Der freie Marktzugang nach Deutschland war jahrelang eine zentrale Forderung der Schweizer Banken. Nach zähen Verhandlungen hat Deutschland nun seine Grenzen geöffnet. Doch bislang hat kein einziges Institut von dieser Öffnung Gebrauch gemacht. Was ist geschehen?

Ein Jubelschrei hätte am vergangenen 16. Juli durch die Schweizer Finanzinstitute hallen müssen. Denn an diesem Tag klärten die Schweiz und Deutschland die Bestimmungen für den Marktzugang. Konkret: Schweizer Banken, die grenzüberschreitend in Deutschland ihre Finanzdienstleistungen anbieten wollten, konnten dies ab sofort bei der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) anmelden.

Seither ist mehr als ein Monat vergangen – und es hat sich nichts getan. Gegenüber finews.ch erklärte ein Sprecher der BaFin: «Bislang ist noch kein einziges Schweizer Institut nach der neuen Vereinbarung freigestellt worden.»

Auf der politischen Agenda ganz oben

Das verwundert. Nachdem die Banken und die Schweizerische Bankiervereinigung das Thema «freier Marktzugang» über Jahre hinweg auf der politischen Agenda ganz oben platziert hatten, eilt es nun offenbar doch nicht so sehr.

Dabei ist Deutschland der wichtigste europäische Offshore-Markt der Schweizer Privatbanken. Es ist sozusagen der zweite Heimmarkt.

Eine ganze Reihe von Schweizer Instituten ist gegründet worden, nur um die deutsche Klientel zu bedienen, die in der Vergangenheit ihre unversteuerten Vermögen in die Schweiz brachte. Hunderte Milliarden deutscher Vermögen wurden so von Schweizer Banken verwaltet.

Gemächliche Gangart der Schweizer

In den vergangenen Jahren sind diese Depots allerdings rasant geschmolzen. Denn das einst äusserst lukrative Geschäftsmodell mit deutschem – auch mit anderem – Schwarzgeld ist tot.

Und bis diesen Sommer durften Schweizer Finanzinstitute das grenzüberschreitende Bankgeschäft in Deutschland nicht aktiv betreiben, sofern sie nicht am Ort eine zugelssene Niederlassung hatten. Sprich: Für viele Schweizer Banken – ohne Adresse in Deutschland – war die Akquisition neuer Kunden zur Kompensierung der abgewanderten unmöglich.

Mit der Freistellung durch das BaFin wäre dies nun möglich. Aber offensichtlich ist die Gangart in der Branche weit gemächlicher als es die ständigen Forderungen nach der Marktöffnung bisher erscheinen liessen.

Kunden wollen offshore bleiben

Beim Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) ist man erstaunt. Der vereinfachte Zugang in den deutschen Markt sei ein zentrales Interesse zahlreicher Banken – auch jener Institute, welche in Deutschland Filialen betrieben heisst es dort.

Und tatsächlich möchten viele deutsche Kunden ihre Vermögen nach wie vor offshore anlegen, also nicht in der Heimat und nicht in Euro.

Dasselbe gilt für französische oder italienische Kunden. Doch die bilateralen Verhandlungen mit diesen Ländern um einen Marktzugang stecken fest.

Verhandlungen auf Eis

Last but not least gilt das auch für die Verhandlungen mit der EU für einen freien Finanzdienstleistungsverkehr. Seit die Schweiz mit der Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU faktisch gekündigt hat, liegen die Verhandlungen um einen EU-Pass und den generellen Marktzugang für Schweizer Banken auf Eis.

Umso mehr erstaunt es, dass die hiesigen Privatbanken ihre neue Chance in Deutschland noch nicht gepackt haben.

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