Die Saxo Bank Schweiz hat turbulente Zeiten hinter sich. Nun soll die Trading-Plattform von ihrem Image als günstige Trading-Plattform wegkommen. Wie, das erklärt CEO Patrick Hunger im Interview mit finews.ch.


Herr Hunger, Sie haben eine steile Karriere bei der Saxo Bank Schweiz hingelegt. In zehn Monaten vom Chefjuristen zum CEO.

Das hab ich so nicht geplant. Die neue Rolle wurde mir zunächst interimistisch angeboten, aufgrund meiner Vertrauensposition als Chefjurist und meiner Erfahrung. Der Hauptsitz in Kopenhagen suchte dann jemanden mit einem guten Führungsverständnis sowie den Fähigkeiten, die Organisation weiterzuentwickeln, eine Strategie umzusetzen und diese nach aussen zu transportieren.

Ein Chefjurist ist heute ganz anders in eine Organisation eingebunden als früher. Er bringt sehr viel mit, von dem, was ein CEO tun muss.

Die Saxo Bank wird primär als preiswerte Trading-Adresse wahrgenommen. Stört Sie das?

Sie haben recht. Wir gelten vor allem als günstiger Online-Broker. Aber Saxo ist viel mehr als das. Saxo ist ein «Facilitator». An unsere Plattform können Finanzintermediäre und Fintech-Firmen andocken und erhalten so einen Zugang zu den globalen Finanzmärkten. Diese Wahrnehmung fehlt teilweise im Markt.

«Wir sind bereit für den Wettbewerb, aber auf eine verantwortungsvolle Art und Weise»

Es ist nun meine Aufgabe als CEO, die Wahrnehmung der Saxo Bank Schweiz zu stärken und mehr Vertrauen bei Kunden zu schaffen. Um die Visibilität zu erhöhen, planen wir Events mit unserem Kooperationspartner Blackrock, und im kommenden Jahr ziehen wir auch in die Zürcher Innenstadt – an die Beethovenstrasse.

Seit kurzem operiert auch der holländische Online-Broker Degiro in der Schweiz und zwar mit Preisen, die jene von Saxo teilweise deutlich unterbieten. Ist das ein Anlass zur Sorge?

Nein. Würden wir Saxo explizit als Billigst-Anbieter positionieren, dann vielleicht schon. Aber wir sind wie erwähnt als Anbieter eines Multi-Asset-Angebots für aktive Trader, Investoren und Finanzintermediäre tätig.

Aber der Wertschriften-Handel ist nach wie vor Ihr Hauptgeschäft. 

Ja, aber der Preis ist ein Faktor unter vielen. Unsere Positionierung im Markt ist eine andere: Wir sind eine sehr gut kapitalisierte und von der Finmal regulierte Schweizer Bank.

...Hand aufs Herz, es wird zu Preissenkungen kommen.

Das werden wir sehen. Ich kann das nicht ausschliessen. Aber bedenken Sie auch: Wenn für einen in der Schweiz domizilierten Kunden nur der Preis zählt, dann hätte er längst zu einem deutschen Discount-Broker gewechselt. Wir sind bereit für den Wettbewerb, aber auf eine verantwortungsvolle Art und Weise.

«Die Kunden kommen so zu einer Dienstleistung, die bislang nur institutionellen Investoren zugänglich war»

Neben klassischen Handelskunden haben Sie nun auch die weniger trading-affine Klientel auf dem Radar. Warum?

Wir wollen unser Angebot für Investoren, die selbst handeln oder dies delegieren, erweitern. Zu diesem Zweck haben wir vor wenigen Wochen Saxo Select lanciert. Damit können Kunden Strategien von anderen Anbietern folgen. Vorderhand besteht eine Zusammenarbeit mit der Firma Blackrock, die uns Research und Daten zur Verfügung stellt, auf deren Basis wir ETF-Strategien umsetzen können. Anlegern bereits ab 20'000 Franken so investieren. 

Saxo Select beruht auf einer offenen Architektur, und wir haben die Absicht, das Angebot fortlaufend erweitern, unter anderem auch mit dem Finanzdaten- und Analyseunternehmen Morningstar.

Unlängst haben Sie den Handel mit Anleihen eingeführt. Wie kommt dies bei den Kunden an?

Es ist noch zu früh, ein Urteil abzugeben. Aber die Kunden kommen so zu einer Dienstleistung, die bislang nur grossen institutionellen Investoren zugänglich war. Die meisten Transaktionen gehen innert Sekunden über die Bühne, verbunden mit einem besseren Preis. Das ist ein riesiger Unterschied im Vergleich zum Handel per Telefon, wie er heute noch üblich ist. Dabei konkurrieren 40 der grössten Anleihen-Anbieter um einen Auftrag. Die Saxo Bank schliesst diese Händlerauktion zu Gunsten unserer Kunden ab.

«Wir haben die Margen für gewisse Produkte erhöht»

Der 15. Januar 2015, als die Schweizerische Nationalbank Knall auf Fall die Kursuntergrenze zum Euro aufhob, war für einige Saxo-Kunden ein Desaster und kam auch der Saxo Bank teuer zu stehen. Wie laufen die «Aufräumarbeiten»?

Wir haben Ende letzten Jahres die Wertberichtigungen auf den Kundenausständen vorgenommen und arbeiten nun noch jene Fälle ab, bei denen es unterschiedliche Meinungen gibt. Da müssen wir noch Lösungen finden.

Haben Sie seither Mechanismen installiert, die Kunden und die Saxo Bank bei künftigen Marktverwerfungen besser schützen?

Wir haben im Vorfeld des Brexit-Entscheids, der US-Wahlen und dem italienischen Referendum den Kontakt mit unseren Kunde gesucht und Informationen zu den Ereignissen auf unserer Plattform tradingfloor.com publiziert. Darüber hinaus haben wir die Margen für gewisse Produkte erhöht. Das führte schliesslich dazu, dass die Kunden erfolgreich durch diese Ereignisse kamen.

«Die Schweiz ist für den Konzern ein strategischer Markt»

Diese Praxis werden wir zusätzlich zu unserem Risiko-Management aufrecht erhalten. Über die Saxo Academy bieten wir zudem Ausbildungskurse und -inhalte an.

Welche Bedeutung hat Saxo Schweiz innerhalb der Gruppe?

Saxo Schweiz gehört zu den vier Zentren der Gruppe – Kopenhagen, London, Singapur und Zollikon (Zürich). Die Schweiz ist für den Konzern ein strategischer Markt. Deshalb sind auch die Ressourcen vorhanden, für den Umzug in die Stadt Zürich und um Investitionen in Produkte und Services zu tätigen.

«Ich bin kein sehr aktiver Trader»

Wir wollen wachsen und zwar signifikant. Das müssen wir auch, da unser Geschäftsmodell letztlich ein Massengeschäft ist. Mit unseren Plattformen Saxo Trader und Saxo Trader Go sowie unseren Open-Bank-Lösungen sind wir dafür sehr gut positioniert.

Handelt der CEO einer Trading-Bank auch privat?

Ja, aber ich bin kein sehr aktiver Trader. Dafür fehlt mir als CEO schlicht die Zeit.

Was war ihr bester Trade?

UBS.

Und ihr schlechtester?

Ich habe vor vielen Jahren mal Credit-Suisse-Aktien bei einem Kurs von 80 Franken gekauft.


Patrick Hunger stiess Anfang 2016 als Chefjurist zur Saxo Bank Schweiz. Im Juli wurde er interimistisch zum CEO ernannt, nachdem sein Vorgänger Antonio Ferrante sein Amt überraschend abgab. Im September wurde der 46-jährige passionierte Radrennfahrer und Ruderer von der Konzernleitung in Kopenhagen als Schweiz-Chef bestätigt. Zuvor war Hunger viele Jahre für die Credit Suisse Trust tätig gewesen, zuletzt als General Counsel und Mitglied der Geschäftsleitung.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.68%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.43%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    15.57%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    45.67%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
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