Es gebe viele Staaten, die regelrecht nach Wachstum lechzen würden. Die Schweiz gehöre definitiv nicht dazu, und das habe Folgen für den Finanzplatz, sagt Raoul Würgler vom Verband der Auslandsbanken in der Schweiz im Interview mit finews.ch.


Herr Würgler, bald lässt sich eine chinesische Bank in der Schweiz nieder. Das muss Sie zweifelsohne freuen, angesichts der schrumpfenden Zahl an Auslandsbanken.

Dem ist so. Um die Jahrtausendwende kamen Banken in die Schweiz, um Vermögensverwaltung zu betreiben. Auf Grund verschiedener neuer Vorgaben wird dieses Geschäft aber zunehmend teuer. Hier ist die Konsolidierung in vollem Gang. Doch für Auslandsbanken bleibt die Schweiz ein attraktiver Ort.

Wirklich?

Zumindest für Finanzinstitute, die neue Geschäfte anbieten. Es gibt Auslandsbanken, die mittlerweile eine starke Position im Forex- und Derivate-Handel errungen haben. Auch das Kommerzgeschäft ist ein interessanter Wachstumsmarkt. Dank ihrer lokalen Vernetzung in unterschiedlichen Weltmärkten können Auslandsbanken die Schweizer Unternehmer auf ihrer internationalen Expansion oft viel besser begleiten als Schweizer Häuser.

Können Sie das mit einem Beispiel veranschaulichen?

Für den Finanzchef eines Schweizer KMU mit Präsenz im chinesischen Markt ist es einfacher, hierzulande mit einer globalen Bank die Finanzierung zu koordinieren, als dies mit einer lokalen chinesischen Bank zu tun. Auslandsbanken verfügen über die notwendigen Kontakte und das Wissen, Geschäfte effizient durchzuführen.


«Die Schweizer sind sehr selbstzufrieden»


Gibt es Hinweise, dass Auslandsbanken in absehbarer Zeit eine Niederlassung in der Schweiz eröffnen werden?

Nein, im Moment sind mir keine solchen Pläne bekannt.

Was müsste geschehen, um mehr Auslandsbanken in die Schweiz zu locken?

Ein koordiniertes Statement von Politik, Wirtschaft und Aufsichtsbehörden, im Sinne von: Wir sind interessiert an einem starken Finanzplatz und wollen ihn in diese oder jene Richtung entwickeln.

Das klingt, als ob die Schweiz ins zweite Glied zurückfallen würde.

Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, aber wir müssen aufpassen. Ich habe den Eindruck, dass sich die Schweizer Bevölkerung sehr selbstzufrieden gibt. Das zeigt sich auch in der Wachstumsdiskussion. Es gibt zahlreiche Staaten, die lechzen nach Wachstum. Wenn wir kein Wachstum generieren, geht's abwärts. Das macht mir Sorgen. Die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative oder Diskussionen über die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer helfen dabei sicherlich nicht.


 «Die Banken erhalten Konkurrenz»


 Auch beim geplanten Finanzmarktdienstleistungsgesetz – kurz Fidleg – rümpfen die Banken die Nase.

Die Auslandsbanken rümpfen die Nase nicht. Wir finden, es kommt auf die Ausgestaltung dieses Gesetzes an. Der Verzicht auf Beweislastumkehr und Prozesskostenfonds geht in die richtige Richtung. Zu hoffen bleibt, dass zur Aufsicht der Vermögensverwalter sowie der Aus- und Weiterbildung der Kundenberater pragmatische und international wettbewerbsfähige Lösungen gefunden werden.

Im vergangenen Sommer haben Sie bereits eine Ausbildungsoffensive für Kundenberater lanciert. Ihr Fazit bis jetzt?

Das Programm soll die Kundenberater auf die Bedürfnisse der neuen Generation an vermögenden Privatkunden sensibilisieren. Es bereitet sie auf die Situation in einem steuerlich transparenten Umfeld vor. In einem solchen Umfeld stehen die Schweizer Banken in direkter Konkurrenz zu den Finanzinstituten im Domizilland des Kunden. Da ist eine neue Ausgangslage. 

Wie viel Kundenberater haben bislang an dem Kurs teilgenommen?

Knapp 100 mit sehr positivem Echo.

Wie sieht der Kundenberater der Zukunft aus?

Er nimmt vielmehr die Rolle eines «trusted partner» ein, der seine Kunden begleitet und ihnen Zugang zu den «Best-in-Class»-Dienstleistungen und Produkten gewährt. Er nimmt sozusagen eine Netzwerkfunktion ein.


 «Die Schweiz kennt keine offizielle Zertifizierung»


Ihr Ausbildungsprogramm mag fortschrittlich sein. Doch es steht nur den Beratern der Auslandsbanken offen.

Wir prüfen derzeit die Möglichkeit, das Programm losgelöst von unserem Verband dem gesamten Finanzplatz zu öffnen. Im Gegensatz zu anderen Finanzzentren wie New York, Frankfurt oder London kennt die Schweiz keine offizielle Zertifizierung ihrer Kundenberater. Das Fidleg könnte womöglich den Rahmen für ein solches Gütesiegel liefern. Das CFA-Programm, bei dem Ausbildung und Prüfung unabhängig voneinander laufen, könnte dabei als Modell dienen.


Raoul Würgler ist seit 2001 stellvertretender Geschäftsführer beim Verband der Auslandsbanken in der Schweiz. Zuvor arvbeitete er in der Firmenkundenberatung bei einer Schweizer Grossbank. Er studierte Politikwissenschaften in Lausanne. Insgesamt beschäftigen die 121 Auslandsbanken in der Schweiz rund 17'000 Personen und verwalten 960 Milliarden Franken. 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.27%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.7%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.96%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.32%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.76%
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