Für Erik L. Knutzen vom amerikanischen Asset Manager Neuberger Berman ist der Wandel in der Branche an verschiedenen Merkmalen erkennbar. Das lässt interessante Rückschlüsse für Investoren zu.

erik knutzen 192Der Amerikaner Erik L. Knutzen (Bild links) blickt auf eine 25-jährige Karriere in der Finanzbranche zurück und arbeitet seit knapp einem Jahr für den amerikanischen Asset Manager Neuberger Berman. Knutzen ist Investmentchef für Multi-Asset-Strategien, wobei er sein Augenmerk intensiv auf Bankaktien richtet. Vor diesem Hintergrund sieht er in den nächsten Jahren enorme Chancen, zumal die Finanzbranche im Begriff ist, sich – unter dem Druck der zunehmenden Regulierung – fundamental zu verändern. Vor allem Private-Equity-Firmen und Investitionen in so genannte Private Markets dürften davon profitieren, ist Knutzen überzeugt.

Die Umwälzungen im weltweiten Bankwesen lassen sich laut Knutzen an mindestens zehn Merkmalen erkennen.

1. Ausstieg

Die verschärften Gesetze und Bestimmungen verteuern das Bankgeschäft in zahlreichen Belangen. Darum werden sich Geldhäuser aus einzelnen Bereichen verabschieden. In diese Bresche springen weniger regulierte Firmen – etwa aus der Private-Equity-Szene.

2. Sinnsuche

In der Welt seit der Finanzkrise müssen sich die Banken neu erfinden, respektive neue Geschäftsmodelle entwickeln. Dabei stehen die Finanzhäuser nicht nur auf Grund der verschärften Regulierung unter Druck. Auch der technologische Fortschritt zwingt die Banken, ihre Situation und vor allem ihre Strategie zu überdenken.

3. Konkurrenz

Zunehmend Konkurrenz erhalten die traditionellen Banken nicht mehr nur von direkten Wettbewerbern, sondern von Firmen, die sich ausserhalb der angestammten Branche befinden und mit Fintech-Innovationen die Klientel vereinnahmen. Das fängt beim Stichwort «Personal Finance Management» an, zieht sich weiter über mobile Dienstleistungen und Apps bis hin zu komplexen Vermögensverwaltungs-Tools, die Kunden heute selber bedienen können oder mit einem «Robo-Advisor» kommunizieren lassen.

4. Vergleichswirtschaft

Die Banken sind einem enormen Preisdruck ausgesetzt, da es heute praktisch für jede Dienstleistung eine Vergleichsplattform gibt. Diese zeigen dem Kunden auf einfach Weise, wo er am günstigsten fährt. Diese neue Transparenz ist gut für die Klientel, aber eine grosse Herausforderung für die Finanzbranche.

5. Produkte

Im anhaltenden Tiefzinsumfeld und wegen des wachsenden Staatseinflusses auf die Finanzmärkte wird es für die Anleger immer schwieriger, mit klassischen Anlageprodukten Geld zu verdienen. Der Vertrieb solcher Finanzprodukte – in der Vergangenheit so etwas wie ein Selbstläufer – wird schwieriger. Dadurch schmelzen auch die zuvor leicht verdienten Erträge.

6. Komplexität

Auf Grund von Punkt 5 sind die Banken mehr denn je gefordert. Erwartet werden nun komplexe Finanzkonstrukte, die zwar ihren Preis haben, aber «allwettertauglich» und den Unwägbarkeiten an den Finanzmärkten gewachsen sind. Das verlangt in den Bankhäusern nach mehr Kompetenz, was wiederum nur rentierende Institute auf die Dauer anbieten können.

7. Bewertungen

Die Börsenhausse, die relativ rasch nach die Finanzkrise folgte, trieb die Bewertungen vieler Titel in die Höhe. Mit anderen Worten: Heute ist es bereits heikel, Aktien per se den Kunden anzubieten; aber auch viele Banken-Titel selber sind heute wenn nicht hoch, so doch zumindest «fair» bewertet. Ein Rückschlag in den nächsten 18 Monaten ist daher nicht ausgeschlossen – ausser in Europa, wo die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrem Anleihekauf-Programm die Börse den freien Kräften des Marktes regelrecht entzogen hat.

8. Alternativen

Wie in Punkt 1 bereits angedeutet, könnte schon bald die Stunde der Private-Equity-Firmen und Private-Market-Transaktionen schlagen. Denn immer mehr Bankgeschäfte sind für die klassischen Finanzhäuser finanziell gar nicht mehr attraktiv. Also verlagern sich diese Transaktionen in einen anderen Sektor – bisweilen spricht man hier auch von einem Schattenbanken-System.

9. Finanzierung

Die Kapitalflüsse erfahren grosse Veränderungen. Denn viel Geld wird heute nicht mehr im klassischen Sinne bei einer Geschäftsbank aufgenommen, sondern über Online-Plattformen, wie es sie vor allem in der angelsächsischen Welt bereits gibt – ein Trend, der sich noch weiter verstetigen und auch in Kontinental Europa Überhand nehmen wird.

10. Regulation

Selbst wenn die Regulation in manchen Augen längst einen Overkill darstellt, wird sich die Regulierungsdichte trotz dem Wehklagen aus der Finanzbranche nicht so schnell wieder verflüchtigen. Im Gegenteil: Der Zyklus, der mit dem Ausbruch der Finanzkrise einsetzte, wird sich bis zum nächsten grossen Crash fortsetzen. Erst dann wird die Allgemeinheit zur Einsicht gelangen, dass selbst scharfe Bestimmungen und Regelwerke nicht vor Krisen schützen und dass möglicherweise weniger Regulierung und mehr Selbstverantwortung besser sind.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.74%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.14%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.75%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.21%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.16%
pixel