Thomas Heller, Investmentchef der Schwyzer Kantonalbank (SZKB), erklärt im Interview mit finews.ch, warum beim bevorstehenden Zinsentscheid der US-Notenbank alles anders ist. Und was das am Ende für die Schweizer Banken bedeutet.

Herr Heller, morgen Mittwoch steht das Ereignis bevor, dem die Investoren weltweit seit Monaten entgegenfiebern: Die amerikanische Notenbank Fed könnte erstmals seit Ausbruch der Finanzkrise den Leitzins anheben. Kommt es nun wirklich dazu?

Ja. Und es muss schon fast definitiv etwas geschehen. Die Fed hat lange clever agiert und eine Leitzinserhöhung von den Konjunkturzahlen abhängig gemacht. Letzten Juli änderte sie den Ton – und hatte höhere Zinsen plötzlich relativ deutlich angekündigt. Als die Zinserhöhung letzten September dann nicht kam, reagierten die Märkte negativ. Seither hat die Fed sich erneut mit entsprechenden Statements praktisch unter Zugzwang gesetzt.

Eine weitere Pause würde erst recht nicht goutiert?

Die Investoren würden sich sofort fragen: Was weiss die Fed, was wir nicht wissen? Meiner Meinung nach würden die Märkte eine weitere Verschiebung schlecht aufnehmen.

Eine verkehrte Welt eigentlich: Bislang fürchteten die Investoren nichts mehr als eine Zinserhöhung in den USA.

Absolut. Deshalb ist eine Erhöhung um 25 Basispunkte praktisch gesetzt. Wichtig ist dabei die Tonalität des Entscheids – was er für die weitere Geldpolitik bedeutet. Wir rechnen 2016 mit maximal zwei Zinsschritten seitens der Fed.

Damit wäre das Signal für eine weltweite Zinswende gegeben. Gerät in der Schweiz die SNB ebenfalls unter Zugzwang?

Der Zinsschritt in den USA hat für die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank SNB keine unmittelbaren Folgen. Für den Frankenraum sind die Entwicklungen in der Eurozone bedeutsamer. Vor zwei Wochen hatte die SNB etwa das Glück, dass die Lockerungen der Europäischen Zentralbank EZB weniger stark ausgefallen sind als erwartet.

«Die Schweiz hat an Attraktivität eingebüsst»

Was heisst das für den Frankenkurs?

Der Franken ist in den letzten Monaten erstaunlich stabil zum Eurokurs geblieben. 2016 könnte er sich gar noch etwas abschwächen – gegenüber dem Euro wie dem Dollar.

Wieso?

Die Investoren werden merken, dass die Schweiz an Attraktivität eingebüsst hat. Die Konjunktur stagniert, die Arbeitslosigkeit steigt leicht an, und der Franken hat als Anlage wegen der Negativzinsen stark an Anziehungskraft verloren.

Die Negativzinsen wirken also. Doch droht nicht die Gefahr, dass die Wirtschaft zu sehr leidet? Bei den Banken etwa ist es wegen des Frankenschocks teils schon zu Entlassungen gekommen.

Generell haben der Arbeitsmarkt, Auftragseingang sowie die Margen von Schweizer Firmen den Effekt gespürt. Aber nicht in dem Ausmass, wie es anfänglich befürchtet wurde. Allerdings ist die Situation für einzelne Unternehmen heftig, das steht ausser Frage.

«Ökonomisch ist der Schritt der Alternativen Bank nachvollziehbar»

Gehören dazu auch Banken – vor allem, wenn die Negativzinsen weiter anhalten?

Die Banken werden die Situation auch im 2016 bestimmt noch fühlen. Generell lässt sich sagen, dass es der Schweizer Volkswirtschaft leichter fiele, in einem normalen Zinsgefüge zu operieren.

Als erstes Geldinstitut hat die Alternative Bank Schweiz die Negativzinsen auf die Sparguthaben überwälzt. Macht das Beispiel im Swiss Banking Schule, wenn der Druck anhält?

Rein ökonomisch ist der Schritt der Alternativen Bank völlig nachvollziehbar. Es wird aber von der Geschäftspolitik jedes einzelnen Instituts abhängen, ob auch Sparguthaben belastet werden. Solange wir auf dem jetzigen Negativzins-Niveau bleiben, dürften sich die meisten Institute hüten, etwas in die Richtung zu unternehmen.


Thomas Heller ist Leiter Research und Investmentchef bei der Schwyzer Kantonalbank (SZKB). Die Position hat er seit März 2014 inne. Karriere machte der ausgebildete Ökonom und eidgenössisch diplomierte Finanzanalytiker bei der Grossbank Credit Suisse, im Asset Management der Bank Julius Bär und von 2005 bis 2013 bei der Liechtensteiner Fürstenbank LGT in Pfäffikon SZ. Dort verantwortete er zuletzt den Bereich Product Services & Communication.

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