Er war immer gefragt, wenn Not am Mann war. Walter Knabenhans' Karriere reflektiert eindrücklich das ewige Auf-und-Ab in der Schweizer Bankbranche. Jetzt hört er bei der Bellevue Group auf. Langweilig dürfte es ihm nun aber kaum werden. Eine Einschätzung. 

Die Bellevue Group findet nach fast einem Jahrzehnt der Stürme wieder in ruhigeres Fahrwasser: Wie die Zürcher Finanzboutique am Montag berichtete, konnte sie ihren Reingewinn 2014 um 74 Prozent steigern.

Für Walter Knabenhans (Bild oben) ist damit offensichtlich der Moment gekommen, das Schiff zu verlassen: Der 65-Jährige, der als Inbegriff des seriösen Schweizer Top-Bankers gilt, räumt seinen Sessel als Präsident der Bellevue-Gruppe.

staub bisang 160Für ihn rücken im Verwaltungsrat Thomas von Planta (vorgeschlagen als Präsident) und Mirjam Bisang-Staub (Bild links) nach, die Frau des Bellevue-Gründers Martin Bisang. Und wie es am (gestrigen) Montag den Anschein machte, zieht sich Knabenhans mit einer Spur von Erleichterung zurück.

Tatsächlich musste der Finanzfachmann seit seinem Antritt im Jahr 2006 als Präsident der Bank Swissfirst all sein Gewicht in die Waagschale werfen, um zuerst Swissfirst und später deren Fusionspartnerin, die Bellevue Group, durch nicht enden wollende Turbulenzen zu lotsen.

Dafür hatte er zweifellos das richtige Format: Ende der 1990er-Jahre diente Knabenhans als Chief Risk Officer bei der Credit Suisse (CS). Von 2001 bis 2005 amtete er dann als operativer Chef der Zürcher Privatbank Julius Bär.

Inmitten der Swissfirst-Affäre

bisang 160Im Jahr 2006 hatte er nach seinem Austritt beim Zürcher Traditionshaus eigentlich ein eigenes Startup-Unternehmen aufziehen wollen. Doch es kam anders. Auf der Höhe der «Swissfirst»-Affäre rund um die misslungene Fusion zwischen Swissfirst Bank und der Bank am Bellevue meldete sich Martin Bisang (Bild links) persönlich bei Knabenhans. Laut dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» drängte der Bellevue-Gründer den Top-Banker damals, das Präsidium der Swissfirst zu übernehmen.

matter 160Knabenhans sagte zu – und fand sich wenig später in der Rolle des Swissfirst-CEO wieder, als Thomas Matter (Bild links) angesichts des öffentlichen Drucks und den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, Börsenaufsicht und nicht zuletzt der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK, heute Finma) den Chefsessel bei der Bank räumte.

Wie Knabenhans am Montag berichtete, befand er sich von Anfang an in engem Kontakt mit der EBK. Das konnte jedoch nicht verhindern, dass die Aufsichtsbehörde die Fusion der beiden Banken rügte. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Swissfirst verliefen Jahre später im Sand.

«Verdienen kein Geld mehr»

Doch damit war Knabenhans' Arbeit bei Bellevue längst nicht zu Ende. Ihm kam die schwierige Aufgabe zu, die lädierte Private-Banking-Sparte von Swissfirst abzustossen. Statt Private Banking wurde ab 2007 unter der Ägide von CEO Bisang das Asset Management forciert. Eine Strategie, die Knabenhans als Präsident der Bellevue-Gruppe mitverantwortete.

Zum grossen Pech der Finanzboutique brach im selben Jahr die Finanzkrise aus – und schlug zunehmend auf das im Aufbau befindliche Geschäft durch. So kam es, dass die Gruppe 2009 im Asset Management Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe vornehmen musste. Auch 2010 kam Bellevue nicht vom Fleck. «Wir verdienen einfach kein Geld», klagte Bisang damals gegenüber der «Handelszeitung».

Wie Knabenhans am Montag berichtete, trug er sich damals mit dem Gedanken zum Ausstieg. «Ich nehme meine Mandate jeweils für vier bis fünf Jahre war», erklärte er.

Angriff auf sia Abrasives

Doch erneut wurde Knabenhans dringend gebraucht. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) forderte seinen Verbleib bei der Bellevue-Gruppe, nachdem diese in ihre nächste Krise geschlittert war.

behr 160Im Jahr 2011 kam nämlich die Finma nach zweijährigen Ermittlungen zum Schluss, dass die Bank am Bellevue dem Financier Giorgio Behr (Bild links) 2008 beim verdeckten Aufbau einer Beteiligung am Schweizer Industriekonzern sia Abrasives geholfen hatte. Damit habe das Institut gegen seine Gewährspflichten verstossen, urteilte die Aufsicht. Noch mehr: Sie verbot der Bank zeitweilig, weitere Kundengelder entgegenzunehmen. Das Jahr endete erneut mit einem Verlust und massiven Geldabflüssen.

Anfang 2012 zog Gründer Bisang die Konsequenzen und verabschiedete sich aus der Führung der Bellevue-Gruppe. Über seine Zuger Holding Whale hält er aber weiterhin rund 20 Prozent der Stimmrechte an der Gruppe.

Eine neue Ära

baumann 160Einmal mehr war Knabenhans gefordert. Zusammen mit dem frisch angetretenen Chef Urs Baumann (Bild links) läutete er eine neue Ära bei der Gruppe ein – und diese trägt nun, nach drei Jahren des Um- und Aufbaus, erste Früchte. Dabei konnte Knabenhans einmal sein Netzwerk ins Spiel bringen: Ihm ist es wohl auch zu verdanken, dass der langjährige Julius-Bär-Banker André Rüegg samt Team 2009 zur Bellevue Asset Management wechselte, wo er ab 2012 als deren CEO die Erholung mitgestaltete.

Nun endet Walter Knabenhans' langer und unermüdlicher Einsatz für die Bellevue-Gruppe. Langweilig dürfte es ihm indessen nicht werden. 

So verbleiben dem umtriebigen Finanzfachmann noch Verwaltungsrats-Mandate beim Bankensoftware-Hersteller Finnova, beim Schweizer Ableger der US-Bank Morgan Stanley, bei der Investmentfirma Parsumo Capital, und last but not least präsidiert er das Aufsichtsgremium des Vermögensverwalters Avalor Investments.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.22%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.76%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.98%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.41%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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