer gerecht werden. Und doch hätte man gerne im Studientext auch darüber gelesen.

Monetäre Verlockungen

In Branchen, wo Geld eine grosse Rolle spielt, sind die Mitarbeiter auch mehr monetären Verlockungen ausgesetzt. Für diese Erkenntnis braucht es kein Ökonomiestudium. Gesunder Menschenverstand reicht vollends. Daher hätte es mich auch interessiert, wie Mitarbeiter im Aussendienst oder im Beschaffungswesen von Industriefirmen bei diesem kruden Test abgeschnitten hätten.

Hat man das nicht untersucht, weil die Publizität weniger gross gewesen wäre? Honi soit qui mal y pense. Wichtig ist aber, dass die Kontrollmechanismen in Unternehmen funktionieren. Und gerade diese wurden in den vergangenen Jahren in den Banken massiv ausgebaut.

Kriminalisierung eines Berufstands

Natürlich haben die Schlagzeilen um Devisenkursmanipulationen gezeigt, dass Banker nicht perfekt sind. Und Statistiker mögen einwenden, dass meine Gedanken etwas gar polemisch sind. Aber auch hier gilt: Wie man in den Wald schreit, so schallt es heraus.

Mein Fazit ist klar: Es ist wissenschaftlich problematisch, anhand eines simplen Laborexperiments mit einfachen Parametern die mediale Kriminalisierung eines Berufstandes in Kauf zu nehmen, ja gar zu fördern.

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